Tarifgehalt
BÜRGERGELD FÜR PTA?
Seite 1/1 4 Minuten
Das neue Bürgergeld-Gesetz ersetzt das Arbeitslosengeld II und nennt dies die Aufrechterhaltung eines „menschenwürdigen Existenzminiums“. Wird das Existenzminimum finanziell nicht erreicht, können nicht nur arbeitslose Menschen Bürgergeld beantragen, sondern auch solche, die einer Entgelt-Beschäftigung nachgehen, ihren Lebensunterhalt aber dennoch nicht bestreiten können. Wer in hochpreisigen Städten wie München oder Stuttgart wohnt, kennt sicherlich Geschichten von Kolleg*innen, die eine Stelle nicht annahmen, da sie sich die Mieten dort nicht leisten konnten.
„Das PTA-Gehalt ist gerade genug zum Überleben, aber zu wenig zum Leben“, fanden noch 2021 89 Prozent der befragten PTA in einem großen Gehaltsreport. Damals lag das Einstiegsgehalt einer PTA laut Tarifvertrag bei 2149 Euro – und das einer PKA sogar nur bei 1808 Euro. In München galt man damit laut offizieller Stelle bereits als armutsgefährdet.
Wenn das verdiente Geld zum Leben nicht reicht
Mittlerweile sind beide Gehälter auf 2419 beziehungsweise 2156 Euro gestiegen. Jedoch ist auch hier laut Tarifvertrag nach 15 Berufsjahren und entsprechenden stufenweisen Erhöhungen das Ende der Fahnenstange erreicht. Mehr als 3072 beziehungsweise 2587 Euro brutto können beide Berufsgruppen bei einer Bezahlung nach Tarif nicht verdienen.
Anfang des Jahres 2023 hat das Bürgergeld das bisherige Arbeitslosengeld II (Hartz IV) abgelöst. Grundsätzlich ist das Bürgergeld für Menschen gedacht, die ihren Lebensunterhalt nicht allein decken können – dazu gehören nicht nur von Arbeitslosigkeit Betroffene, sondern eben alle Erwerbstätigen ab 15 Jahren.
Die Regelsätze liegen beim Bürgergeld höher als beim Arbeitslosengeld II (für Alleinstehende beispielsweise bei 502 Euro). Grundvoraussetzung ist, dass eine Hilfebedürftigkeit festgestellt wurde. „Hilfebedürftig sind Sie, wenn Sie Ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der eventuell mit Ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern können und Sie die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten“, heißt es von der Bundesagentur für Arbeit.
Das bedeutet im Klartext: Auch Erwerbstätige mit einem Job – wie PTA und PKA in der Apotheke – können Bürgergeld beantragen und damit ihr Gehalt aufstocken.
Mehr zum Thema PTA-Beruf und Gehalt:
So errechnet sich das Bürgergeld
Die Höhe des Bürgergeldes ist hier ein so genannter Ergänzungsbetrag. Der errechnet sich anhand des jeweiligen Bedarfs, des Einkommens und des Vermögens. Als Bedarf wird die Summe angenommen, die Angestellten und ihrer Familie für den Lebensunterhalt zusteht – zusammengesetzt aus einem festen Regelbedarf sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung.
Um den jeweiligen Anspruch zu errechnen, wird das Einkommen vom ermittelten Bedarf abgezogen. Lediglich ein gewisser Teil bleibt als Freibetrag unberücksichtigt. Wie hoch dieser ausfällt, richtet sich nach der Höhe des Einkommens und der Sozialversicherungsbeiträge. Bleibt nach Abzug des Einkommens vom Bedarf eine Restsumme, wird diese als Ergänzungsbetrag über das Bürgergeld ausgezahlt.
Kommentar
Es ist eine Schande. Dass überhaupt darüber diskutiert und informiert wird, wie eine PTA Bürgergeld beantragen kann, da ihr Gehalt womöglich für den normalen Lebensunterhalt nicht reicht, müsste eigentlich zum gerechten Zorn der Beschäftigten führen.
Dass das Einstiegsgehalt einer oder eines PKA noch vor ein paar Jahren sogar unter der Mindestlohngrenze lag und man es erst daraufhin eilig „anpasste“ ist ein weiteres Armutszeugnis in dieser Scharade.
Fest steht: Beide Gehälter sind zu niedrig, auch darum, weil eine PTA nach etlichen Berufsjahren oft Teilzeit arbeitet – unter anderem weil sie ihre Kinder großzieht, manchmal auch allein. Und dann noch weniger verdient als eine Berufseinsteigerin in Vollzeit.
Eigentlich könnte man es doch so handhaben wie Gesundheits- und Krankenpfleger*innen: Krankenschwestern und Krankenpfleger, die übrigens von Anfang an deutlich mehr verdienen als PTA, gehen öfters mal auf die Straße und streiken, sitzen in Talkshows im Fernsehen. Warum tun wir das nicht? Ein Grund dafür könnte sein, dass PTA per se häufig Idealist*innen sind. Trotzdem würde ich mir wünschen, dass wir uns wehren. Wir unterziehen uns einer langen, anspruchsvollen Ausbildung, legen am Schluss zwei Examina ab und arbeiten dann in einem verantwortungsvollen Beruf, in dem es durchaus auch mal um ein Menschenleben gehen kann.
Die Kehrseite der Medaille ist dann der Fachkräftemangel in der Offizin: Apotheken bekommen kaum noch Personal. Und wenn, legen sie laut einer nicht repräsentativen Umfrage zufolge gern eine Schippe drauf aufs Tarifgehalt: Einige Euro mehr plus ein Benzingutschein sind dann eine hübsche Idee. Doch eigentlich würde man sich wünschen, dass generell ein vernünftiges Tarifgehalt für PTA und PKA ausgehandelt würde – sodass hier gar nicht erst diskutiert werden muss, ob vielleicht Bürgergeld beantragt werden muss oder nicht.