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METABOLISCHE AZIDOSE: NEUE NEBENWIRKUNG VON PARACETAMOL?
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Es handelt sich bei der neuen Nebenwirkung der metabolischen Azidose nicht um neue Erkenntnisse, sondern schlichtweg um eine spezifizierte Anpassung in der Packungsinformation Paracetamol-haltiger Arzneimittel.
Die neue Änderung beläuft sich dabei darauf, dass die metabolische Azidose mit vergrößerter Anionenlücke (englisch kurz HAGMA) nun mit dem Zusatz „aufgrund einer Pyroglutaminsäure-Azidose“ explizit in den Nebenwirkungen Paracetamol-haltiger Arzneimittel aufgeführt und ergänzt werden soll, wobei die Häufigkeit als „nicht bekannt“ angegeben wird. Präzisiert wird die Erwähnung in der Packungsinformation außerdem unter dem Punkt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“.
Zuvor wurde die metabolische Azidose auch schon in der Packungsinformation genannt, allerdings nur unter den Warnhinweisen. Dieser Anpassung müssen die Zulassungsinhaber aller Paracetamol-haltiger Arzneimittel nun nachgehen, seit es Ende Oktober beim Pharmakovigilanz-Ausschuss (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur beschlossen wurde.
HAGMA – wie kommt es zu der metabolischen Azidose?
Zur neuen HAGMA-Nebenwirkung erklärt die BfArM zusammengefasst: Neben Lactatazidose, Ketoazidose sowie Nierenversagen können eben auch Intoxikationen mit Alkohol, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Paracetamol, beziehungsweise seinem Stoffwechselprodukt Oxoprolin dazu führen, dass der Körper zu viel Säure produziert. Entsprechend treten Fälle der neuen Nebenwirkung metabolische Azidose durch 5-Oxoprolin-Azidose bei Anwender*innen Paracetamol-haltiger Arzneimittel auf, die durch schwere Nierenfunktionsstörungen, Sepsis, Mangelernährung oder chronischem Alkoholismus vorbelastet sind und über einen längeren Zeitraum mit Paracetamol oder gleichzeitig mit dem Antibiotikum Flucloxacillin therapiert werden. Auch dieser wichtige Warnhinweis zur Kombination von Flucloxacillin und Paracatamol wird neu in der angepassten Packungsinformation zu finden sein.
Mehr über Paracetamol:
Symptome und Therapie der Nebenwirkung HAGMA
Eine knappe Wiederholung der Chemiestunde für das Verständnis: Der pH-Wert wird über die Anzahl an positiven Wasserstoff-Ionen (H+-Ionen) in einer Lösung definiert. Demnach kann er also auch im Blut nachgewiesen werden, wobei der Referenzbereich hier sehr eng ist: Bei einem basischen pH-Wert von über 7,66 spricht man von einer Alkalose; sinkt der Wert allerdings unter 7,36, deutet dies auf eine Übersäuerung hin – der erwähnten metabolischen Azidose mit Anionenlücke, da die H+-Ionen vermehrt auftreten.
Auf den oben beschriebenen Zustand der metabolischen Azidose reagiert der Körper mit Hyperventilation, damit die Säure abgebaut und als Kohlenstoffdioxid (CO2) vermehrt abgeatmet wird. Neben den Atemschwierigkeiten können Übelkeit und Erbrechen auftreten. Eine metabolische Azidose muss demnach nicht nur als neue Nebenwirkung Paracetamol-haltiger Arzneimittel auftreten.
Ist die neu auftretende Nebenwirkung der metabolischen Azidose HAGMA aber auf Paracetamol zurückzuführen, empfiehlt sich natürlich das direkte Absetzen der Medikation, wobei die Betroffenen weiterhin überwacht werden sollten. Hierbei rät die BfArM zusätzlich zu einer Messung von 5-Oxoprolin im Urin, um andere Ursachen als Paracetamol für die vermeintlich neue Nebenwirkung ausschließen zu können. Auch eine Azidose durch Überzuckerung kann man durch direktes Angreifen des Auslösers hemmen, wohingegen man schwere Azidosen mit Natriumhydrogencarbonat oder Trometamol ausgleicht.
Interessierten Kund*innen kann man also nahelegen, dass die neue Nebenwirkung der metabolischen Azidose Paracetamol-haltiger Arzneimittel bereits bekannt war, jetzt aber gesondert in der Packungsinformation aufgeführt wird.
Quellen:
www.pharmazeutische-zeitung.de/neue-nebenwirkung-ist-nicht-neu-151840/