Hexenschuss, Ischias & Co.
RÜCKENSCHMERZEN: ARTEN, URSACHEN UND BEHANDLUNG
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Als der Homo sapiens seine ersten Schritte machte, ging er dabei aufrecht – anders als seine Vorfahren. Dass seine Wirbelsäule mitsamt den Muskeln, Sehnen und Bändern dabei Höchstleistungen vollbringen muss, spürt er bis heute – auch in Form von Rückenschmerzen. Wirbelsäule und Rückenmuskeln tragen gemeinsam unser Körpergewicht und erlauben eine aufrechte Haltung. Dafür muss unser Rücken das Kunststück vollbringen, gleichzeitig beweglich und besonders stabil zu sein.
Doch was meinen die Menschen, wenn sie sagen: „Ich hab’s am Rücken“? PTA erleben das mehrfach täglich in der Apotheke. Das Problem: Jede*r meint damit etwas anderes. Manche Kund*innen sprechen von Rückenschmerzen, wenn sie Beschwerden im Bereich der Schulterblätter beschreiben. Andere spüren die Schmerzen im unteren Rücken, ein beliebter Begriff ist dann „Kreuzschmerzen“. Auch Nackenschmerzen oder Verspannungen fallen unter den weiten Begriff der Rückenschmerzen.
Rückenschmerzen: Hexenschuss, Ischias & Co.
Wie sehr das Geflecht aus Knochen und Muskeln miteinander vernetzt ist, merken wir, wenn auch nur ein Rädchen im großen Ganzen nicht funktioniert. Rückenschmerzen können von dumpfer Art sein, aber auch ziepen oder stechen. Sie können wie ein glühender Draht sein, blitzen oder prickeln und manchmal so stark sein, dass der Volksmund sagt, da seien finstere Mächte am Werk: Ein Hexenschuss (Lumbago) kann bewegungsunfähig machen.
Manchmal ziehen die Rückenschmerzen auch in ein oder beide Beine. Wenn sie bis über das Knie oder in den Fuß ausstrahlen, spricht man von Ischias (Ischialgie). Eine häufige Ursache dieser ganz speziellen Art von Rückenschmerzen ist ein Bandscheibenvorfall. Er ist dann wahrscheinlich, wenn die Schmerzen im Bein stärker sind als im Rücken, entlang einer bestimmten Nervenbahn verlaufen oder mit anderen Beschwerden wie Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl einhergehen.
Der Aufbau des Rückens
Die Wirbelsäule ist ein geniales Konstrukt. Sie ist sozusagen unsere tragende Säule, die uns den aufrechten Gang, aber auch Klettern, Rennen und sowohl den Yogasitz als auch den Kopfstand ermöglicht. Mit ihren aufeinander stehenden Wirbelkörpern sorgt sie dafür, dass wir geradestehen können und trotzdem beweglich sind. Unterstützt wird die Wirbelsäule von den Bandscheiben, von Muskeln, Sehnen und Bändern. Von ihrem Zusammenspiel hängt es ab, ob unser Muskel-Skelett-System leistungsfähig bleibt.
Unsere Wirbelsäule besteht aus fünf Bereichen:
- der Halswirbelsäule mit sieben Wirbeln (darunter Atlas, A1) und Axis (Dreher, C2),
- gefolgt von 12 Brustwirbeln
- und schließlich den 5 Lendenwirbeln.
Am Übergang zum Becken liegen dann Kreuz- und Steißbein. Das Kreuzbein besteht aus fünf miteinander verwachsenen Wirbeln. Weitere vier oder fünf Wirbel, ebenfalls miteinander verwachsen, bilden das Steißbein. Direkt angrenzend dient das Becken als Verbindung der Wirbelsäule zu den Beinen. An den 12 Brustwirbeln wiederum sind die 12 Rippenpaare des Brustkorbs befestigt. Durch unterschiedliche Stellungen der Wirbelgelenke in den einzelnen Abschnitten erhält die Wirbelsäule in der seitlichen Ansicht die Form einer Doppel-S-Kurve. Erst durch diese Krümmung ist die Wirbelsäule in der Lage, Belastungen flexibel abzufedern und auszugleichen.
