Inulin
SCHÜTZT EIN GÜNSTIGES NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL VOR DEMENZ?
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Immer wieder spannend ist die Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf Verdacht zu nehmen uns gut ernährten Mitteleuropäern wirklich nützt. Ob Eisen, Vitamin B12 oder D: Ewig streiten sich die Gelehrten.
Nun aber haben die Forscher von TwinsUK, dem größten britischen Register für erwachsene Zwillinge mit Sitz am King’s College London, ihr Augenmerk auf das Darmmikrobiom gerichtet. Und zwar auf die Frage, wie sich ein gestärkter Bakterienteppich auf die Muskelgesundheit und die Gehirnfunktion auswirken würde.
Krank im Alter
Da altersbedingte Erkrankungen weltweit zunehmen – die Menschen werden nun mal immer älter – sind gesunde Muskeln und ein fittes Gehirn von großem Interesse. Und Zusammenhänge zwischen Darmmikrobiom und verschiedensten Körperfunktionen sind mittlerweile bekannt. Deshalb hofften die Wissenschaftler auf eine Wirkung, und zwar mit Inulin und Fructooligosacchariden (FOS), also vergleichsweise günstig erhältlichen NEM, die es in Apotheken oder auch Drogerien gibt.
Inulin und FOS
…sind Ballaststoffe mit präbiotischer Wirkung; sie dienen Darmkeimen also als Nahrung.
Das Darmmikrobiom von Zwillingen
Die Forscher untersuchten dazu 36 ältere Zwillingspaare, also 72 Menschen über 60 Jahre. Drei Monate lang bekamen diese entweder das NEM oder ein Placebo und weder die Forscher noch die Probanden wussten, was sie da aßen – eine doppelblinde Studie also. Parallel dazu machten alle Studienteilnehmer Übungen und nahmen ein Proteinpräparat zu sich; dieser Teil des Experiments diente dazu, die Muskelfunktionen zu verbessern. Die Wissenschaftler überwachten die Teilnehmer per Video, über Online-Fragebögen und mit kognitiven Tests.
Warum Zwillinge?
Das Mikrobiom wird durch viele Faktoren geprägt, auch durch die Umwelt und den Lebensstil. Sie ist deshalb für jeden Menschen individuell. Trotzdem ähnelt sich das Mikrobiom von Zwillingen mehr als das von Fremden.
Und hier das Ergebnis: Die Ballaststoffergänzung führte zu erheblichen Veränderungen in der Zusammensetzung des Darmmikrobioms der Teilnehmer – insbesondere zu einem Anstieg der Anzahl nützlicher Kleinstlebewesen wie Bifidobakterien.
Präbiotische Ballaststoffe machen Hirn fit
Während es zwischen den Gruppen keinen signifikanten Unterschied in der Muskelkraft gab, schnitt die Ballaststoff-Gruppe bei Tests zur Beurteilung der Gehirnfunktion besser ab. Sie absolvierten dazu den sogenannten Paired-Associates-Learning-Test, der einen früher Marker für die Alzheimersche Krankheit darstellt.
Auch in Tests zur Reaktionszeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit schnitten sie besser ab. Beide Eigenschaften sind im täglichen Leben sehr wichtig – zum Beispiel im Verkehr oder um zu verhindern, dass ein einfaches Stolpern zu einem Sturz wird.
Die leitende Autorin der Studie, Professorin Claire Stevens, stellte fest: „Diese billigen und rezeptfrei erhältlichen Pflanzenfasern könnten in Zeiten knapper Kassen vielen Menschen zugutekommen. Sie sind außerdem sicher und akzeptabel. Unsere nächste Aufgabe besteht darin, herauszufinden, ob diese Effekte über längere Zeiträume und bei größeren Personengruppen anhalten.“
Studie von zu Hause aus
Stolz ist man außerdem auf das sogenannte Remote Design der Studie, die ohne die Notwendigkeit umfangreicher Reisen oder Krankenhausbesuche auskam. Sie könne in vielen Umgebungen und weltweit, gerade an älteren Erwachsenen, durchgeführt werden mit dem Ziel die Lebensqualität der alternden Bevölkerung zu verbessern.
Quellen:
https://www.kcl.ac.uk/news/daily-fibre-supplement-improves-older-brain-12-weeks
Ni Lochlainn, M., Bowyer, R.C.E., Moll, J.M. et al.: „Effect of gut microbiome modulation on muscle function and cognition: the PROMOTe randomised controlled trial.”, Nature Communications, 29. Februar 2024. https://doi.org/10.1038/s41467-024-46116-y