Nahaufnahme einer Blutdruckmessung in der Apotheke© nortonrsx / iStock / Getty Images Plus
Endlich bekommen Sie Dienstleistungen wie beispielsweise das Blutdruckmessen von der Krankenkasse vergütet.

Apotheke vor Ort

ABDA GEWINNT KAMPF UM PHARMAZEUTISCHE DIENSTLEISTUNGEN

Ab sofort können Sie Ihren Kund*innen in der Apotheke fünf pharmazeutische Dienstleistungen anbieten, die von der Krankenkasse übernommen werden. Die rechtliche Grundlage besteht schon länger, doch der Diskurs hielt an. Bis jetzt.

Seite 1/1 3 Minuten

Seite 1/1 3 Minuten

Blutdruck oder Blutzucker messen sowie zu einer Dauermedikation zu beraten beherrschen die meisten Apothekenmitarbeiter*innen wohl aus dem Effeff. Für die eine Tätigkeit bekam man ein kleines Entgelt (vom Kunden bzw. von der Kundin entrichtet), für alles weitere in der Regel ein dankbares Lächeln.

Nun kommt das Novum: Sie werden von der Krankenkasse für Ihre Leistung vergütet. „Das ist ein Meilenstein für die Patientenversorgung. Mit den neuen Leistungen können wir Versorgungsdefizite beheben und die Effizienz der individuellen Arzneimitteltherapie verbessern“, sagt Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

Fünf (neue) pharmazeutische Dienstleistungen

Folgende fünf pharmazeutische Dienstleistungen darf eine Apotheke nun offiziell anbieten:

  • eine erweiterte Arzneimittelberatung bei Polymedikation,
  • die pharmazeutische Betreuung von Menschen nach Organtransplantation, die Immunsuppressiva einnehmen,
  • die pharmazeutische Betreuung von Menschen mit oraler Tumortherapie,
  • die standardisierte Risikoerfassung von Hypertonie-Patient*innen (Menschen, die einen ärztlich diagnostizierten Bluthochdruck haben und dagegen Medikamente einnehmen),
  • Beratung und Betreuung von Menschen, die Inhalanda einnehmen, also das korrekte Zeigen und gemeinsame Üben der Inhalationstechnik für alle Kund*innen ab sechs Jahren.

Die rechtliche Grundlage bildet das 2020 in Kraft getretene Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG). Doch der Deutsche Apothekenverband musste lange mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verhandeln – nun ist das Urteil nach Schiedsspruchverkündung Mitte Mai da. Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekenverbandes, kommentiert das Urteil so: „Wir haben lange für die pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft und verhandelt“. „Jetzt gibt es ein gutes Leistungsportfolio, das die Apotheken auch im Interesse der Patienten umsetzen können, ohne dass es dazu einer ärztlichen Verordnung bedarf.“

Verwaltung und Vergütung

Wirklich neu ist die Art und Weise, wie mit den pharmazeutischen Dienstleistungen umgegangen wird. Denn bei der Abgabe eines Inhalators gehörte und gehört weiterhin die Beratung einfach dazu. Nun gilt jedoch, sollten Kund*innen eine pharmazeutische Dienstleistung wahrnehmen wollen, sollte diese in einem diskreten Rahmen, vorzugsweise einem Beratungsraum, stattfinden. Das Vorgehen muss in das Qualitätsmanagement der Apotheke eingepflegt werden. Die Abrechnung aller Dienstleistungen erfolgt quartalsweise über den Nacht- und Notdienstfond, daher ist eine genaue Dokumentation unerlässlich. Zuvor muss zwischen beiden Parteien (Apotheke und Patient*in) ein Behandlungsvertrag abgeschlossen werden. Die Medikationsanalyse sowie die pharmazeutische Betreuung von Menschen nach Organtransplantation beziehungsweise unter oraler Tumortherapie darf nur von Apotheker*innen mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden.

Die Leistungen plus Vergütung im Überblick
● Einmal alle zwölf Monate haben alle Patient*innen mit diagnostiziertem Bluthochdruck und einem Antihypertensivum Anspruch auf eine Blutdruckmessung. Bei Wechsel der Medikation auch öfter. Sie dürfen 11,20 Euro netto abrechnen.
● Ebenfalls einmal alle zwölf Monate, beziehungsweise bei Wechsel häufiger, haben alle gesetzlich Krankenversicherten mit einer Atemwegserkrankung unter inhalativer Therapie Anspruch auf eine Einweisung oder das gemeinsame Üben der Inhalationstechnik. 20 Euro netto bekommen Sie für jede Beratung dazu.
● Kund*innen, die mehr als fünf systemisch wirksame, verschreibungspflichtige Medikamente einnehmen, haben Anspruch auf eine erweiterte Medikationsberatung. Das aufwandsstarke Angebot wird mit einmalig 90 Euro netto vergütet.
● Bei Tumorpatient*innen oder solchen unter immunsuppressiver Therapie findet eine ähnliche Analyse statt, ebenfalls mit dem Ziel arzneimittelbezogene Probleme zu erkennen, zu lösen und zu verhindern. Auch Bedenken und Sorgen bezüglich der Therapie sollen geklärt werden. In Anspruch genommen kann die Dienstleistung innerhalb des ersten Halbjahres nach Neuverordnung beziehungsweise bei einem Wechsel der Therapie. Die Anzahl der eingenommenen Medikamente ist allerdings unerheblich. 90 Euro netto kann hierfür abgerechnet werden, das Folgegespräch (nach zwei bis sechs Monaten) nach der Bestandsaufnahme wird mit 17,55 Euro netto vergütet.

Deutlicher Appell von der ABDA-Präsidentin

In einem Viedeostatement sicherte Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der ABDA, die Unterstützung der öffentlichen Apotheke durch die ABDA zu. In Kürze sollen Informationsmaterialien, Arbeitshilfen sowie neue Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für das pharmazeutische Personal zur Verfügung stehen. Dafür soll eine neue Webseite eingerichtet werden. Gleichzeitig betont sie den Kampf der Berufsvertretung in der Vergangenheit und appelliert an alle Kolleg*innen, diese Chance nun wahrzunehmen und die pharmazeutischen Dienstleistungen zur „Erfolgsgeschichte“ zu machen.

Quellen:
https://www.youtube.com/watch?v=wnt5H0Ko2-M
ABDA
Pharmazeutische Zeitung
Aponet

×