Dass die Wirbelsäule eine bewegliche Knochensäule ist, wird auch durch Zwischenwirbelgelenke, Bänder und Bandscheiben ermöglicht: Die verbinden die Wirbel zu einer in sich versteiften Gliederkette. Die Bandscheiben zwischen den einzelnen Wirbeln bestehen aus einem gallertartigen Kern und einem äußeren festen Faserring. Sie gewährleisten den Puffer zwischen den Wirbeln und somit die Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule. Bewegt man sich, gibt die Bandscheibe eine Flüssigkeit ab, die wie Gelenkschmiere wirkt.
Jedoch mit zunehmendem Alter, und zwar bereits ab Mitte 30, werden die Bandscheiben trockener, schlaffer und schmaler. Vor allem bei Menschen mit sitzenden Berufen ist dazu auch die Muskulatur drumherum häufig untrainiert. Kommen besondere Belastungen hinzu wie Übergewicht, eine Skoliose (seitlich verkrümmte Wirbelsäule) oder Arthrose an der Halswirbelsäule, kann sich der Gallertkern verlagern, an den Wirbelrändern vorwölben und einklemmen.
Innerhalb des Knochengerüstes, den die Wirbelbögen formen, liegt der Spinalkanal. Hierin verläuft unsere wichtigste Nervenleitung – das Rückenmark, am ehesten vergleichbar mit einem Glasfaserkabel. Muskeln und Bänder stabilisieren die Wirbelsäule. Auf den Wirbeln lastet das gesamte Gewicht von Kopf, Rumpf und Armen.
Unspezifische Schmerzen im unteren Rücken
Die Ursache von Rückenbeschwerden und Rückenschmerzen, etwa im unteren Rücken, ist nicht nur Verschleiß. Schmerzen entstehen auch durch muskuläre Überforderung durch Kraftakte mit untrainierten Muskeln oder verspannte Muskeln durch einseitige Haltung. Stundenlanges Sitzen ist dabei genauso anstrengend für den Rücken wie ständiges Stehen. Um Rückenschmerzen vorzubeugen ist es daher wichtig, das richtige Maß an statischer und dynamischer Muskelarbeit zu finden: Unser Rücken braucht Bewegung in alle Richtungen.
Unspezifische Kreuzschmerzen, etwa im unteren Rücken, können von Bewegungsmangel und/oder einer schwachen Rumpfmuskulatur ausgelöst werden. Auch familiäre Veranlagung oder psychische Belastungen wie Stress am Arbeitsplatz, Grunderkrankungen wie eine Depression, ausgeprägte Ängstlichkeit oder Selbstzweifel können zu Schmerzen beitragen.
Meistens klingen unspezifische Schmerzen im unteren Rücken auch ohne Behandlung innerhalb weniger Tage oder Wochen von selbst wieder ab. Das Beste, was man tun kann, ist weiter seinem Alltag nachzugehen und so gut es geht körperlich aktiv zu bleiben. Zuviel Schonung oder gar eine längere Bettruhe kann die Genesung verzögern. Das gilt auch für lang anhaltende oder wiederkehrende Rückenschmerzen. Diese chronischen Schmerzen können jedoch zu einer erheblichen Belastung von Beruf und Alltag werden.
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Rückenschmerzen im mittleren und oberen Bereich
Meist handelt es sich bei dieser Art Rückenschmerzen um Muskelverspannungen an Brust- oder Halswirbelsäule sowie in den angrenzenden Arealen. Diese Verspannungen entstehen hauptsächlich aus Fehlhaltungen wie einem Rundrücken. Bei dieser Körperhaltung werden der obere Rücken und Nacken permanent nach vorn gezogen, wobei sich der Druck auf Hals- und Brustmuskulatur erhöht.
