Ein kleiner Junge rutscht eine Wasserrutsche hinunter und lacht.© CreativaImages / iStock / Getty Images Plus
Budesonid-Gel zur Einnahme soll die Speiseröhre hinunterflutschen und dort Entzündungen lindern - vor allem bei Kindern.

Rezeptur – Mischen possible

DAS FLUTSCHT – BUDESONID-GEL ZUM EINNEHMEN

Neben dem Beratungsgespräch im Handverkauf gehört die Rezeptur für PTA zum wichtigsten pharmazeutischen Handwerkszeug. Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. In unserer Serie „Rezeptur – Mischen possible“ gibt sie Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können.

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Es gibt ja so viele Darreichungsformen, dass man meinen könnte, es sind nun wirklich alle Ansprüche, Bedürfnisse und Möglichkeiten abgedeckt. Aber ich habe tatsächlich noch etwas Neues entdeckt, neulich bei einer Rezeptur. Diese entstammt mal wieder der Pädiatrie. Auch hier haben wir schon einiges betrachtet, vor allem Säfte und Kapseln. Das heutige Objekt der Begierde würde ich als halbfest beschreiben, es ist ein Gel zur oralen Applikation. Nun stellen sich folgende Fragen: Was ist das für ein Gel, was für ein Wirkstoff? In welchem Gefäß wird solch eine Rezeptur abgegeben, wie entnommen und appliziert? Und geht das nicht auch anders?

Ich muss gestehen, am Anfang war mir diese Rezeptur etwas suspekt, denn ich bin kein großer Freund von dispergierten Wirkstoffen. Dispersion ist für mich irgendwie immer ein unfertiger Zustand, eine Rezeptur in Warteschleife, so zu sagen. Aber genau das ist diese Rezeptur, ein Dispersionsgel. Auch wenn sie wegen der oralen Applikation bei uns im System als Budesonid-Saft läuft.

Kurzer Exkurs: Budesonid als Wirkstoff

Am geläufigsten ist uns Budesonid als Nasenspray, sowohl als Fertigarzneimittel oder auch als Rezeptur in Kombination mit Bacitracin, und zur inhalativen Anwendung bei Asthma und der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD. Aber auch bei entzündlichen Darmerkrankungen ist der Wirkstoff in Rektalschäumen oder Zäpfchen zu finden.

Budesonid gehört in die Gruppe der Glucocorticoide und ist antientzündlich. Beim Inhalieren gelangt etwa ein Fünftel des Wirkstoffs in die Bronchien, der Rest wird verschluckt. Dass es dennoch so wenige systemische Nebenwirkungen gibt, liegt daran, dass Budesonid zu 90 Prozent dem First-Pass-Effekt unterliegt und in der Leber deaktiviert wird. Deshalb wird es hauptsächlich lokal angewendet. Hier, als Gel zur oralen Applikation für ein Kind, soll es beim Herunterschlucken eine chronische Speiseröhrenentzündung (eosinophile Ösophagitis) lindern.

Die häufigsten unerwünschten Wirkungen bei der inhalativen Applikation sind Husten, Heiserkeit und Mundsoor, deswegen sollten die Anwender nach jeder Inhalation den Mund ausspülen oder etwas essen. Etwas zu essen oder trinken wäre hier kontraproduktiv, schließlich soll das Gel ja möglichst lang in der Speiseröhre verweilen, aber den Mund auszuspülen (falls das Kind das schon kann) schadet sicher nicht.

Keine geeignete Galenik für Kinder

Doch nun zurück zu unserer Rezeptur. Trotz der vielen Möglichkeiten und unterschiedlichen Darreichungsformen fallen die jüngsten der Gesellschaft durch das Raster. Für Kinder gibt es keine Fertigarzneimittel, die diese schlucken könnten, also muss für sie eine eigene Darreichungsform her. Mit dieser, beziehungsweise mit deren Herstellung, wollen wir uns nun beschäftigen. Hier die Zusammensetzung der Rezeptur:

Budesonid 0,06 Gramm
Natriumcitrat 0,10 Gramm
Zitronensäure, wasserfrei 0,10 Gramm
Wasser, gereinigtes 19,80 Gramm
Hydroxyethylcellulosegel DAB konserviert mit Sorbinsäure 179,94 Gramm

Es gibt zwei Möglichkeiten der Herstellung, entweder vollautomatisch im Rührsystem oder in der Fantaschale – Sorgfalt müssen wir bei beiden Methoden walten lassen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei dieser Rezeptur ein Zuschlag von zehn Prozent sinnvoll ist, da während der Herstellung mit Verlusten durch vermehrtes Abschaben in der Fantaschale oder das Umfüllen von der Rührsystem-Kruke in das Abgabegefäß zu rechnen ist.

