© Moussa81 / iStock / Getty Images

Gelenkerkrankungen

GELENKNAHRUNG – GIBT ES DAS?

Es beginnt zum Beispiel mit einem leichten Anlaufschmerz im Knie, später schmerzt das Gelenk auch nach längerer Belastung. Dies sind die typischen Symptome einer Arthrose. Was vermögen Knorpelschutzstoffe zu leisten?

Seite 1/1 5 Minuten

Seite 1/1 5 Minuten

Prinzipiell können alle Gelenke betroffen sein, meist sind es aber Knie- oder Hüftgelenk, die kleinen Finger- oder Fußgelenke, die Schultergelenke oder die Wirbelsäule. Eben all jene Gelenke, die einer starken oder häufigen Belastung ausgesetzt sind. Ist das Kniegelenk betroffen, spricht man von Gonarthrose, ist es die Hüfte, so nennt man dies Coxarthrose. Mit dem Begriff Spondylarthrose wird eine Arthrose im Bereich der Wirbelsäule bezeichnet. Die Arthrose ist weltweit die häufigste degenerative Gelenkerkrankung. Das Risiko eine Arthrose zu bekommen, steigt mit dem Lebensalter. Während nur 4 Prozent der 20-Jährigen daran leiden, sind es bei den über 70-Jährigen etwa 70 Prozent. Da Arthrose die Lebensqualität stark einschränkt und in fortgeschrittenem Stadium ein selbstständiges Leben unmöglich machen kann, bedarf sie einer Therapie.

Eine Heilung der Erkrankung ist bis heute nicht möglich. Die Behandlung zielt auf eine Linderung der Beschwerden und ein langsameres Voranschreiten. Die Basistherapie umfasst neben einer Gewichtsreduktion, um die Gelenke zu entlasten, Physio- und Ergotherapie sowie moderates körperliches Training. Auch die Gabe nicht-​steroidaler Antirheumatika (NSAR) und/oder Steroide zur Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. Führt dies nicht zu einem ausreichenden Erfolg, werden invasive Verfahren, wie die Arthroskopie oder Knorpelersatzverfahren eingesetzt. Letzte Option ist der Austausch des erkrankten gegen ein künstliches Gelenk. Knorpelschutzstoffe oder Chondroprotektiva können dazu beitragen, Schmerzmittel einzusparen und möglicherweise sogar das Krankheitsgeschehen günstig beeinflussen.

Was geschieht im Gelenk? Bei der Arthrose wird der Gelenkknorpel nach und nach zerstört. Man kennt noch nicht alle Faktoren dieses Prozesses, aber man weiß heute, dass es verschiedene Ursachen für den Knorpelabbau gibt. Dies können angeborene Knorpeldefekte, Über- oder Fehlbelastungen einzelner Gelenke oder Traumen im Bereich eines Gelenks sein, also Verletzungen, aber auch Operationen. In jedem Fall liegt ein Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit des Gelenks vor. Das Knorpelgewebe wird dadurch langsam abgerieben. Es verliert dabei zunächst an Dicke und Elastizität und büßt seine stoßdämpfende Wirkung ein.

Der Druck wird nun auf den angrenzenden Knochen übertragen. Dieser schützt sich, indem er am Rand knöcherne Ausläufer, sogenannte Osteophyten, bildet. Sie wachsen um das Gelenk herum, wodurch es zu Gelenkdeformationen und knotigen Verdickungen kommt. Dies schränkt die Beweglichkeit des Gelenkes immer mehr ein. Die typischen Schmerzen werden hauptsächlich durch das Reiben der freiliegenden Knochenhaut verursacht. Der Knorpel selbst besitzt keine Nerven. Aber auch die Dehnung der Gelenkkapsel durch eine gestörte Mechanik und Flüssigkeit im Gelenk (Gelenkerguss) bereitet Schmerzen. Im Laufe der Erkrankung wird das Gelenk immer mehr deformiert und kann ganz schließlich verknöchern. Eigentlich ist die Arthrose keine entzündliche, sondern eine degenerative Erkrankung.

Allerdings können die Schäden, die durch abgeriebenes Knorpelmaterial im Gelenk entstehen, eine Entzündungsreaktion auslösen. Man spricht dann von einer aktivierten Arthrose. Erkennbar ist dies an der Überwärmung und Rötung des Gelenks. Meist ist das Gelenk auch geschwollen, es schmerzt und die Bewegung ist eingeschränkt. Die Entzündung führt zu erhöhtem oxidativen Stress, der das Voranschreiten der Erkrankung fördert. An der Arthrose sind aber nicht nur der Knorpel und der Knochen, sondern alle das Gelenk umgebende Gewebe und Strukturen beteiligt. Deswegen kann der Schmerz auch ausstrahlen oder bei einem guten Trainingszustand der umgebenden Muskulatur lange Zeit ausbleiben.

