Frau hält Pille in der Hand.© Antonio_Diaz / iStock / Getty Images

Frauengesundheit

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Kondom gerissen? Pille vergessen? Verhütungspannen können schon mal passieren. Zur Notfallverhütung stehen zwei Wirkstoffe rezeptfrei zur Verfügung, die sich ein klein wenig unterscheiden.

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Eine ungewollte Schwangerschaft lässt sich nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr oder Versagen der Verhütungsmethode häufig noch verhindern. Neben der Kupferspirale, die der Frauenarzt einsetzt, kann in der Selbstmedikation auf Notfallkontrazeptiva mit den Wirkstoffen Levonorgestrel (LNG) und Ulipristalacetat (UPA) zurückgegriffen werden. Für beide Substanzen gibt es keine Altersbeschränkung, sie sind für alle Frauen im gebärfähigen Alter geeignet.

Keine Abtreibungspille Auch wenn die Präparate inzwischen ohne Rezept erhältlich sind, bleibt die „Pille danach“ ein Arzneimittel für den Notfall, weshalb man auch von der Notfallpille spricht. Ihre Abgabe erfordert eine ausführliche Beratung. Obwohl heutzutage jeder gut aufgeklärt zu sein scheint und man offen über Themen wie Sex und Verhütung spricht, herrscht bei der Notfallpille noch immer ein großes Informationsdefizit. Nicht alle kennen ihr Wirkprinzip. Viele gehen fälschlicherweise davon aus, dass sie in der Lage sei, eine bereits bestehende Schwangerschaft zu beenden. Dieser Irrglaube ist im Beratungsgespräch unbedingt zu korrigieren.

Die Frau muss wissen, dass beide zur Verfügung stehenden Wirkstoffe lediglich den Eisprung verzögern. Damit greifen sie in das fertile Fenster ein, also in den Zeitraum, in dem ungeschützter Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft führen kann. Die fruchtbarsten Tage im Menstruationszyklus beginnen fünf Tage vor dem Eisprung und enden einen Tag danach, woraus sechs Tage resultieren. Fünf Tage vorher, da Spermien bis zu fünf Tage überleben können, und bis zu einem Tag nach dem Eisprung, da das Ei bis zu 24 Stunden befruchtungsfähig ist. Wird nun der Eisprung um mindestens fünf Tage, also über die Lebensdauer der Spermien hinaus verschoben, kann keine Befruchtung stattfinden. Eine bereits bestehende Schwangerschaft können sie hingegen nicht beeinflussen.

Kein absoluter Schutz Allerdings lässt sich auf diese Weise nicht zu 100 Prozent eine Schwangerschaft vermeiden. Beide Wirkstoffe haben eine Wirklücke, die im Wirkmechanismus der jeweiligen Substanzen begründet ist. LNG ist ein synthetisches Gestagen, das die Ausschüttung des Lutenisierenden Hormons (LH) hemmt. Dadurch wird das LH-Maximum zeitlich hinausgeschoben und somit auch der Eisprung. Folglich kann LNG auch nur wirken, wenn es vor dem Eisprung gegeben wird.

LNG ist wirkungslos, wenn der LH-Anstieg, der dem Eisprung unmittelbar vorausgeht, bereits begonnen hat. Auch UPA verringert die LH-Produktion. Aber als selektiver Progesteronrezeptor-Modulator mit hoher Bindungsaffinität zum Progesteronrezeptor hemmt es das körpereigene Sexualhormon Progesteron noch während des LH-Anstiegs und versagt daher erst nach erfolgtem Eisprung. Damit verfügt UPA über ein größeres Wirkfenster und kann das Schwangerschaftsrisiko stärker senken als LNG.

Schnelles Handeln gefragt Die fruchtbare Phase kann variabel im Zyklus auftreten und der Zeitpunkt des Eisprungs lässt sich weder vorhersagen noch berechnen. Studien zufolge tritt in weniger als 12 Prozent der Fälle der Eisprung am Tag 14 des Zyklus ein. Praktisch muss also immer die Möglichkeit einer Schwangerschaft nach ungeschütztem Verkehr beziehungsweise nach einer Verhütungspanne in Betracht gezogen werden. Daher ist die Einnahme der Notfallpille unabhängig vom Zyklus zu jedem Zeitpunkt anzuraten.

Selbst eine möglicherweise bestehende Schwangerschaft stellt keine Kontraindikation für die Notfallpille dar, da beide Wirkstoffe weder zum Abbruch führen, noch ein teratogenes Potenzial aufweisen. Aus Sicherheitsgründen wird dennoch bei beiden Wirkstoffen geraten, auf ihre Einnahme bei Verdacht auf eine Schwangerschaft zu verzichten. Zugleich muss die Einnahme möglichst bald nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr beziehungsweise der Verhütungspanne erfolgen. Je länger mit der Einnahme gewartet wird, desto größer ist die Gefahr, dass es zum Eisprung kommt.

