Drei Optionen
GELENKBESCHWERDEN
Seite 1/1 4 Minuten
Allein fünf Millionen Menschen sind in Deutschland von Arthrose, einem schmerzhaften Verschleiß des Gelenkknorpels, betroffen. Diesem liegen eine schmerzhafte, chronische Zerstörung des Gelenkknorpels sowie Entzündungen der Innenschicht der Gelenkkapsel zugrunde, die mit Gelenkschwellungen einhergehen und zu irreversiblen Schädigungen und Behinderungen führen können. Meist sind die großen Gelenke wie Hüfte (Coxarthrose) und Knie (Gonarthrose) betroffen. Typisch ist der morgendliche Anlaufschmerz und der Belastungsschmerz, der abends stärker ist.
Die Erkrankung zeigt einen progredienten Verlauf, der zwar langsam, aber stetig ist. Ebenso löst eine rheumatoide Arthritis Gelenkbeschwerden aus. Sie ist ebenso wie eine Arthrose dem Rheumatischen Formenkreis zuzuordnen und geht phasenweise mit einem Entzündungsgeschehen einher, das durch Gelenkschwellungen sichtbar wird und in einer Gelenkzerstörung enden kann. Herausragendes Merkmal ist, dass sich gerötete und geschwollene Gelenke ohne vorausgegangene körperliche Belastung zeigen.
Ursache sind infektiöse oder immunologische Prozesse, die eine Entzündung der Innenhaut der Gelenkkapsel hervorrufen, die mit Rötung, Schmerzen, Schwellung, Überwärmung und Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenks verbunden ist. Während sich bei einer aktivierten Arthrose meist nur in einem Gelenk ein Erguss bildet, sind bei der rheumatoiden Arthritis häufig zwei oder mehrere Gelenke gleichzeitig geschwollen (häufig kleine Gelenke wie die Fingergrundgelenke).
Häufiger Beratungsfall in der Apotheke sind zudem Gelenkbeschwerden durch stumpfe Verletzungen wie Verstauchungen (Distorsionen), Zerrungen (Distensionen), Prellungen sowie Quetschungen (Kontusionen). Vor allem sind Sportunfälle dafür verantwortlich. Je nach Sportart sind unterschiedliche Körperteile beziehungsweise Gelenke betroffen, da besondere Bewegungsabläufe typische Verletzungen mit sich bringen.
Ibuprofen & Co Als Standardmedikation bei Gelenkbeschwerden unterschiedlichster Ursache gelten nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie beispielsweise Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen, da sie nicht nur schmerzlindernd, sondern zugleich auch antientzündlich wirken. Damit die NSAR ihre entzündungshemmende Wirkkomponente optimal entfalten können, sind allerdings verschreibungspflichtige Dosierungen erforderlich. Im Rahmen der Selbstmedikation stehen auch verschiedene NSAR (z. B. Ibuprofen, Diclofenac) zum Einreiben zur Verfügung.
Ihre schmerzlindernde Wirkung ist bei diversen Gelenkbeschwerden gut belegt. Topisch appliziert erreichen NSAR gleiche oder gar höhere Gewebekonzentrationen am Zielort als oral eingenommen. Dabei sind die Plasmaspiegelkonzentrationen wesentlich niedriger, wodurch unerwünschte Wirkungen wie beispielsweise Beschwerden im Gastrointestinaltrakt seltener auftreten. Für eine optimale Wirkung werden die Zubereitungen zwei- bis dreimal täglich aufgetragen.
Empfehlenswert ist Einmassieren, damit der Wirkstoff besser durch die Haut ins Zielgewebe eindringt. Zudem sorgen ausreichend große Mengen (ein zirka drei- bis fünf Zentimeter langer Gel- oder Cremestrang) für ein Depot in der Haut, aus dem der Wirkstoff über Stunden hinweg kontinuierlich freigesetzt werden kann. Eine Alternative sind wirkstoffhaltige Pflaster (z. B. mit Diclofenac).
Teufelskralle & Co Alternativ stehen für die Selbstmedikation pflanzliche Präparate zur Auswahl, mit denen sich Schmerzen und Entzündungen lindern und teilweise auch chondroprotektive (knorpelschützende) Effekte erzielen lassen. Da mit ihnen eine Reduktion der NSAR-Dosierung möglich ist, stellen sie prinzipiell eine gute ergänzende Empfehlung dar. Ein Ersatz für eine Standardtherapie sind sie nicht. Die Afrikanische Teufelskralle zählt beispielsweise schon seit langem zu den Arzneipflanzen, die unterstützend zum Einsatz kommen.
