Auf einem aufgeklappten Laptop steht ein kleines Päckchen voller loser Tabletten und Kapseln.© cyano66 / iStock / Getty Images Plus
Wer seine Arzneimittel online bestellt, um Geld zu sparen, sollte keine Ansprüche an die Beratungsqualität des Versenders haben. Das hat die Stiftung Warentest ermittelt.

Stiftung Warentest

ONLINE-APOTHEKEN BERATEN BESTENFALLS BEFRIEDIGEND

Die Stiftung Warentest hat elf Versandapotheken untersucht, sich beraten lassen und Arzneimittel-Kombinationen bestellt, bei der jeder PTA im Handverkauf sich die Haare sträuben würden. Das wenig überraschende Fazit: Gute Beratung gibt es wohl nur vor Ort.

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Für ihre April-Ausgabe haben pharmazeutische Experten der Stiftung Warentest im vergangenen August bis November und Dezember elf Versand-Apotheken geprüft, darunter sowohl Anbieter aus Deutschland als auch aus dem EU-Ausland. Im Januar und Februar folgte eine Befragung der getesteten Apotheken, außerdem verglichen sie die Preise von Cetirizin und Paracetamol zu bestimmten Stichtagen.

Nun stehen die Ergebnisse fest, und die schmeicheln dem Online-Versand nicht. Nur eine einzige Apotheke schnitt gut ab, aber selbst die erreichte im Punkt „fachliche Qualität“ nur ein „Befriedigend“. Hier die Ergebnisse im Detail.

Welche Online-Apotheken hat die Stiftung Warentest wie untersucht?

Unter den elf getesteten Apotheken waren:

  • Apodiscounter.de
  • Aponeo.de
  • Apotal.de
  • Docmorris.de
  • Eurapon.de
  • Medikamente-per-klick.de
  • Medpex.de
  • Mycare.de
  • Sanicare.de
  • Shop-apotheke.com
  • Volksversand.de

Die Tester stellten den Versendern je sieben Aufgaben:
Sie orderten Omeprazol und Pantoprazol, die Apotheke sollte die Doppelmedikation erkennen und verhindern.
Sie orderten vier Packungen eines freiverkäuflichen Sumatriptan-Präparats. Zu erkennen galt es, dass die freiverkäufliche Höchstmenge überschritten war.
Die Versand-Apotheken mussten je zwei Wechselwirkungen zwischen verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Arzneimitteln erkennen: einmal von Itraconazol und Pantoprazol, einmal von Methotrexat und Ibuprofen.
Im Beratungsgespräch wurde die Kompetenz des Personals untersucht: zu Probiotika, einem Schlafmittel und einem Antazidum.

Die fachliche Kompetenz war jedoch nicht das alleinige Kriterium für Stiftung Warentest. Das Ergebnis setzte sich aus vier Bereichen zusammen:

Fachliche Qualität55 %
Service25 %
Gestaltung der mobilen Website  15 %
Datenschutz5 %

Online-Apotheken im Test: Das sind die Ergebnisse

Während in puncto Service noch viele Versand-Apotheken überzeugten, war bei der fachlichen Beratung keine besser als befriedigend. Testsieger mit einem knappen „Gut“ (2,5) ist DocMorris. Die Beratung erhielt jedoch nur ein „Befriedigend“, der Datenschutz gerade noch so ein „Befriedigend“ (3,5). Allerdings konnte der Anbieter dies mit guten Service (1,7) und einer guten mobilen Website (2,2) ausgleichen.

Der umsatzstärkste Wettbewerber Shop Apotheke erhielt insgesamt die Note „Befriedigend (3,4)“. Auch hier glichen eine gute Website und guter Service einen befriedigenden Datenschutz (3,5) und eine ausreichende Fachqualität (3,9) aus. Schlusslicht in Sachen Beratung sind die mangelhaft getesteten Anbieter Medikamente-per-Klick (4,8) und die DocMorris-Tochter Apotal (5,0). Dazu meint Stiftung Warentest: „Insgesamt sind die aufgedeckten Schwächen bei der Beratung bedenklich. Wer die beiden wegen möglicher Preisevorteile nutzt, darf fachlich nichts erwarten. Denn wer schlecht informiert wird, bekommt womöglich die falsche Therapie und riskiert Schäden.“

