Paragraphen-Symbol und Schriftzug „Arbeitsrecht“© Rocco-Herrmann / iStock / Getty Images Plus
Zu spät zur Arbeit wegen eines Unfalls auf dem Weg? Michael van den Heuvel (ADEXA) beantwortet Ihre offenen Fragen.

Arbeitsrecht

ZU SPÄT ZUR ARBEIT WEGEN EINES UNFALLS AUF DEM WEG – DAS GILT FÜR PTA

Nicht immer schaffen es PTA rechtzeitig in die Apotheke. Kommen sie wegen eines Unfalls, eines Unwetters oder eines Streiks zu spät zur Arbeit, stellt sich die Frage: Welche Konsequenzen drohen ihnen? Müssen sie mit einer Lohnkürzung oder gar mit einer Abmahnung rechnen?

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Manchmal läuft einfach alles anders als geplant; Sie kommen wegen eines Unfalls, wegen eines Unwetters, das Straßen nicht mehr passierbar macht, oder wegen eines Streiks bei Bus oder Bahn zu spät zur Arbeit. Das kann passieren.

Dieses sogenannte Wegerisiko tragen Sie als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter selbst. Wichtig ist, sich über Unbilden des Wetters oder über drohende Arbeitsniederlegungen rechtzeitig zu informieren und beispielsweise andere Verkehrsmittel zu wählen oder früher aufzubrechen. Dennoch gibt es Situationen, wenn Sie zu spät zur Arbeit kommen, etwa wegen eines Unfalls. Was sollten Sie beachten?

Tipp: Verspätung offen kommunizieren
Wenn absehbar ist, dass Sie zu spät zur Arbeit kommen, beispielsweise wegen eines Unfalls, sollten Sie so schnell wie möglich in der Apotheke anrufen, um Verantwortung zu zeigen und den Betriebsablauf nicht unnötig zu stören. Klären Sie vorab, wer zu kontaktieren ist – die Apothekenleitung, die Filialleitung oder eine Kollegin bzw. ein Kollege – und auf welche Weise (telefonisch, per WhatsApp, etc.) das zu erfolgen hat.

Es gibt viele Ursachen, um zu spät in die Arbeit zu kommen

Für Verzögerungen gibt es viele Gründe. Vielleicht kommen Sie zu spät zur Arbeit wegen eines Unfalls, der Straßen unpassierbar macht; im Stau gib es kein Vorankommen mehr. Vielleicht machen auch Schneemassen oder Gewitter die Straßen unpassierbar. Bis der Weg nach einem Unwetter oder gar nach einer Naturkatastrophe wieder frei ist, vergeht Zeit. Streiks im öffentlichen Nah- und Fernverkehr können den Weg zur Apotheke ebenfalls erschweren.

In der Regel tragen Angestellte das Risiko, wenn sie wegen eines Unfalls oder wegen anderer Gründe zu spät zur Arbeit kommen. Das gilt auch bei extremen Wetterbedingungen oder bei anderen unvorhersehbaren Ereignissen. Das deutsche Arbeitsrecht sieht vor, dass Sie als PTA für Ihre Pünktlichkeit selbst verantwortlich sind, unabhängig von den Umständen, die zu einer Verspätung führen. Auf ein Wegerisiko bei höherer Gewalt brauchen Sie sich also nicht zu berufen. Bei außergewöhnlichen Umständen oder massiven Verkehrsstörungen könnte Ihr Wegerisiko in Einzelfällen gemildert werden.

Im deutschen Arbeitsrecht gibt es grundsätzlich keine Ausnahme oder Sonderregelung für PTA, deren Arbeitsplatz in exponierter Lage, etwa im Gebirge oder auf einer Insel, ist. Natürlich können beide Seiten Arbeitsverträge, die besonderen Situationen Rechnung tragen, individuell vereinbaren.

Zu spät zur Arbeit: Müssen Angestellte die verlorene Zeit nachholen?

Kurz zusammengefasst: Kommen Sie zu spät zur Arbeit, etwa wegen eines Unfalls, liegt das sogenannte Wegerisiko – also das Risiko, den Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen –grundsätzlich bei Ihnen. Für die Zeit, in der Sie Ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, besteht kein Anspruch auf Vergütung.

Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung, etwa im Arbeitsvertrag, gibt es keine Pflicht zur Nacharbeit. Ihre Chefin oder Ihr Chef kann aber – je nach Betriebssituation – verlangen, dass Sie wichtige Aufgaben trotz der Verspätung erledigen: beispielsweise eine Rezeptur oder eine Defektur, die niemand aus Zeitgründen bisher machen konnte.  

