Paragraphen-Symbol und Schriftzug „Arbeitsrecht“© Rocco-Herrmann/iStock/Getty Images Plus
BVpta-Geschäftsführerin Bettina Schwarz beantwortet Ihre offenen Fragen in Bezug auf eine Apothekenschließung oder Insolvenz.

Arbeitsrecht

WAS GILT BEI EINER APOTHEKENSCHLIESSUNG ODER INSOLVENZ DER APOTHEKE?

Unter einer Apothekenschließung versteht man die permanente Einstellung des gesamten Apothekenbetriebes aufgrund privater, wirtschaftlicher, organisatorischer oder personeller Gründe. Bei einer Apothekenschließung werden in der Regel alle Arbeitsverhältnisse beendet, und es entstehen rechtliche Konsequenzen sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber.

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Eine Insolvenz der Apotheke hingegen bedeutet, dass der Betrieb nicht mehr zahlungsfähig ist. Ist eine Apotheke insolvent, dann wird in einem sogenannten Insolvenzverfahren darüber entschieden, ob die Apotheke trotz ihrer Insolvenz noch eine Zukunft hat oder nicht.

Diese Zeit dient dazu, die insolvente Apotheke zu sanieren und neu aufzustellen.

Welche Rechte haben Apothekenmitarbeiter bei einer Apothekenschließung?

Eine Apothekenschließung kann erhebliche Auswirkungen auf die Mitarbeiter in der Apotheke haben. Dazu zählen unter anderem

  • die Beendigung der Arbeitsverhältnisse durch Kündigung,
  • Arbeitsplatzverlust
  • und sogenannte soziale Härten.

Gesetze zur Apothekenschließung
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Apothekenschließung sind im Kündigungsschutzgesetz (KSchG), dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sowie in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Zudem haben für die Mitarbeiter arbeitsvertragliche Regelungen und Tarifverträge eine zusätzliche, signifikante Bedeutung.

Wann müssen PTA über eine Schließung der Apotheke informiert werden?

Je nachdem, wie die Kommunikation zwischen der Leitung der Apotheke und dem Team läuft, kann es vorkommen, dass die Arbeitnehmer erst wenige Tage vor der Apothekenschließung über die Insolvenz informiert werden. Das ist möglich, denn die Entscheidung des Inhabers, die Apotheke zu schließen, kann man als Apothekenmitarbeiter nicht verhindern. Gleichzeitig muss sich der Apothekeninhaber trotz der Apothekenschließung an die Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag halten.

Nachdem der Inhaber der Apotheke einen Insolvenzantrag gestellt hat, setzt das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Dieser prüft innerhalb von drei Monaten, ob die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren gegeben sind. Abhängig hiervon eröffnet er ein Insolvenzverfahren oder weist es ab.

Der Stichtag, an dem er dies festlegt, nennt man Insolvenztag. Dieses Datum ist für den Arbeitnehmer sehr wichtig. An diesem Tag tritt der Insolvenzverwalter nun in den gesamten Rechte- und Pflichtenkreis des Arbeitgebers ein. An ihn müssen die PTA, PKA und alle anderen Mitarbeiter in der Apotheke von nun an alle Forderungen richten.

Welche Kündigungsfristen gelten bei einer Apothekenschließung für Apothekenmitarbeiter?

Zunächst einmal muss man wissen, dass eine beabsichtigte Apothekenschließung nicht automatisch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Der Arbeitgeber muss demnach alle Arbeitsverhältnisse rechtswirksam kündigen. Dabei hat er alle Kündigungsfristen zu berücksichtigen, auch lange von langjährigen Arbeitnehmern.

Eine vorübergehende Schließung der Apotheke, zum Beispiel wegen längerfristiger Renovierungsarbeiten, berechtigen den Apotheken Inhabern grundsätzlich nicht zur Kündigung der Mitarbeiter.

Etwas anderes gilt bei einer Insolvenz der Apotheke. Eine Insolvenz ist an sich zwar auch noch kein Grund für eine Kündigung der Arbeitsverhältnisse. Sie ändert zunächst einmal lt. §108 InsO nichts am Bestand des Arbeitsverhältnisses. Es sind die allgemeinen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zu beachten.

Allerdings gilt ab der Eröffnung der Insolvenzverfahren einer Apotheke eine gesonderte Kündigungsfrist.

  • Gibt es einen sogenannten Insolvenzverwalter, der dem Apothekenmitarbeiter kündigt, beträgt die Kündigungsfrist maximal drei Monate.
  • Ist die Kündigungsfrist jedoch kürzer als drei Monate, dann gilt diese unverändert.
  • Gibt es jedoch keinen Insolvenzverwalter (das heißt, der Apothekeninhaber führt die Insolvenz der Apotheke in Eigenverwaltung), dann muss er die vertraglichen Kündigungsfristen einhalten.

