Eine Zeichnung von einem Kind, das im Dunkeln auf seinem Bett sitzt und ein übergroßes Monster mit leuchtenden Augen und zahlreichen Tentakeln anschaut.© Grandfailure / iStock / Getty Images Plus
Schreckgespenster mit Tentakeln müssen nicht übergroß und der Fantasie entsprungen sein. Krebszellen nutzen tentakelartige Strukturen, um das Immunsystem auszutricksen.

Tumor-Tentakeln

UNTERM RADAR - WIE KREBSZELLEN DEM IMMUNSYSTEM ENTWISCHEN

Unser Immunsystem schützt uns nicht nur vor schädigenden Umwelteinflüssen, Viren oder Bakterien. Sondern auch vor uns selbst. Trotzdem entarten Zellen immer mal und es entstehen Krebszellen. Wie machen bösartige Tumorzellen das nur?

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Unkontrollierte Zellteilung kann immer ablaufen, es müssen nur kleine Stellschrauben in unserem körpereigenen Überwachungssystem falsch gestellt sein. Doch bevor es zu Wucherungen kommt, wird eine Spezialeinheit unseres Immunsystem aktiv und beseitigt die entarteten Zellen.

Doch da es Krebserkrankungen gibt, muss es Situationen geben, in denen unseren Immunzellstreifen diese Zellen entgehen, sie die jeweiligen Zelloberflächenmerkmale nicht erkennen. Diesen Tumorschutzmechanismen schenkt die Krebsforschung daher große Aufmerksamkeit. Zum Beispiel ein Team aus US-Wissenschaftler*innen unter der Leitung der Harvard Medical School in Boston. Auf kleinster Ebene – im Nanometerbereich – untersuchen sie die Interaktionen zwischen Krebs- und Immunzellen. Und wurden vor kurzem bei Brustkrebszellen fündig.

Krebszellen fahren Tentakeln aus

Im Rasterelektronenmikroskop wurden tentakelartige Gebilde sichtbar – jedes einzelne Röhrchen um ein Vielfaches feiner als ein menschliches Haar. Mittels Fluoreszenzfärbung konnten die Teams zeigen, dass die Krebszellen den eingefangenen Immunzellen durch ihre Tentakel die Mitochondrien absaugen. „Indem wir die intrazellulären Strukturen beobachteten, sahen wir, wie diese zarten Nanoröhrchen den Immunzellen die Energiequelle stahlen“, sagt Senior-Autor Hae Lin Jang von der Harvard Medical School. „Dies war sehr aufregend, weil diese Art von Verhalten noch nie zuvor bei Krebszellen beobachtet worden war.“

„Wir sahen, wie diese zarten Nanoröhrchen den Immunzellen die Energiequelle stahlen.“

Ein genialer Schachzug, denn so wird einerseits das Immunsystem geschwächt, andererseits gewinnen die Krebszellen an Kraft. „Krebs ist tödlich, wenn das Immunsystem unterdrückt wird und die Krebszellen metastasieren können, und es scheint, dass diese Nanoröhrchen ihnen bei beidem helfen können“, sagt Erst-Autor Tanmoy Saha von der Harvard Medical School.

Tentakel zerstört, Krebsentstehung gehemmt

Der Energiestaubsauger mag einen klugen Schachzug darstellen, aber er macht auch angreifbar. In Zellkulturen konnten die Wissenschaftler*innen zeigen, dass sich die Ausbildung der Tentakel unterdrücken lässt. Die dafür nötigen Substanzen wurden bereits im Mausmodell getestet und konnten in Kombination mit weiteren Behandlungsmöglichkeiten dazu beitragen, dass sich der Tumor nicht weiter ausbreitet.

„Eines der Ziele in der Krebsimmuntherapie ist es, Kombinationen von Behandlungen zu finden, die die Ergebnisse verbessern können“, sagt Saha. „Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass ein Hemmstoff für die Bildung von Nanoröhrchen mit Krebsimmuntherapien kombiniert und getestet werden könnte, um zu sehen, ob er die Ergebnisse für die Patienten verbessern kann.“

Quelle: Wissenschaft.de

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