Diese Haltung ist eigentlich eine Schutzreaktion: Wenn wir uns erschrecken oder frieren, ziehen wir instinktiv die Schultern nach oben, nehmen das Kinn nach unten und runden den oberen Rücken ein, um Kopf, Hals und Brustkorb zu schützen. Doch durch unseren modernen Lebensstil, bei dem wir große Teile des Tages mit gerundetem Rücken vor dem Computer sitzen oder mit nach vorn geneigtem Kopf in das Smartphone schauen, wird daraus eine permanente Fehlhaltung – und dadurch zu Rückenschmerzen.
Durch diese permanente Anspannung und Überlastung der Muskulatur kommt es zu einer Verkürzung, Verhärtung, Überspannung und schlechteren Durchblutung der Muskeln sowohl im mittleren und oberen Rücken als auch im Bauch- und Brustbereich. Die Muskeln zwischen den Rippen verspannen sich ebenfalls; dabei verkürzen und verkleinern sie den Brustraum. So wird vermehrt Druck auf Gelenke, Bandscheiben, Zwerchfell und Brustbein aufgebaut – was zu Rückenschmerzen im mittleren und oberen Rücken samt eingeschränkter Beweglichkeit führt, bis hin zur flachen Atmung.
Akute unkomplizierte Rückenschmerzen
Charakteristisch für diese Art Rückenschmerzen ist ein dumpf ziehender, schlecht lokalisierbarer Schmerz. Ursachen dafür sind Verspannungen der Muskulatur oder degenerative Veränderungen. Der Schmerz im unteren Rücken ist bewegungsabhängig, kann im beidseitigen Lendenbereich auftreten und manchmal sogar in Gesäß oder Oberschenkel ausstrahlen.
Durch Belastung, aber auch Kälte, Nässe oder ungünstige Arbeitshaltungen werden Rückenschmerzen verstärkt. Bei Husten, Niesen oder auch kleinsten Bewegungen können dann starke Schmerzen auftreten. Die Muskulatur verspannt sich und es kommt zu Schon- und Fehlstellungen. Gerade deshalb ist es wichtig, therapeutisch gegenzusteuern, beispielsweise mit Medikamenten.
Denn auch Rückenschmerzen selbst können Nebenwirkungen haben: Es besteht ein hohes Risiko, dass Rückenschmerzen chronifizieren. Deswegen steht die konsequente Schmerzbehandlung an erster Stelle der therapeutischen Maßnahmen.
Viele Patienten bewegen sich aus Furcht, die Rückenschmerzen zu verstärken, möglichst wenig und auch nur sehr vorsichtig. Dann verspannt sich die Muskulatur und die Beschwerden werden immer schlimmer. Die automatisch damit einhergehende Schonhaltung kann sogar auf Dauer Schäden wie Abnutzungen an der Hals- und Brustwirbelsäule, an den Bandscheiben sowie Versteifungen der Schultern und des Nackens verursachen.
Wie in einem Teufelskreis verstärken sich dann die Rückenschmerzen. Das kann bis zu einem Hexenschuss(Lumbago) führen: Die in der Schonhaltung verspannte Muskulatur bewirkt eine Abweichung der Dornfortsätze von der Achsenrichtung der Wirbelsäule; die Querfortsätze stehen dann schief. Bei unkoordinierten Bewegungen können die Wirbelgelenke sich dann in dieser Extremstellung festsetzen: Voilà, die Hexe hat geschossen!
Raus aus dem Schmerz: Rückenschmerzen behandeln
Damit die Betroffenen ihre täglichen Aktivitäten wieder aufnehmen können, ist das oberste therapeutische Ziel, den Schmerz zu lindern. Von Bettruhe ist dabei abzuraten, denn der Patient soll bei Rückenschmerzen seine körperliche Aktivität ja so weit wie möglich beibehalten können.