GutDocMorris
Befriedigend  Medpex, Sanicare, Apodiscounter, Aponeo, Shop Apotheke
AusreichendEurapon, Mycare, Volksversand
MangelhaftMedikamente-per-Klick, Apotal

„Der Vergleich von Versand­apotheken offen­bart fachliche Mängel, nur eine Online­apotheke ist gut.“

Nur sechs der Versender reagierten auf die überschrittene Sumatriptan-Menge. Weniger als die Hälfte wiesen auf die möglichen Wechselwirkungen hin. In den Beratungsgesprächen fragten nur zwei der Online-Apotheken, ob weitere Arzneimittel eingenommen werden. Als die Testerin, die Probiotika kaufen wollte, angab, für ihr Rheuma Immunsuppressiva einzunehmen, wurde sie nicht auf das erhöhte Infektionsrisiko hingewiesen. Nicht alle Versender stellen sicher, dass nicht Minderjährige oder etwa der Nachbar das Päckchen entgegennimmt.

„Wer hat mein Rezept?“

Der Versandhändler Volksversand sitzt in Tschechien. Tschechien steht zwar auf der Liste des Bundesgesundheitsministeriums mit einer vergleichbaren Arzneimittelversorgung wie in Deutschland, allerdings ist der Versandhandel nur mit verschreibungsfreien Präparaten erlaubt. Deshalb leitet Volksversand Rezepte an die Löwen-Apotheke im sächsischen Zittau weiter, die den Rx-Versand abwickelt – auf der Rechnung steht die Zittau-Apotheke, auf dem Päckchen Volksversand. Das bemängelt Stiftung Warentest als „undurchsichtig“. Auf Nachfrage von Warentest änderte Volksversand seinen FAQ-Bereich, wo nun steht, dass Rezepte, falls gewünscht, an die kooperierende lokale Apotheke weitergeleitet werden.

Das Argument mit den Preisen

Für Kunden, die ihre Arzneimittel nicht dringend benötigen, ist oft der vermeintlich günstigere Preis ausschlaggebend für die Online-Bestellung. Hierzu schreibt Stiftung Warentest: „Insgesamt am güns­tigsten war eine Versand­apotheke, die wir ansonsten nicht empfehlen können: Im Beratungs­test schnitt sie mangelhaft ab.“ Und sie gibt gleich noch einen guten Tipp: „Übrigens: Auch Vor-Ort-Apotheken Prozente können auf rezept­freie Medikamente gewähren.“

Das Datenschutz-Desaster
Unabhängig von Stiftung Warentest hat Usercentrics den Datenschutz der 150 beliebtesten Online-Apotheken in der EU untersucht. Usercentrics ist ein Unternehmen, das Consent Management Plattformen anbietet, also Software, mit der Websitebetreiber die Zustimmung zu Tracking und Cookies von ihren Besuchern einholen. Das Ergebnis:

94 % der Online-Apotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz verstoßen gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Sie setzen Cookies ohne Einwilligung.
55 % aller nicht notwendigen Cookies setzen die Websites ohne Zustimmung der Nutzer.
62 % der Cookies, die ohne Einwilligung gesetzt wurden, sind Marketing-Cookies von Drittanbietern.

Diese Cookies geben also sensible Gesundheitsinformationen (beispielsweise, dass jemand Antidepressiva bestellt oder nach Suchtbehandlungen sucht) an andere Firmen weiter, damit diese dem Online-Apothekenkunden an anderer Stelle gezielt Werbung zeigen können.

Quellen:
https://www.test.de/Online-Apotheke-Versandapotheke-Test-4695736-0/
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/markt/keine-beraet-gut-warentest-prueft-versandapotheken/
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/stiftung-warentest-straft-die-meisten-versender-ab-132125/
Pressemitteilung "Online-Apotheken sammeln sensible Daten ohne Einwilligung der Nutzer", Usercentrics GmbH, 29. März 2022, München/Kopenhagen.

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