Sie als PTA haben aber auch keinen Anspruch darauf, die versäumte Zeit nachzuholen, um zu vermeiden, dass der Verdienst gekürzt wird (siehe unten). Das gilt unabhängig von den Ursachen, also auch, wenn Sie wegen eines Unfalls zu spät zur Arbeit kommen.

Darf die Apothekenleitung den Lohn kürzen, wenn Sie zu spät zur Arbeit kommen?

Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich das Prinzip „ohne Arbeit kein Lohn“ (§ 611 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Das gilt unabhängig davon, warum Sie zu spät zur Arbeit kommen, wegen eines Unfalls oder wegen anderer Gründe. Sie als PTA werden nur für die Zeit vergütet, in der Sie Ihre Arbeitsleistung tatsächlich erbringen. Ihre Chefin oder Ihr Chef hat ein Recht auf Lohnkürzung. Dabei handelt es sich nicht um eine Strafe, sondern lediglich um eine Kürzung Ihres Vergütungsanspruchs um die Zeit, die Sie nicht gearbeitet haben.

Ihre Apothekenleitung darf jedoch keine pauschalen Strafen oder Sanktionen in Form von übermäßigen, unproportional hohen Lohnkürzungen verhängen. Sprich: Der Abzug muss sich immer auf die tatsächlich nicht geleistete Arbeitszeit beschränken. So ist beispielsweise eine Kürzung des Lohns für den gesamten Tag unzulässig, falls Sie lediglich 30 Minuten zu spät zur Arbeit erschienen sind, vielleicht wegen eines Unfalls, Unwetters oder Streiks.

Sollte Ihre Arbeitgeberin bzw. Ihr Arbeitgeber Kürzungen vornehmen, lohnt sich eine Beratung durch erfahrene Rechtsanwältinnen bzw. Rechtsanwälte. Unser Tipp: Bei ADEXA erhalten Sie von Arbeitsrechts-Expertinnen kostenlos Auskunft und Beratung in allen arbeitsrechtlichen Fragen ab dem ersten Tag Ihrer Mitgliedschaft.

Zu spät zur Arbeit: Sind Abmahnungen oder Kündigungen möglich?

Kommen Sie einmal zu spät zur Arbeit, vielleicht wegen eines Unfalls, müssen Sie weder eine Abmahnung noch eine Kündigung befürchten. Meist bleibt es bei einer Belehrung des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin durch die Apothekenleitung.

Eine Abmahnung bei Verspätung ist zu befürchten, falls Sie ohne rechtfertigenden Grund oder ohne sich in der Apotheke abzumelden wiederholt oder erheblich zu spät kommen. Dabei muss die Abmahnung den Sachverhalt konkret beschreiben, das Fehlverhalten beanstanden und darauf hinweisen, dass im Wiederholungsfall mit einer Kündigung zu rechnen ist. Die Abmahnung darf nicht bei geringfügigen oder einmaligen Verspätungen, die den Betriebsablauf kaum beeinträchtigen, erfolgen. Für betroffene PTA ist dies als Warnung zu verstehen, dass bei weiteren Verstößen arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen. Warum sie zu spät zur Arbeit kommen, beispielsweise wegen eines Unfalls, ist unerheblich.

Eine Kündigung bei mehrfachen Verspätungen stellt in der Regel das letzte Mittel dar. Ihre Arbeitgeberin oder Ihr Arbeitgeber muss Sie zuvor abgemahnt haben, es sei denn, das Zuspätkommen ist so gravierend, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird. Das kann passieren, wenn Sie mehrfach zu spät zur Arbeit kommen, unabhängig vom Grund.

Im Einzelfall kann eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, falls Sie trotz Abmahnung weiterhin zu spät zur Arbeit kommen – wegen eines Unfalls oder wegen anderer Gründe. Dabei ist entscheidend, ob das Zuspätkommen den Betriebsablauf erheblich stört oder zu ernsthaften Nachteilen für den Arbeitgeber führt, beispielsweise durch ein Abwandern von Kundinnen und Kunden zu anderen Apotheken. Zuvor muss die Chefin bzw. der Chef eine Abmahnung ausgesprochen haben.

Solche Fälle sind selten; sie erfordern eine genaue Prüfung des Einzelfalls. Falls Sie etwa wegen eines Unwetters, Streiks oder Unfalls ihren Arbeitsplatz zu spät erreichen, fließt das in die Bewertung ein. Meist liegt meist kein schuldhaftes Verhalten von Angestellten vor, weshalb eine Abmahnung oder Kündigung unverhältnismäßig wäre. Lassen Sie sich im Zweifelsfall durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht beraten.

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