Für beide Präparate gilt daher die Regel: Je früher sie eingenommen werden, desto sicherer wirken sie. Das Präparat mit LNG darf nicht später als 72 Stunden (3 Tage) danach geschluckt werden. Mit UPA hat die Frau noch zwei Tage mehr Zeit, eine ungewollte Schwangerschaft abzuwenden. Der Progesteronrezeptor-Modulator wirkt bis zu 120 Stunden (5 Tage) nach ungeschütztem Verkehr beziehungsweise Versagen der Kontrazeption. Beide Präparate zeigen aber die beste Wirkung bei Einnahme innerhalb von 12 Stunden.

Pillen zur Notfallverhütung verschieben lediglich den Eisprung. Sie führen nicht zum Abbruch einer bestehenden Schwangerschaft.

Generelle Hinweise Beide Wirkstoffe sind ungefähr gleich gut verträglich. Dennoch sind Nebenwirkungen wie beispielsweise Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Unterleibsschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen möglich. Übelkeit und Erbrechen lassen sich häufig vermeiden, wenn zur Notfallpille eine Kleinigkeit gegessen wird. Sollte es dennoch innerhalb von drei Stunden nach Einnahme zum Erbrechen kommen, wird eine weitere Tablette notwendig. Für stillende Frauen empfiehlt sich eine Notfallpille mit LNG, da bei dieser lediglich eine Stillpause von acht Stunden eingelegt werden muss, bei UPA hingegen von einer Woche.

LNG ist zudem die Pille der Wahl bei Frauen mit schwerem Asthma, die orale Glucocorticoide einnehmen, da diese die Wirksamkeit von UPA abschwächen. Besteht ein Thromboserisiko, ist hingegen UPA zu empfehlen. Liegen schwere Leberfunktionsstörungen vor, kommt keine der beiden Notfallpillen in Frage. Dann empfiehlt sich die Einlage der Kupferspirale, die das Einnisten einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verhindern kann. Die Kupferspirale gilt auch als Mittel der ersten Wahl, wenn innerhalb der letzten vier Wochen CYP3A4-Induktoren (z. B. Johanniskraut, Carbamazepin, Rifampicin) eingenommen wurden, da bei gleichzeitiger Einnahme die Wirksamkeit der Notfallpille vermindert sein kann.

Eine Alternative ist die Einnahme der doppelten Dosis von LNG. Bei UPA besteht diese Möglichkeit nicht. Einige CYP-Enzyminduktoren sind allerdings teratogen. Daher ist ein anschließender Besuch beim Arzt ratsam, damit dieser sicher eine Schwangerschaft ausschließen kann. Beide Präparate sind unabhängig vom Gewicht für alle Frauen geeignet. Nichtsdestotrotz wird von einigen Experten empfohlen, ab einem BMI von 25 kg/m2 UPA anzuwenden, alternativ die Kupferspirale. Falls notwendig, besteht prinzipiell die Möglichkeit, eine Notfallverhütung im gleichen Zyklus wiederholt durchzuführen. Wegen möglicher Interaktionen zwischen LNG und UPA sollte dann wieder der gleiche Wirkstoff wie beim ersten Mal gewählt werden.

Zusätzliche Verhütung notwendig Da die Notfallpille nur rückwirkend einen Empfängnisschutz bietet, kann die Frau zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Zyklus wieder schwanger werden. Daher ist bis zum Eintreten der nächsten Blutung eine zuverlässige Verhütung erforderlich. Empfehlenswert sind mechanische Barrieremethoden (z. B. Kondom, Diaphragma, Portiokappe), da die Wirksamkeit eines hormonellen Empfängnisschutzes nach Einnahme der Notfallpille nicht mehr gewährleistet ist.

Frauen, die bisher mit oralen Kontrazeptiva verhütet haben, wird dennoch empfohlen, diese weiter einzunehmen, um Zyklusstörungen zu vermeiden. Im Wirkmechanismus der Notfallpille ist jedoch begründet, dass sich die nachfolgende Menstruationsblutung um wenige Tage verschieben kann. Daher muss die Kundin nicht sofort beunruhigt sein, wenn sich ihre Regel verzögert. Bleibt die Blutung länger als sieben Tage aus oder ist sie deutlich schwächer als sonst, ist ein Schwangerschaftstest oder eine Nachkontrolle beim Arzt anzuraten, um eine Schwangerschaft auszuschließen.

Diesen Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2022 ab Seite 82.

Gode Chlond, Apothekerin

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