Varianten: Budesonidgel aus dem NRF

Wenn man einen Blick in das Neue Rezeptur Formularium (NRF) wirft, findet man zwei Herstellungsmöglichkeiten für ein Budesonidgel mit 0,02 Prozent. Bei beiden Rezepturen steht der Vermerk dabei „nicht praktisch verifizierter Vorschlag“, also nicht erprobt.

Eine Variante ist folgende:

Budesonidgel 0,02 % NRF
Budesonid 0,02 Gramm
Hydroxyethylcellulose 3,0 Gramm
Konserviertes Wasser DAC zu 100,0 Gramm

Nachteil dieser Rezeptur ist der eventuelle unangenehme Geschmack der 4-Hydroxybenzoesäure-Ester (PHB-Ester) aus dem konservierten Wasser. Auch ist der Zeitaufwand etwas höher; auf Grund der schlechten Löslichkeit von Budesonid muss auf jeden Fall erst das Gel hergestellt werden und dann der Wirkstoff eingearbeitet werden.

Die zweite Variante ist:

Budesonidgel 0,02 % NRF
Budesonid 0,02 Gramm
Tragant 0,60 Gramm
Saccharose 22,0 Gramm
Natriumchlorid 0,50 Gramm
Kaliumsorbat 0,15 Gramm
wasserfreie Zitronensäure 0,07 Gramm
Gereinigtes Wasser zu 100 Millilitern 

Der Zucker dient hier als Geschmackskorrigens. Tragant braucht noch länger als Budesonid um sich zu lösen, falls es denn überhaupt lieferbar ist. Die Rezepturvariante mit Tragant wurde tatsächlich eine Zeit lang verordnet, aber wir sind dankbar, dass die Ärzte von dieser Zubereitung Abstand nehmen.

Hier finden Sie weitere Artikel der Reihe "Rezeptur - Mischen possible":

Herstellung: Budesonid aufstreuen

Wir stellen das Gel in der Zusammensetzung her, wie es verordnet wurde. Als erstes werden Natriumcitrat und wasserfreie Zitronensäure, natürlich unter Berücksichtigung des jeweiligen Korrekturfaktors, im Wasser gelöst. Egal, welche Herstellungsmethode gewählt wird (also ob im Rührautomat oder in der Fantaschale): als erstes etwas von dem Gel vorlegen, Natriumcitrat-Zitronensäure-Lösung dazu, dann das Budesonid aufstreuen und mit restlichem Gel zur Endmasse auffüllen. Bei Herstellung in der Fantaschale hat sich allerdings gezeigt, dass es ein besseres Ergebnis bringt, die restliche Menge des Gels in kleineren Portionen dazuzugegeben.

Das Budesonid sollte gleichmäßig in dem transparenten Gel suspendiert sein und nicht in größeren Klümpchen vorliegen. Diese Sichtkontrolle gelingt bei der Herstellung in der Fantaschale etwas besser als bei der Herstellung im Rührautomaten. Jetzt ist der Überschuss nützlich, denn wir können etwas von dem Gel entnehmen, auf einem dunklen Kartenblatt ausstreichen und so die Verteilung überprüfen. Wenn sie noch nicht dem Soll entspricht, wird der Rührprozess einfach wiederholt, so lange bis das Ergebnis zufriedenstellend ist.

Ich bevorzuge die Herstellung im automatischen Rührsystem, da ich denke, dabei ist die Gefahr der Verunreinigung niedriger als bei der Herstellung in der Fantaschale. Vor allem, weil wir an manchen Tagen tatsächlich zu zweit in der Rezeptur arbeiten, dann klingelt vielleicht das Telefon oder jemand will mal eben schnell was abgefüllt haben – da kann man schon einmal vergessen, die Fantaschale abzudecken. So können schnell Flusen hineingelangen oder Stäube aus anderen Rezepturen, auch wenn noch so sorgfältig gearbeitet und gereinigt wird.

Verpacken und Kennzeichnen

Abgefüllt wird das Gel in eine Braunglasflasche und, da es zur innerlichen Anwendung gedacht ist, wird ein Spritzeneinsatz in den Flaschenhals gedrückt. Dem Kunden werden ein bis drei Spritzen mitgegeben. Das Budesonidgel wird im Kühlschrank aufgehoben und bekommt noch den Vermerk „Vor Gebrauch umzuschütteln“, um eventuelles Absetzten von Budesonid so gering wie möglich zu halten. Die Haltbarkeit haben wir auf sechs Monate festgelegt, da das Gel konserviert ist und hygienisch mit der Spritze entnommen wird.

Quellen:
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=rh-ausgabe&nrf_id=1110 
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=475 
https://flexikon.doccheck.com/de/Budesonid 

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