Diagnosemethode
KAPSEL SPÜRT ATEMAUSSETZER VON INNEN AUF
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1966 war es ein spektakulärer Science-Fiction-Film: In „Die phantastische Reise“ wurde ein Ärzte-Team in ein U-Boot gesteckt, das Ganze auf Millimetergröße verkleinert und per Spritze in die Blutbahn geschickt. Dort sollten sie ein Blutgerinnsel im Gehirn des Patienten auflösen. Der Streifen gewann aufgrund der Spezialeffekte zwei Oscars.
2023 nun haben Forscher eine schluckbare Kapsel entwickelt, die Vitaldaten zuverlässig aufzeichnet und aufs Smartphone schickt – und das ist kein Film. Man hat das getan, um die Diagnose Schlafapnoe zu erleichtern, denn dafür mussten die Patienten sich bisher immer in ein Schlaflabor begeben und aufwendig mit auf die Haut geklebten Sensoren verkabelt werden. Zu allem Überfluss sind weitere Aufenthalte in dieser künstlichen Umgebung auch für die weitere Kontrolle des Behandlungserfolgs nötig.
Ist die Sensor-Kapsel das Diagnosesystem der Zukunft?
Forscher vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge haben deshalb ein Konzept innerhalb einer Technologie entwickelt, die bereits für andere medizinische Anwendungen Testläufe bestreitet. Die schluckbaren Kapseln zeichnen auf ihrem Weg durch den Verdauungstrakt verschiedene Daten auf, die vorher programmiert werden können.
Die Kapsel ist so groß wie ein Multivitaminpräparat und verfügt über eine winzig kleine Batterie. Zusätzlich ist sie mit einem hochsensiblen Beschleunigungsmelder ausgestattet, der die feinen Bewegungen erfasst, die durch die Atmung sowie den Herzschlag auf den Magen-Darm-Trakt übertragen werden. In der Kapsel ist zudem ein kleiner Sender untergebracht, der die Daten an externe Geräte wie ein Smartphone oder einen Laptop überträgt.
Tests an Tieren und Menschen erfolgreich
Die Kapseln wurden zunächst an Schweinen getestet. Dort funktioniert sie tadellos und wurden auch problemlos wieder ausgeschieden. In einem Experiment konnten sie zudem zeigen, dass sie in der Lage waren, die verringerte Atemfrequenz zu erkennen, die das Arzneimittel Fentanyl bei den Tieren auslöste. Das Opioid ist ein zuverlässiger Schmerzstiller, der allerdings die Gefahr birgt, die Atmung zu beeinträchtigen.
Nach dem Tierversuch wandten sich die Wissenschaftler den Menschen zu. Zehn Probanden erklärten sich bereit, eine solche Kapsel zu schlucken und sich untersuchen zu lassen. Um die Ergebnisse vergleichen zu können, wurden sie zusätzlich mit dem Standardsystem zur Erfassung der Vitalfunktionen in einem Schlaflabor überwacht.
Und wieder klappte alles reibungslos: Der Sensor erfasste präzise die Atem- sowie die Herzfrequenz der Versuchsteilnehmer. Der Einsatz verlief beschwerdefrei ab und die Geräte wurden ohne Probleme wieder ausgeschieden. Ein besonderer Erfolg war dabei: Anhand der Daten fand das Team tatsächlich bei einem Teilnehmer eine unerkannte Schlafapnoe. „Wir konnten zeigen, dass die Kapsel Apnoe erkennen kann – und das wurde durch die Standardüberwachungssysteme bestätigt, die im Schlaflabor verfügbar sind“, jubelte der Wissenschaftler Giovanni Traverso.
„Wir konnten zeigen, dass die Kapsel Apnoe erkennen kann – und das wurde durch die Standardüberwachungssysteme bestätigt, die im Schlaflabor verfügbar sind.“
Diagnose-Kapsel verbessert Diagnose und Therapie
Traverso sieht somit in dieser Erfindung erhebliches Potenzial: „Es könnte helfen, einfacher Diagnosen zu erstellen und dann im Fall einer obstruktiven Schlafapnoe eine entsprechende Behandlung einzuleiten.“ Anschließend könne es dann auch verwendet werden, um die Wirksamkeit der Therapie bequem zu überwachen. „Das Gerät bietet das Potenzial, Veränderungen bei der Atmung frühzeitig zu erkennen, unabhängig davon, ob diese auf Opiate oder Erkrankungen zurückzuführen sind.“
Und Traverso schweben noch weitere Zusatzfunktionen vor: zum Beispiel die, dass die Kapsel automatisch ein Mittel zur Umkehrung eines Opioid-Überdosierung freisetzt, wenn sich die Atemfrequenz eines Patienten verlangsamt oder stoppt.
Quelle: wissenschaft.de