Eine Frau steht leicht gekrümmt und hält sich den Bauch. Als Illustration angedeutet sieht man den Dick- und Dünndarm. Neben ihr steht ein Arzt, er hält Untersuchungsergebnisse in der Hand, auf denen auch ein Mikroskopie-Bild einer Gewebeprobe zu sehen ist.© Henadzi Pechan / iStock / Getty Images Plus
Colitis Ulcerosa und Morbus Crohn sind bislang nicht heilbar, beeinträchtigen die Betroffenen aber meist beträchtlich.

Zulassungserweiterung

GUSELKUMAB – BALD AUCH BEI MORBUS CROHN UND COLITIS ULCEROSA?

Rund 650 000 Menschen in Deutschland sind von den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa betroffen. Bei vielen mindert die Erkrankung die Lebensqualität. Heilung gibt es bisher nicht, doch ein bereits bekannter Antikörper könnte nun auch diesen Patienten helfen.

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Am 1. Mai verkündete die Firma Johnson & Johnson, für ihr Präparat Tremfya® eine europaweite Zulassungserweiterung für Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa beantragt zu haben.
Das könnte Betroffenen Hoffnung machen.

Der monoklonale Antikörper Guselkumab ist bisher zugelassen gegen schwere Formen der Schuppenflechte und der Psoriasis-Arthritis.
Sollte die Europäische Arzneimittelagentur EMA zustimmen, profitieren bald Menschen, bei denen bisher keine Behandlung hilft.

Psoriasis-Medikament bei entzündlichen Darmerkrankungen

Grundlage für die beantragte Zulassungserweiterung stellen zwei große internationale Studien mit den klingenden Namen QUASAR und GALAXI dar. Bei QUASAR handelt es sich um eine in Schweden registrierte Studie mit rund 1000 Colitis-Ulcerosa-Patienten, für GALAXI wurden sogar 2000 Morbus-Crohn-Erkrankte untersucht.

Bei allen erwachsenen Teilnehmern wirkten Standardtherapeutika wie Cortison und Thioprin nicht oder wurden nicht vertragen, ebenso Biologika.
Sie litten unter mittelschwerem bis schwerem Verlauf ihrer Erkrankung, ihre Diagnose lag mindestens drei Monate zurück.
Beide Studien waren placebokontrolliert, randomisiert, multizentrisch und doppelblind.

Guselkumab erwies sich in beiden Studien als signifikant überlegen gegenüber Placebo, während das Sicherheitsprofil sich nicht von dem bei den zugelassenen Indikationen Psoriasis und Psoriasis-Arthritis unterschied.

Bei Colitis Ulcerosa besserten sich die Beschwerden bei über 60 Prozent der Studienteilnehmer innerhalb von 12 Wochen, in der Placebogruppe waren es nur rund 27 Prozent.
Morbus Crohn-Erkrankte profitierten ähnlich binnen 48 Wochen.

An beide Studien schloss sich jeweils eine Langzeitbeobachtungsphase an, so dass die Gesamtdauer bei beiden fünf Jahre betrug. Die Besserung der Beschwerden setzte sich langfristig fort.

Gute Verträglichkeit

Das Nebenwirkungsprofil von Guselkumab umfasste wie erwartet

  • Atemwegsinfektionen,
  • Anstieg der Leberenzyme,
  • Kopfschmerzen,
  • gastrointestinale Beschwerden,

sowie selten

  • systemische Infektionen,
  • Blutbildveränderungen oder Überempfindlichkeitsreaktionen.

All dies entspricht, so erklärt die Firma in ihrer Pressemitteilung, den bisher bekannten Nebenwirkungen des Wirkstoffs bei den zugelassenen Indikationen.

Wirkmechanismus Guselkumab

Guselkumab ist der bisher einzige vollkommen humane monoklonale Antikörper, der an die p19-Untereinheit des Interleukins IL-23 bindet und es so wirksam hemmt. Dieses Zytokin schütten aktivierte Makrophagen aus.
Es spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis. Auch Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa sind Autoimmunerkrankungen.

Zugelassen ist Guselkumab bisher gegen mittelschwere bis schwere Formen der Plaque-Psoriasis sowie gegen Psoriasis-Arthritis, wenn andere Therapien nicht erfolgreich waren oder nicht vertragen wurden.
Sollte die EMA der Zulassungserweiterung zustimmen, könnten diejenigen Betroffenen profitieren, für die bisher keine passende Therapie gefunden wurde.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen verlaufen sehr unterschiedlich. Während bei Morbus Crohn der gesamte Verdauungstrakt vom Mund bis zum After betroffen sein kann und Fisteln und Stenosen häufig vorkommen, äußert sich Colitis Ulcerosa ausschließlich im Dickdarm.
Dieser kann stark Schaden nehmen und wird häufig bindegewebsartig verändert, wodurch er seine Funktion zumindest teilweise einbüßt. Auch das Krebsrisiko ist bei Colitis Ulcerosa erhöht. Beider Erkrankungen verlaufen oft schubweise, Operationen mit Entfernung von Teilen des Darms sind an der Tagesordnung.

Bei rund einem Viertel der an Morbus Crohn Erkrankten und bei etwa sechs Prozent derer, die an Colitis Ulcerosa leiden, ist die Erkrankung mehr oder weniger dauerhaft aktiv.
Die Beschwerden belasten Betroffene oft sehr und schränken den Alltag stark ein. Eine neue Therapieoption könnte hier Besserung bringen.


Quellen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/238581/Guselkumab-144-Wochen-Daten-zu-MC-Anhaltende-Remission
https://www.clinicaltrialsregister.eu/ctr-search/trial/2018-004002-25/SE/
https://www.clinicaltrialsregister.eu/ctr-search/trial/2017-002195-13/ES
https://www.gastrojournal.org/article/S0016-5085(23)04963-6/fulltext
https://www.janssen.com/johnson-johnson-submits-supplemental-biologics-license-application-us-fda-seeking-approval-tremfyar
https://www.thelancet.com/journals/langas/article/PIIS2468-1253(23)00318-7/abstract
https://www.aerzteblatt.de/archiv/232671/Chronisch-entzuendliche-Darmerkrankungen-Status-quo-und-was-die-Zukunft-bringen-kann


„Johnson & Johnson submits regulatory applications to European Medicines Agency for TREMFYA® (guselkumab) for treatment of patients with ulcerative colitis and Crohn’s disease”, Pressemitteilung vom 1. Mai 2024, Johnson & Johnson GmbH 

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