Bei leichteren Rückenschmerzen eignen sich Salben oder Gele mit ätherischen Ölen gut zur Linderung: Vor allem Latschenkiefernöl, Eukalyptusöl, Rosmarinöl oder Pfefferminzöl sind hier Mittel der Wahl. Wird die Einreibestelle beispielsweise mit Plastikfolie abgedichtet, dringen die Wirkstoffe bis in tiefe Muskelregionen vor und führen dann zu einer Muskelrelaxation.
Auch NSAR wie Ibuprofen, Indometacin, Ketoprofen, Flufenaminsäure und Diclofenac sind bei Rückenschmerzen für die lokale Applikation geeignet. Nach der Anwendung sollte man sich die Hände mit einem Tuch abwischen und dann erst gründlich waschen. So gelangt weniger Wirkstoff ins Grundwasser, denn Kläranlagen können vor allem Diclofenac nicht herausfiltern. In Form von Wirkstoff-Pflastern kann die Resorption durch die Haut deutlich gesteigert werden. Ein weiterer Vorteil dieser Direkt-Applikation: Die systemischen Konzentrationen bleiben so niedrig, dass unerwünschte Nebenwirkungen praktisch ausgeschlossen sind.
Bei mittleren und schweren Rückenschmerzen sind wegen der lang anhaltenden Wirkung höher dosierte NSAR in Retardform meist Mittel der Wahl. Empfohlen werden hier Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen. Dabei kann zur Vermeidung von MagenDarm-Ulzerationen ein Schleimhautschutz mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) wie zum Beispiel Pantoprazol angezeigt sein.
Phytopharmaka bei Rückenschmerzen
Sollten Ihre Kund*innen eine Behandlung mit pflanzlichen Wirkstoffen wünschen, stellen Beinwell-haltige Salben bei Rückenschmerzen eine wirksame Alternative zu chemischen Arzneistoffen dar. Sowohl für die Beinwellwurzel in Form einer Monotherapie als auch in Kombination mit Methylnicotinat wurden statistisch signifikante und klinisch relevante Effekte nachgewiesen.
Eine andere pflanzliche Therapie-Option stellt der Extrakt aus der Weidenrinde (Salix alba) dar. Er enthält Salicin, ein Prodrug der Salicylsäure. Empfohlen wird eine Tagesdosis von 240 Milligramm (mg) Gesamtsalicin. Neben der Salicylsäure tragen auch die enthaltenen Flavanole und Flavonoide zur Gesamt-Wirksamkeit gegen Rückenschmerzen bei.
Wärme tut gut
Als mögliche Option bei Rückenschmerzen steht auch die Wärmetherapie zur Verfügung. Wünschenswert ist dabei, dass diese die Betroffenen nicht ans Bett fesselt (Heizdecke oder Wärmekissen), denn wie beschrieben: Sie sollen ja gerade beweglich bleiben. Hier sind Wärmesalben oder -pflaster empfohlen.
Die Erwärmung der betroffenen Hautareale lässt sich medikamentös durch lokale Anwendung von Reizstoffen herstellen – eingesetzt werden vor allem Capsaicin oder Capsaicinoide aus Paprika und Chili sowie eine Reihe ätherischer Öle. Trotz ihrer chemisch unterschiedlichen Strukturen wirken sie ähnlich. Über Substanz P, ein Neuropeptid, werden Vasodilatation und Histaminausschüttung aus den Mastzellen bewirkt. Dadurch kommt es zu einer deutlichen Mehrdurchblutung. Durch frei diffundierendes Histamin kann sich die Vasodilatation dann weit über den lokalen Auftragungsort ausdehnen.
Wie bei der physikalischen Wärmebehandlung – nur stärker – kommt es neben der Muskelentspannung zu biochemischen Veränderungen im Gewebe, die die Schmerzübertragung unterdrückt und den Cortisolspiegel im Plasma erhöht.