Wie ist die Entgeltfortzahlung bei einer Insolvenz der Apotheke?

Bei einer Apothekenschließung bleibt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehen. Auch dann noch, wenn die Apothekenmitarbeiter ihrer Tätigkeit laut Arbeitsvertrag nicht nachgehen können. Ist die Apotheke also schon geschlossen, erhalten die Mitarbeiter weiterhin ihren Lohn. Das regelt § 615 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) „Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko“.

Was, wenn mir Gehalt zusteht, ich es aber einfach nicht erhalte?
Wenn der Arbeitgeber nach der Apothekenschließung nicht zahlt, dann bleibt oft nur noch eine Klage vor dem Arbeitsgericht. Die Apothekenmitarbeiter sollten dann zügig außergerichtlich und notfalls gerichtlich den Anspruch auf eine Zahlung von Arbeitslohn durchsetzen.

Anders verhält es sich bei einer Insolvenz der Apotheke. Bei der Bundesanstalt für Arbeit kann das sogenannte Insolvenzgeld beantragt werden

  • für ausstehende Gehälter von bis zu drei Monaten vor Insolvenzeröffnung
  • oder wenn ein Insolvenzverfahren der Apotheke abgewiesen wurde, da nicht genügend Vermögen vorhanden ist.

Der Antrag muss innerhalb von zwei Monaten ab Eröffnung oder Ablehnung des Insolvenzverfahrens bei der zuständigen Arbeitsagentur eingereicht werden.

Die Höhe berechnet sich nach der Höhe des Nettolohns inklusive Sonderzahlungen, Beiträgen zu Direktversicherungen und ähnlichem. Unter bestimmten Umständen kann man auch ein Vorschuss auf das Insolvenzgeld bekommen. Beispielsweise falls das Insolvenzverfahren noch nicht eröffnet wurde, der Lohn aber dennoch bereits ausbleibt.

Was geschieht mit den Ansprüchen von Urlaub und Überstunden bei einer Apothekenschließung?

Die von Apothekenmitarbeiter geleisteten Überstunden können nach einer fristgerechten Kündigung wegen einer Apothekenschließung entweder ausgezahlt oder aber in Freizeit abgegolten werden. Es können aber auch die Rückstellungen des Arbeitgebers für die Zeit nach der Apothekenschließung reduziert werden (also während der Zeit der Kündigungsfrist). Beispielsweise durch die Inanspruchnahme von Urlaub oder den geleisteten Überstunden. Zeitgleich erhalten die Apothekenmitarbeiter den kompletten Lohnanspruch für die betreffenden Tage, trotz der fehlenden Arbeitsleistung.

Ob während einer Insolvenz der Apotheke Überstunden geltend gemacht werden können, hängt generell vom Zeitpunkt der erbrachten Arbeitsleistung ab.

  • Alle Überstunden, die bereits vor der Eröffnung eines Apothekeninsolvenzverfahrens geleistet wurden, sind sozusagen nicht mehr vorhanden. Der Anspruch auf Auszahlung stellt nur eine Insolvenzforderung dar.
  • Überstunden, die während des Insolvenzverfahrens geleistet werden, sind durch Freizeit abzugelten.
  • Oder sie können über das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit abgegolten werden.

Urlaubsansprüche während eines Apotheken-Insolvenzverfahrens bleiben erhalten. Allerdings kann eine Urlaubsabgeltung im Apotheken-Insolvenzverfahren nicht über das Insolvenzgeld bezahlt werden. Auf die Freistellung von der Arbeitsleistung bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens werden verbliebene Urlaubstage immer mit angerechnet. Ab dem ersten Tag der Freistellung beginnt also der Abbau des Urlaubs.

Auf was sollten PTA oder PKA noch achten, wenn eine Apothekenschließung bevorsteht?

Wichtig ist es für PTA, PKA und alle anderen Mitarbeiter in der Apotheke, dass sie bei einer Apothekenschließung oder Insolvenz der Apotheke ein Arbeitszeugnis erhalten. Darin werden alle Leistungen und Ihr Verhalten aufgeführt und erklärt.

Bei einer Schließung der Apotheke, also einer betriebsbedingten Kündigung, haben die Apothekenmitarbeiter die Möglichkeit, bereits nach Erhalt der Kündigung ein Arbeitszeugnis anzufordern. Spätestens aber nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Endet das Arbeitsverhältnis vor dem Insolvenztag, ist der Arbeitgeber selbst verpflichtet, ein Zeugnis auszustellen. Endet das Arbeitsverhältnis erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, fällt die Zuständigkeit an den Insolvenzverwalter. Dieser muss sich dann beim Apothekenleiter informieren, um die Leistungen der Apothekenmitarbeiter im Zeugnis korrekt und angemessen darstellen zu können.

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