Volkskrankheit
SODBRENNEN: URSACHEN UND SCHNELLE HILFE
Seite 1/1 7 Minuten
Ein Brennen in der Magengegend, ausstrahlende Schmerzen hinter dem Brustbein oder ein saurer Geschmack im Mund – Betroffene erleben Sodbrennen ganz unterschiedlich, auch in der Intensität der Beschwerden: von einem leichten Unwohlsein bis hin zu quälenden Schmerzen, sogar stilles Sodbrennen ist möglich. Dabei spüren Betroffene erst einmal gar nichts, leiden aber unter den Auswirkungen der aufsteigenden Magensäure. Das können beispielsweise Reizhusten, Halsschmerzen oder Schluckbeschwerden sein.
Während die erste Gruppe häufiger nach „Magenmitteln“ oder „Sodbrenntabletten“ in der Apotheke fragt, denken Menschen mit stillem Sodbrennen erst einmal an eine Erkältung, die sie therapieren wollen. Oder leiden diese Kund*innen etwa doch unter Reflux und wo liegt eigentlich der Unterschied? Man merkt, bei Sodbrennen handelt es sich um einen komplexen Beratungsfall, für den es sich lohnt, sich Zeit zu nehmen und genauer hinzuschauen.
Reflux und saures Aufstoßen
Unser Magensaft besteht aus Wasser, Salzsäure und darin gelösten Stoffen, die den aufgenommenen Nahrungsbrei für den Darm aufbereiten und verwertbar machen. Die Salzsäure dient zum einen als Schutz vor Keimen, zum anderen schafft sie ein optimales Arbeitsmilieu für die Verdauungsenzyme. Nüchtern liegt der pH-Wert des Magensaftes zwischen 1 und 1,5. Zum Vergleich: Zitronensaft besitzt den pH-Wert von 2,4. Wer schon einmal puren Zitronensaft getrunken hat, weiß: Ein Spritzer im Getränk erfrischt, ein ganzes Glas brennt auf den Schleimhäuten und hinterlässt ein pelziges Gefühl in Mund und Hals. So in etwa fühlt es sich an, wenn der saure Mageninhalt in die Speiseröhre aufsteigt.
Normalerweise verhindert ein Schließmuskel zwischen Mageneingang und Speiseröhre das saure Aufstoßen, das häufig mit Sodbrennen verbunden ist. Ist seine Funktion beeinträchtigt oder wird großen Druck auf ihn ausgeübt, kann der saure Mageninhalt allerdings zurück in die Speiseröhre gelangen. Dieses Phänomen nennt sich Reflux, genauer: gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD). Sodbrennen und saures Aufstoßen können Leitsymptome von GERD sein. Steigt der Mageninhalt häufig in die Speiseröhre auf, kann dies mit Entzündungen der Schleimhaut einhergehen (Refluxösophagitis) oder ohne Schleimhautschäden (NERD, nicht erosive Refluxkrankheit).
So kommt es zum Reflux
● Fettiges Essen verbleibt länger im Magen und drückt den Mageninhalt gegen den Schließmuskel, bis dieser nicht mehr schließt
● Enge Kleidung kann ebenfalls starken Druck ausüben
● Während der Schwangerschaft übt der wachsende Fötus Druck auf den Magen aus
● Genussmittel wie Nikotin und Koffein beeinträchtigen den Schließmuskel in seiner Funktion
● Manche Medikamente können die Funktion des Schließmuskels stören
● Grunderkrankungen des Magen-Darm-Traktes begünstigen häufigen Reflux
Sodbrennen Ursachen
Sodbrennen beschreibt streng genommen nur ein Gefühl, das bei säurebedingten Magenbeschwerden entsteht. Folglich ist es sehr divers wie auch seine Ursachen. Sodbrennen kann sich als heißes, aufsteigendes Brennen äußern oder als pulsierender Schmerz in der Magengegend, manche spüren einen anhaltenden sauren Geschmack im Mund. Sodbrennen ist also ein Symptom, das bei Reflux auftreten kann.
