Mann hält sich sein Knie© dragana991 / iStock / Getty Images Plus
Millionen Menschen leiden unter der degenerativen Gelenkerkrankung Arthrose. Bei dieser Erkrankung wird der Knorpel fortschreitend geschädigt und abgebaut. Dadurch entstehen starke Schmerzen.

Gelenkersatz

KÖNNEN NASENKNORPEL ARTHROSE-KNIE HEILEN?

Wenn es sich bewahrheitet, könnte das die Therapiemöglichkeiten gegen Arthrose revolutionieren: Forscher der Universität Basel haben erstmals erfolgreich menschlichen Nasenknorpel in geschädigte Gelenke eingesetzt. 

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Arthrose ist eine Art Volkskrankheit; Millionen Menschen leiden unter dieser degenerativen Gelenkerkrankung, bei der der Knorpel fortschreitend geschädigt und abgebaut wird. Und das tut weh.

Bislang kann man nur die Symptome behandeln (Entzündung und Schmerzen), aber weder den Krankheitsverlauf aufhalten noch den verlorenen Knorpel regenerieren. Auch eine Prothese ist eine Lösung – doch da hier die Haltbarkeit begrenzt ist, ist das für jüngere Menschen ungünstig.
 

Gute Erfahrungen mit Nasenknorpelzellen

Seit vielen Jahren widmet sich das Team um Lina Acevedo Rua vom Universitätsklinikum Basel der Frage, wie Nasenknorpelzellen dazu beitragen können, Knorpelschäden an anderen Stellen im Körper zu reparieren. „Anders als Knorpel aus Gelenken können Knorpelzellen aus der Nasenscheidewand sehr einfach entnommen werden und lassen sich überdies besser vermehren“, schreiben die Forscher. „Außerdem ist der Nasenknorpel auch bei Arthrosepatienten gesund.“

Bei Sportverletzungen hatte man schon gute Erfahrungen gemacht: Da half der Ersatz aus der Nase gut. Doch bei Arthrose ist die Gewebeumgebung beispielsweise im Knie von Entzündungsreaktionen umzingelt: „Wir mussten zuerst testen, ob der Knorpelersatz durch die Entzündungsfaktoren angegriffen und degeneriert wird“, erklärt Ruas Kollege Ivan Martin.

Erfolgreiche Tests im Labor

Dazu setzte man die Nasenknorpelzellen im Labor künstlich Entzündungsfaktoren aus und implantierte die menschlichen Knorpelzellen auch gleich noch in arthrosegeplagte Mäuse und Schafe. So konnte man testen, ob der Knorpel entzündlichen und mechanischen Belastungen überhaupt standhielt. Und der Versuch gelang: Wie erhofft, konnte der Nasenknorpel Entzündungen trotzen und im Gelenk eine stabile Knorpelmatrix ausbilden. Zusätzlich zeigte sich, dass er sogar einen wichtigen Entzündungssignalweg in den betroffenen Zellen herunterreguliert und die ganze Entzündung somit lindert. 

Denn zu den besonderen Eigenschaften des Nasenknorpels gehört, dass er anders als derGelenkknorpel aus dem Neuroektoderm abstammt. Das sind Vorläuferzellen eines spezialisierten Embryonalgewebes,  das sich durch eine hohe Regenerations- und Anpassungsfähigkeit auszeichnet. Eine Art Knorpel-Stammzelle also.
 

Implantation am menschlichen Knie

Im nächsten Schritt kamen Menschen an die Reihe: Es wurden zwei 30-jährige Patienten behandelt, die aufgrund einer Fehlstellung der Beinknochen an schwerer Arthrose litten. Ohne diesen Versuch hätten beide eine Kniegelenksprothese gebraucht. Die Forscher entnahmen den Probanden Knorpelzellen aus der Nase, züchteten diese im Labor hoch zu stabilem Knorpelgewebe und implantierten dieses dann in die geschädigten Kniegelenke. 

Weniger Schmerzen, mehr Lebensqualität, so lautete das Fazit der beiden. Der Erfolg wurde zusätzlich durch MRT-Scans dokumentiert: „Die Aufnahmen zeigten, dass sich ein homogenes Reparaturgewebe gebildet hat, das den Defekt bis zum Niveau des umgebenden Knorpels auffüllte“, berichteten die Forscher. Bei dem Patienten, der nach 14 Monaten gescannt wurde, stellte man außerdem fest, dass die Knochen wieder einen größeren Abstand voneinander aufwiesen.

Man ist nun, wie der Wissenschaftler zu sagen pflegt, „vorsichtig optimistisch“. Die biologische Basis für eine Therapie sei gelegt – nun solle sie in klinischen Studien mit mehr Patienten getestet werden.

Quelle: www.wissenschaft.de
 

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