Physikalisch wirkende Auflagen
Wärmeauflagen für verschiede Bereiche (Nacken, Schultern, Lendenwirbel) enthalten eine Mischung aus Aktivkohle und Eisenpulver. Nach dem Öffnen der Verpackung erfolgt die Oxidation unter Bildung von Reaktionswärme, die kontinuierlich über mindestens acht bis zu zwölf Stunden eine Tiefenwärme von circa 40 Grad Celsius abgibt. Multizentrischen Studien zufolge kommt es dabei zu einem deutlichen Rückgang der Beschwerden. Wärmepflaster sind alltagstauglich und können bei Rückenschmerzen überall – ob zu Hause, bei der Arbeit oder unterwegs – unauffällig und bequem unter der Kleidung getragen werden.
Eine Wärmebehandlung ist bei Rückenschmerzen auch mittels Fangopackung oder Infrarotleuchte möglich. Diese Behandlung sollte mindestens 15 bis 20 Minuten dauern und mit Bettruhe oder einer Massage beendet werden.
TENS und Ultraschall
TENS – das bedeutet transkutane elektrische Nervenstimulation – ist eine weitere Behandlungsmöglichkeit zur Therapie von Rückenschmerzen ohne Medikamente. Dabei werden mittels Elektroden transkutan schwache elektrische Impulse auf die schmerzenden Körperpartien aufgebracht.
Die Behandlung hat zum Ziel, afferente Nervenbahnen so zu beeinflussen, dass die Schmerzweiterleitung zum Gehirn verringert oder verhindert wird. Außerdem soll die Endorphinfreisetzung in den absteigenden hemmenden Nervenbahnen gesteigert werden. Ein weiterer Nebeneffekt ist die bessere Durchblutung, die die Schmerzhemmung noch verstärkt.
TENS-Geräte können bei Rückenschmerzen ärztlich verschrieben werden. Sie sollten nicht verwendet werden von Menschen mit implantierten elektronischen Geräten wie Herzschrittmachern oder metallischen Implantaten.
Bei einer Ultraschalltherapie wird das Gewebe erwärmt, was die Durchblutung und den Stoffwechsel in der Muskulatur anregt.
Bewegung, Bewegung!

Rückenfreundliches Yoga, Physiotherapie, Krankengymnastik, Rückenschule, Faszientraining: Bei Verspannungsbedingten Rückenschmerzen gilt die Devise „Bewegung hilft!“. Trainiert wird die Muskulatur am besten täglich einige Minuten. Dabei ist darauf zu achten, die empfohlenen Bewegungsabläufe ganz genau einzuhalten und sich dabei nicht zu überlasten.
…und wenn die Rückenschmerzen nicht „unkompliziert“ sind?
Ischiassyndrom
Ischiasschmerzen sind Nervenschmerzen. Sie sind somit deutlich stärker als die mehr als dumpf empfundenen unkomplizierten, akuten Rückenschmerzen. Beim Ischiasschmerz liegt eine Kompression eines Spinalnerves vor, verursacht beispielsweise durch eine Bandscheibenverschiebung, einen Bandscheibenvorfall oder eine andere degenerative Erscheinung an den Wirbelkörpern.
Es sind ziehende, stechende und brennende Rückenschmerzen von hoher Intensität. Es treten einseitige, schwere Schmerzen im Bein auf, die bis in den Fuß und die Zehen ausstrahlen können. Wenn Taubheitsgefühle oder starkes Kribbeln, Funktionsstörungen von Blase oder Darm, Fieber und Schüttelfrost hinzukommen, sollte unbedingt ein Arzt konsultiert werden. Treten Lähmungserscheinungen auf, ist eine Operation meist unumgänglich.
An Behandlungsmöglichkeiten steht akut die Schmerzunterdrückung mittels NSAR, eventuell in Verbindung mit Muskelrelaxanzien, im Vordergrund. Wenn Muskelverspannungen dominieren, wird auch eine Wärmebehandlung als wohltuend empfunden. Bei Nervenreizungen werden wiederum Kältereize eingesetzt, denn Kälte senkt die Nervenleitgeschwindigkeit und damit die Schmerzempfindlichkeit, wirkt zudem abschwellend und entzündungshemmend.