Wie ist der Knorpel aufgebaut? Ein gesunder Knorpel bildet im jungen Erwachsenenalter einen glatten, mehrere Millimeter dicken, druckelastischen Überzug über die Knochenenden im Bereich der Gelenke. In die Grundsubstanz sind Kollagenfasern und Knorpelzellen, die sogenannten Chondrozyten, eingebettet. Sie produzieren die Bestandteile der Knorpelgrundsubstanz. Diese besteht zu 70 bis 80 Prozent aus Wasser und zu 20 bis 30 Prozent aus Kollagen und den Proteogykanen Chondroitin und Glucosamin, die als Sulfate vorliegen, sowie Hyaluronsäure. Es sind hochpolymere Verbindungen aus Mucopolysacchariden, die rasch abgebaut werden und ständig von den Chondrozyten, aber auch den Synoviozyten, den Zellen der Gelenkinnenhaut, nachgebildet werden müssen.

Da der Gelenkknorpel keine Blutgefäße besitzt, kann er auch nicht über sie ernährt werden. Seine einzige Nährstoffquelle ist die Gelenk- oder Synovialflüssigkeit. Sie besteht zur Hälfte aus Hyaluronsäure und enthält darüber hinaus Vitamine, Mineralstoffe, Zucker und Eiweiße. Durch die Druckerhöhung bei der Bewegung des Gelenks gelangen die Nährstoffe durch Diffusion ins Knorpelgewebe. Eine leichte Belastung der betroffenen Gelenke dient also nicht nur dem Erhalt der Beweglichkeit und dem Training der umliegenden Muskulatur, sondern auch der Ernährung des Knorpels.

Was sind biologische Knorpelschutzstoffe? Ein möglicher Therapieansatz ist die Unterstützung des Knorpels durch die Zufuhr von Gelenknährstoffen, wie Glucosamin, Chondroitin, Kollagen und Hyalurosäure. Aber auch Schwefel und bestimmte Vitamine und Spurenelemente fördern die Gelenkgesundheit. Während Analgetika rasch den Schmerz lindern, benötigen diese Substanzen mindestens sechs bis acht Wochen regelmäßige Einnahme, bis sie optimal wirken können. Dafür haben sie das Potenzial den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen, was durch Studien belegt ist. So kann Chondroitinsulfat den Gelenkschmerz verringern und den Knorpelverlust im Gelenk reduzieren. Für Glucosamin ist ebenfalls eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik nachgewiesen. Es scheint darüber hinaus den Knochenmetabolismus bei Arthrose positiv zu beeinflussen. Der Einsatz beider Substanzen zeigt einen synergistischen Effekt auf die körpereigene Proteoglykansynthese.

Hyaluronsäure muss nicht unbedingt ins Gelenk injiziert werden, um eine Wirkung zu zeigen. Sie kann auch oral aufgenommen werden. Enterobakterien spalten sie in kurzkettige Oligosaccharide, die im Dünndarm resorbiert werden. Sie sammeln sich unter anderem in den Gelenken und übernehmen dort die gleichen Aufgaben wie die körpereigene Hyaluronsäure. Auch oral aufgenommenes Kollagenhydrolysat wird im Dünndarm resorbiert und reichert sich im Gelenk an. In einer Metaanalyse wurde gezeigt, dass Kollagenhydrolysat die Syntheseleistung der Chondrozyten verbessert und dadurch dazu beiträgt, den Arthroseschmerz zu verringern und die Gelenkfunktion zu verbessern. Die Gelenke sind auf die Versorgung mit Schwefel für die Kollagensynthese und damit für die Festigkeit des Knorpels angewiesen.

MSM (Methylsulfonylmethan) ist ein natürlich vorkommender Lieferant von biologisch aktivem Schwefel. Schon als Monotherapie konnte eine analgetische Wirkung auf den Arthroseschmerz nachgewiesen werden, die Kombination mit Glucosamin erwies sich als noch wirksamer. Auch N-Acetylcystein wird als Schwefellieferant eingesetzt. Sinnvoll ist auch die Gabe von Selen, Mangan und den Vitaminen C, E und D sowie weiteren Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Sie schützen vor freien Radikalen und mindern damit den oxidativen Stress, der bei Arthrose, insbesondere im entzündlichen Schub, entsteht. Heilen lässt sich Arthrose, wie gesagt, nicht. Aber mit Bewegung, gegebenenfalls Gewichtsreduktion und sinnvoll zusammengesetzten Knorpelschutzstoffen lassen sich Abbauprozesse verlangsamen und Schmerzen lindern.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 36.

Sabine Breuer, Apothekerin/Chefredaktion

×