Es kann bei Reflux auftreten, doch nicht bei jedem Reflux verspüren Betroffene Sodbrennen. Auch bei Magenbeschwerden wie Gastritis (Magenschleimhautentzündung) oder Ulcus (Geschwür) spüren viele zunächst Sodbrennen. Doch auch ohne Reflux oder Magenerkrankung kann sich Sodbrennen einstellen, beispielsweise nach einer fettigen Mahlzeit odereinem Glas Wein. Auch in (zu) vielen Tassen Kaffee kann eine Ursache für Sodbrennen liegen.
Zusammenfassend tritt Sodbrennen auf durch:
- Lebensstilgewohnheiten (fettiges Essen, sehr große, späte Mahlzeiten, häufiger Konsum von Genussmitteln wie Alkohol, Koffein oder Nikotin),
- Stress oder seelische Belastungen,
- bestehende Grunderkrankungen (Adipositas, Magen-Darm-Erkrankungen wie z. B. Gastritis, Refluxkrankheit, Speiseröhrenentzündung, Zwerchfellbruch, Nahrungsmittelunverträglichkeiten u. v. m.)
- Medikamenteneinnahme.
Zudem berichtet fast jede zweite Frau von Sodbrennen während der Schwangerschaft. Die Ursache liegt zum einen an der Hormonumstellung, die das Gewebe auflockert und dazu führen kann, dass der Schließmuskel schlechter schließt. Zum anderen drückt die wachsende Gebärmutter im Verlauf der Schwangerschaft zusätzlich auf den Schließmuskel, sodass Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließen kann.
Mehr zum Thema Sodbrennen:
Empfehlungen Sodbrennen in der Apotheke
Wie bei allen akuten Beschwerden wünschen sich die meisten Kund*innen mit Sodbrennen schnelle Hilfe, am besten in Form einer Tablette, die sie einmal nehmen müssen. Doch verlangt derselbe Kunde oder dieselbe Kundin immer wieder nach Mitteln gegen Sodbrennen, ist es damit allein nicht getan und die größte Kunst des Beratungsgespräches genau dies zu vermitteln.
Wann ärztlichen Rat einholen? Grenzen der Selbstmedikation
Tritt das Sodbrennen häufig auf, mehrmals pro Woche, oder halten die Beschwerden trotz Selbstmedikation länger als zwei Wochen an, empfehlen Sie den Arztbesuch.
Berichtet der Kunde/die Kundin zusätzlich von starkem Gewichtsverlust, Blut im Stuhl, Schluckbeschwerden oder Erbrechen, schicken Sie ihn oder sie direkt in die Praxis.
Langfristige Verbesserungen stellen sich bei Sodbrennen meistens erst mit einem veränderten Lebensstil ein. Die Basis bildet dabei immer ein Ernährungs- und Beschwerdetagebuch für mindestens zwei Wochen. Haben Sie einen motivierten Kunden beziehungsweise Kundin vor sich, geben Sie ihm oder ihr das als wertvolle Zusatzinformation gerne mit auf den Weg. Mit diesem Wissen kann Ihr Kunde/Ihre Kundin mögliche Auslöser für das Sodbrennen selbst identifizieren und die Lebensstilführung gegebenenfalls anpassen.
Folgende Tipps können Sie bei jedem Beratungsgespräch geben, unabhängig davon, ob das Sodbrennen gelegentlich oder häufiger auftritt:
- Lieber viele kleine, leicht verdauliche Mahlzeiten als wenige große üppige.
- Letzte Mahlzeit zwei Stunden vor dem Schlafengehen einnehmen.
- Nikotin, Kaffee, Alkohol, scharfe Gewürze, säurehaltige Lebensmittel reduzieren.
- In stressigen Phasen mehr Pausen zum Durchatmen einbauen, Entspannungsübungen (Meditation, Yoga, Atemübungen) empfehlen.
- Lockere Kleidung bevorzugen.
- Bei nächtlichem Sodbrennen leicht erhöht schlafen, linksseitig und ein Glas stilles Wasser vor dem Schlafengehen trinken.
- Sport mit starken Bauchpressen meiden.
- Ggf. (starkes) Übergewicht reduzieren.
