Helicobacter pylori: oblonge Bakterien mit vier langen Geißeln an einem Ende© K_E_N/iStock/Getty Images Plus
Cleverer Trick: Helicobacter pylori umgibt sich mit einer Ammoniakwolke, um sich vor Magensäure zu schützen. Den Mechanismus dahinter nutzen Forschende der Uni Ulm jetzt für einen einfachen und günstigen Atemtest.

Magenschleimhautentzündung

ATEMTEST FÜR HELICOBACTER PYLORI IN ENTWICKLUNG

Magenschmerzen, Sodbrennen, Reflux – oft steckt der Magenkeim Helicobacter pylori dahinter. Doch eine Diagnose dauert, denn meist braucht es eine Magenspiegelung. Wird ein neuer, mobiler Helicobacter-Atemtest die Diagnostik von Magenschleimhautentzündungen revolutionieren?

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Wer sich heute mit Magenbeschwerden wie Sodbrennen, Reflux oder Magenschmerzen herumschlägt, der muss erst mal warten. Denn für die umfassenden gastroenterologischen Untersuchungen ist in der Regel ein Facharzttermin notwendig. Dort wird durch Ultraschall und Magenspiegelung nachgeschaut, ob eine organische Ursache, zum Beispiel der Befall mit Helicobacter pylori, für die Beschwerden verantwortlich ist.

Wie praktisch wäre es, wenn die Ärzt*innen in der Hausarztpraxis bei Verdacht auf einen Befall mit dem Magenkeim einen kleinen Sensor mit ihrem Smartphone verbinden und rasch einen Atemtest auf Helicobacter pylori durchführen könnten. An dieser Technik forschen derzeit Professor Boris Mizaikoff und sein Team des Instituts für Analytische und Bioanalytische Chemie an der Universität Ulm.

Mobiler Sensor für Atemtest

Der Prototyp für den Helicobacter-Atemtest ist bereits handlich. Doch die Forschenden gehen davon aus, dass sich die Technik noch weiter verkleinern und vereinfachen lässt, sodass der mobile Sensor bereits für 20 Euro verkauft werden könnte. In der Praxis kann er dann mit einem Smartphone verbunden werden und über die ausgeatmete Luft einen Befall mit Helicobacter pylori nachweisen. Warum war das bislang nicht möglich?

Es gibt einen Atemtest, mit dem Helicobacter pylori nachgewiesen werden kann, und zwar sehr genau und schnell. Doch dieser Test ist teuer, daher zahlen ihn die Gesetzlichen Krankenkassen nur unter bestimmten Bedingungen, zum Beispiel bei Kindern.

Was macht den neuen Atemtest nun so preiswert? Die Technik. Denn die Forschenden setzen auf ein spektroskopisches Verfahren im mittleren Infrarot-Bereich (MIR), das preiswert und gut zu verkleinern ist. Herkömmliche Tests detektieren Helicobacter mit der aufwendigeren, teuren Massenspektrometrie.  

Magenkeim Helicobacter Pylori:
häufigste Ursache einer chronischen Magenschleimhautentzündung

Bei Helicobacter pylori handelt es sich um ein gramnegatives Stäbchenbakterium, das sich im Magen von Menschen ansiedelt und dort die Schleimhaut angreift. Die Magenschleimhautentzündung kann so massiv ausfallen, dass Geschwüre entstehen können oder auf lange Sicht Magenkrebs.

Ein Befall mit Helicobacter pylori muss daher immer mit einer Kombination aus Antibiotika und Protonenpumpeninhibitor behandelt werden. Eine Impfung gibt es nicht. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral.

Eigentlich ist das Magenmilieu so sauer, dass Bakterien nicht überleben. Helicobacter pylori baut sich seinen eigenen basischen Schutzschild mithilfe des Enzyms Urease. Das Enzym spaltet Harnstoff in Kohlenstoffdioxid und basisches Ammoniak, das die Magensäure abpuffert. Und so kann es dann eben doch zu einer Magenschleimhautentzündung kommen.

So funktioniert der neue Helicobacter-Atemtest

Der basische Tarnumhang wird Helicobacter pylori nun zum Verhängnis. Denn der Atemtest kann das bei der Harnstoffspaltung entstandene Kohlenstoffdioxid detektieren und darüber einen Befall mit dem Magenkeim feststellen.

Da sich in der Luft, die wir ausatmen, auch Kohlenstoffdioxid befindet, muss für den Atemtest das „Helicobacter-CO2“ markiert werden. Dafür erhalten die Proband*innen C13-Kohlenstoff. Das stabile Isotop unterscheidet sich vom normalen C12-Kohlenstoff durch ein zusätzliches Neutron im Atomkern. C13 und C12 absorbieren Infrarotlicht unterschiedlich stark. Und dieser Unterschied kann mit dem Sensor festgestellt und somit ein Befall mit Helicobacter pylori eindeutig festgestellt werden.

Den Sensor kann man sich vereinfacht wie einen kleinen, hohlen Würfel vorstellen, der über eine Infrarotlichtquelle verfügt. Die Atemluft der Proband*innen wird durch einen kleinen Kanal im Boden geleitet und mit Strahlung beschossen, die von den Wänden reflektiert und gleichzeitig gemessen wird. Die Kohlenstoffdioxid-Partikel absorbieren einen Teil der Strahlung. Dieser Unterschied wird detektiert und angezeigt, zum Beispiel auf dem Smartphone.

Die Technik könnte die Diagnostik künftig stark vereinfachen und dazu führen, dass Betroffene schneller therapeutisch behandelt werden können.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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