Ihre entzündungshemmende, abschwellende und schmerzlindernde Wirkung geht auf ein Zusammenspiel von Iridoidglykosiden (Harpagosid, Harpagid und Procumbid), Phenolglykosiden und Sacchariden zurück und kann durch eine Blockade der Cyclooxygenase (COX)-2 und der 5-Lipoxygenase erklärt werden. Darüber hinaus wurde eine Aktivitätshemmung der kollagenzerstörenden Kollagenase im Gelenkknorpel sowie eine Reduktion der gewebezerstörenden Matrix-Metalloproteinasen beobachtet, weshalb sie vor allem bei Arthrose eine gute Empfehlung ist.
Ebenso gelten salicylhaltige Präparate der Weidenrinde als ein Klassiker. Enthaltenes Salicin wird im Körper zur wirksamen Salicylsäure metabolisiert, die als Cyclooxygenase-Hemmer schmerzlindernde Eigenschaften aufweist. Flavonoide und Catechole sollen an der entzündungshemmenden Wirkung beteiligt sein, indem sie diverse Transkriptionsfaktoren, proinflammatorische Zytokine, Adhäsionsmoleküle und reaktive Sauerstoffspezies hemmen. Zudem finden Extrakte aus Blättern der Brennnessel bei Arthrose und Arthritis Verwendung.
Ihre Wirksamkeit wird auf Flavonoide und Kaffeesäurederivate zurückgeführt, die die Bildung von Prostaglandinen und Leukotrienen sowie die Freisetzung von TNF-Alpha, Matrix-Metalloproteasen (MMP) beziehungsweise die Aktivierung von Nuclear factor kappa B (NF-κB) hemmen. Zudem werden antioxidative Effekte beschrieben. Weniger geläufig sind Präparate aus Hagebuttenpulver, die zum Erhalt der Beweglichkeit der Gelenke angeboten werden. Wirkprinzip ist Galaktolipid, ein sekundärer Pflanzenstoff, der Entzündungsreaktionen hemmen und somit Symptome wie Morgensteifigkeit und die eingeschränkte Beweglichkeit von Arthrosepatienten verbessern soll.
Auch soll Weihrauch bei schmerzhafter Gelenkabnutzung wirksam sein. Es wird traditionell in der ayurvedischen Volksmedizin zur Behandlung von Arthrosen und rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Seine Wirkung wird auf die Boswelliasäuren zurückgeführt, die sich im ätherischen Öl befinden und antientzündliche Eigenschaften aufweisen sollen. Antioxidative und knorpelprotektive Eigenschaften soll auch Curcumin aus Extrakten der Gelbwurzel (Curcuma longa) haben. Es wird alleine oder in Kombination mit Weihrauch angeboten.
Schließlich kann sowohl bei Arthrose und Arthritis als auch nach Sportverletzungen oder Gelenk-Operationen eine systemische Enzymtherapie mit Bromelain aus den unreifen Früchten und den Stämmen der Ananaspflanze eine gute Empfehlung sein. Sie wirkt entzündungshemmend und abschwellend und damit schmerzlindernd, indem sie in die Freisetzung von Entzündungsmediatoren eingreift und zirkulierende Immun-Komplexe reduziert.
Kompressen & Co Ebenso verschaffen kühlende Kompressen (Kühlpads) sowie Wickel und Umschläge mit Franzbranntwein oder essigsaurer Tonerde bei schmerzhaften Gelenkschwellungen wohltuende Linderung. Eine Wärmeanwendung darf hingegen nur in entzündungsfreien Phasen ohne Schwellung erfolgen. Dafür stehen verschiedene Zubereitungen zur lokalen Anwendung zur Auswahl. Weit verbreitet sind Wärmecremes und -pflaster mit hyperämisierenden Inhaltsstoffen (z. B. Capsaicin, Nonivamid und Nicoboxil) oder Wärmeumschläge/-pflaster mit Eisenpulver.
Besonders effektvoll sollen bei Arthroseschmerzen auch Schlammpackungen mit heißen Wickeln sein. Mit Bandagen (z. B. Idealbinde) und Tapes lassen sich stützende Verbände machen, die das Gelenk entlasten und somit die Heilung unterstützen. Nach Präparaten für eine Wärme- oder Kältebehandlung oder Verbänden fragen auch Kunden mit Sportverletzungen. Da hier auch meist noch Blutergüsse eine Rolle spielen, sind zudem Salben und Gele mit Heparin oder Arnika eine gute Empfehlung.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 05/2022 ab Seite 98.
Gode Chlond, Apothekerin