Reflux und Sodbrennen Medikamente
Die S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit und eosinophile Ösophagitis wurde vor kurzem aktualisiert. Der Stellenwert von Protonenpumpenhemmern (PPI) unter den Sodbrennen-Medikamenten hat sich seitdem verändert: Empfahl man früher PPI direkt und dauerhaft, bewertet man nun andere Präparate der Selbstmedikation sowie Lebensstiländerungen mit ähnlichem Stellenwert. Liegen außer Sodbrennen keine Alarmsignale vor (Gewichtsverlust, Blut im Stuhl usw.) und treten Tumore des oberen Verdauungstrakts nicht gehäuft in der Familie auf, so empfiehlt die Leitlinie den Einsatz von Omeprazol, Pantoprazol oder Esomeprazol als Medikamente gegen Sodbrennen. Die Wirkstoffe stehen auch alle in der Selbstmedikation zur Verfügung.
Erwähnen Sie im Beratungsgespräch, dass die Wirkung der PPI verzögert eintritt, aber dafür auch länger anhält. Kund*innen sollten daher das Sodbrennen-Medikament einmal täglich für einige Tage, maximal zwei Wochen einnehmen. Bei Omeprazol und Pantoprazol handelt es sich um Prodrugs, die im sauren Magensaft aktiviert werden, daher sollten sie morgens mindestens eine halbe Stunde vor der ersten Mahlzeit eingenommen werden. Esomeprazol kann einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten geschluckt werden.
Stiller Reflux
Liegen magensäurebedingte Beschwerden oder gar ein Reflux vor, doch Betroffene spüren keine Beschwerden im Magen-Darm-Bereich (z. B. Sodbrennen oder saures Aufstoßen), spricht man von einem stillen Reflux. Er tritt verstärkt in der Nacht auf, wenn saurer Mageninhalt leichter in die Speiseröhre fließen kann. Diese Kund*innen berichten Ihnen dann von trockenem Reizhusten, Schluckbeschwerden, Räusperzwang oder Halsschmerzen – vor allem am Morgen.
Die Studienautoren betonen jedoch, dass bei gleicher Voraussetzung andere Therapieoptionen wie Antacida, Alginate oder H2-Rezeptorblocker ebenfalls probiert werden können. Das Therapieziel lautet: Betroffene sollen weniger Beschwerden verspüren. Ist eine Symptomkontrolle bereits mit diesen Anti-Refluxpräparaten erreicht, sind keine PPI nötig. Bei Antacida handelt es meistens um basische Aluminium- und Magnesiumsalze, die überschüssige Protonen abfangen. Die Wirkstoffe Magaldrat und Hydrotalcit, die zu den sogenannten Schichtgitterantacida gehören, binden zudem Pepsin und Gallensäuren.
Erinnern Sie Ihre Kund*innen daran, dass Antacida immer mit zweistündigem Abstand zu Milchprodukten, calciumreichen Lebensmitteln und bestimmten Arzneistoffen wie Tetrazyklinen oder Schilddrüsenhormonen eingenommen werden sollten.
Weitere Wirkstoffe sind Calcium- oder Magnesiumcarbonat, die in der Selbstmedikation auch häufig mit einem Alginat kombiniert werden. Diese quellen auf und schwimmen als Gelfilm auf dem Magensaft, sodass der Mageninhalt nicht so leicht zurückfließen kann. Durch die Kombination werden überschüssige Protonen gebunden und die Auswirkungen des Refluxes gemildert. Ähnlich wirkt ein neues Medizinprodukt, das neben Carbonaten Feigenkaktusextrakt enthält. Dessen Opuntia-Polysaccharid bildet mit Wasser ebenfalls eine schwimmende Gelstruktur aus.
Viele Kund*innen fragen auch nach Hausmitteln bei Sodbrennen. Raten Sie von selbst gemischten Suspensionen aus Backpulver und Wasser ab. Doch Kamillen- oder Süßholzwurzeltee, Heilerde oder ein Gel aus gequillten Leinsamen zum Trinken können Sie als Zusatzempfehlung aussprechen.
https://gesund.bund.de/sodbrennen-refluxkrankheit#auf-einen-blick
https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/sodbrennen/was-ist-sodbrennen.html
https://flexikon.doccheck.com/de/Magensaft
https://www.embryotox.de/erkrankungen/details/ansicht/erkrankung/refluxkrankheit