Als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ist in Apotheken ein Präparat erhältlich, das Uridinmonophosphat, Vitamin B12 und Folsäure enthält. Es soll bei Wirbelsäulen-Syndromen, Neuralgien und Polyneuropathien körpereigene Reparaturvorgänge an geschädigten Nervenstrukturen fördern.
Morbus Bechterew
Chronische Rückenschmerzen können auch von einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung herrühren, die nach ihrem Entdecker Morbus Bechterew benannt ist. Sie betrifft besonders die Wirbelsäule und deren Verbindung zum Becken, wo sich Entzündungen bilden, die das Knochengewebe sowie die Gelenke angreifen. Im fortgeschrittenen Stadium können diese Entzündungen zu einer verknöcherten Wirbelsäule führen, deren einzelne Gelenke miteinander zu einer sogenannten Bambuswirbelsäule verwachsen sind.
Da die Erkrankung schleichend beginnt und in diesem Stadium häufig nicht erkannt wird, quälen sich die Betroffenen oft jahrelang mit chronischen, immer stärker werdenden Rückenschmerzen. Die Krankheit ist nicht heilbar; ihre Therapie besteht im Lindern der Beschwerden. Man geht bei ihrer Entstehung von einer Fehlfunktion des Immunsystems aus, die zu einer überschießenden Entzündungsreaktion führt.
Bandscheibenvorfall
Wenn der Faserring einer Bandscheibe reißt, kommt es zum Bandscheibenvorfall (Prolaps). Bandscheibengewebe wölbt sich durch die entstandene Öffnung in den Wirbelkanal. Wird dabei die Nervenwurzel komprimiert, ist dies sehr schmerzhaft.
Mittel der ersten Wahl sind Ibuprofen oder Diclofenac. Reicht das nicht aus, werden vorübergehend Opioid-haltige Mittel verordnet, von Tramadol über Tilidin bis hin zu Fentanyl. Da es sich um stärkste Schmerzen handeln, können auch Medikamente unter Bildkontrolle direkt in die Nähe der Nervenwurzel an der Wirbelsäule gespritzt werden. Letzter Ausweg ist dann eine Bandscheiben-Operation, ein minimalinvasiver, mikrochirurgischer oder endoskopischer Eingriff.
Kommt es beim Prolaps zu motorischen und sensiblen Ausfällen, müssen die Betroffenen sofort in eine Klinik gebracht werden. Sollten die Rückenschmerzen nach sechs bis zwölf Wochen nicht zurückgehen, raten Fachleute zu einem operativen Eingriff. KlinikAdressen gibt es beispielsweise bei der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft.
Wirbelkanalstenose
Bei einer Wirbelkanalstenose, auch Spinalkanalstenose, ist der Wirbelkanal verengt, durch den das Rückenmark vom Gehirn bis in den oberen Lendenbereich verläuft. Dieser Nervenengpass übt Druck auf Rückenmark, Nerven und Blutgefäße aus; wird er zu stark, kann das zu heftigen Schmerzen führen.
Die Erkrankung entsteht durch Verschleiß der Wirbelkörper und der Bandscheiben. In der Folge verschieben sich die Wirbelkörper gegeneinander; der Körper reagiert auf die Schädigungen der Knorpel mit Verbreiterungen der knöchernen Anteile. Diese knöchernen Anlagerungen an den Wirbelgelenken können den Wirbelkanal verengen. Oft sind dann die Beschwerden so stark, dass sie den Alltag erheblich einschränken.
Eine Operation kann helfen, muss aber nicht und ist auch oft nicht sinnvoll. Sie besteht in einer knöchernen Dekompression, bei der Knochen und Bänder entfernt werden, die den Wirbelkanal verengen, manchmal kombiniert mit einer Versteifung der Wirbel.