Die Umrisse eines Magens sind mit Moos bewachsen.© DOERS / iStock / Getty Images Plus
Pflanzliche Mittel sind bei chronischen Magenbeschwerden beliebt - dabei wirken viele nicht nachweislich.

Studienlage

PHYTOPHARMAKA BEI REIZMAGEN WENIG WIRKSAM

Bis zu 30 Prozent der Weltbevölkerung leiden unter einem Reizmagen. Die teils starken Beschwerden stören den Alltag der Betroffenen meist erheblich. Ein Team von Autoren hat sich pflanzliche Wirkstoffe bei Reizmagen genau angeschaut. Helfen sie überhaupt?

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In der betreffenden Analyse der Cochrane Library finden sich 41 Studien zu 27 pflanzlichen Mitteln, die die Experten sorgfältig untersucht haben. Sie fanden heraus: Ein guter Wirknachweis bleibt Mangelware.

Zu vielen pflanzlichen Präparaten fanden die Autoren der Analyse nur wenige oder einzelne Studien. Nur zwei Präparate zeigen verlässlich, dass sie besser sein könnten als Placebo.

Studien zu pflanzlichen Alternativen fehlen

Bei den erwiesenermaßen wirksamen Produkten handelt es sich um Kapselpräparate, und zwar zum einen um eine Kombination aus Pfefferminz- und Kümmelöl und zum anderen um Curcumin aus Curcuma longa. Beide konnten über vier Wochen die Beschwerden der Teilnehmenden lindern. Die Vertrauenswürdigkeit der Studien bewerten die Autoren als moderat.

Das ist besser als beim Blockbuster. Die in Deutschland beliebten Magentropfen mit einem Extrakt aus neun verschiedenen Pflanzen wurde zwar in sechs Studien untersucht, allerdings ist deren Aussagekraft gering. Das liegt unter anderem an methodischen Mängeln der Untersuchungen, an uneinheitlichen Ergebnissen und an Unsicherheiten bei der Angabe der Wirkung. Die Vertrauenswürdigkeit wird mit gering angegeben.

Die Vertrauenswürdigkeit von Studienergebnissen wird mittels des Bewertungssystems GRADE eingeschätzt. GRADE steht für Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation, also für die Bewertung verschiedenster Faktoren einer Studie. Ein Vier-Stufen-System von hoch bis sehr niedrig zeigt an, wie verlässlich die Ergebnisse sind.
Die Cochrane Library ist eine weltweite, unabhängige Organisation, die wissenschaftliche Untersuchungen neutral bewertet und offen zugänglich macht. Cochrane Deutschland arbeitet als gemeinnützige Stiftung, die vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert wird.

Viele Phytopharmaka bei Reizmagen nur Placebos

Bei 14 Pflanzen wie Schwarzkümmel, Ingwer, Artischocke, rotem Pfeffer oder Anis fanden die Autoren nur einen mit Placebo vergleichbaren Effekt. Zimtöl und Mentha pulegium (Polei-Minze) wirken wenig bis gar nicht. Mentha longifolia (Rossminze) kann die Beschwerden sogar verstärken, und bei rotem Pfeffer traten häufiger Nebenwirkungen auf.

Mehr Daten nötig

Insgesamt schätzen die Autoren die Ergebnisse aber als wenig aussagekräftig ein. Sie bemängeln: In den meisten Untersuchungen fehlen Angaben dazu, wie die Diagnose Reizmagen genau gestellt wurde. Das macht die Ergebnisse schlecht vergleichbar.

Außerdem wurde das Wohlergehen der Teilnehmer nicht beobachtet und die Studien beschränken sich auf kurze Zeiträume von maximal 12 Wochen. Da ein Reizmagen aber ein chronisches Leiden ist, fordern die Autoren dringend Langzeitstudien.

Was bedeutet Reizmagen?

Als Reizmagen oder auch funktionelle Dyspepsie bezeichnet man das wiederholte oder dauerhafte Auftreten von Oberbauchbeschwerden ohne organische Ursache. Schmerzen, Brennen, Völlegefühl oder saures Aufstoßen können ebenso auftreten wie Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten.

Zunächst führt man Blut-, Ultraschall- und Endoskopie-Untersuchungen durch, um organische Ursachen auszuschließen. Das könnten zum Beispiel Entzündungen, Infektionen oder Geschwüre sein. Erst, wenn alle Tests ohne Ergebnis bleiben, stellt der Arzt die Ausschlussdiagnose Reizmagen. Die Therapie beschränkt sich auf die Linderung der Beschwerden.

Hauptursache des Reizmagens: Das vegetative Nervensystem im oberen Verdauungstrakt reagiert bei den Betroffenen überempfindlich. Durch die Überreizung der Nervenbahnen sind auch Herzrasen, Herzstechen, Kreislaufprobleme oder vermehrtes Schwitzen möglich.

Bei Blut im Stuhl, Nachtschweiß oder Gewichtsverlust muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Denn diese Beschwerden sind untypisch für einen Reizmagen und können auf ernste Erkrankungen hindeuten.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news816969
Báez G, Vargas C, Arancibia M, Papuzinski C, Franco JVA : „Pflanzliche Arzneimittel, die nicht Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin sind, bei funktioneller Dyspepsie“, Cochrane Library, 15. Juni 2023. https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013323.pub2/full/de
https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/reizmagen/anzeichen-symptome-eines-reizmagens.html
https://link.springer.com/article/10.1007/s00120-021-01471-2
https://www.cochrane.de/unsere-missio

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