Eine Frau mit Kopftuch spielt an einem Flussufer mit ihrem Hund.© Jaime Grajales Benjumea/iStock/Getty Images Plus
Hunde motivieren zur Bewegung, sagt Onkologie-Professorin Dr. Jutta Hübner, und Sport ergänze Krebstherapien in vielfacher Weise.

Nahrungsergänzungsmittel

KREBSTHERAPIE: LIEBER SPORT ALS SUPPLEMENTS

Manche Nahrungsergänzungsmittel versprechen Wirkungen gegen Krebserkrankungen, die nicht nur nicht zutreffen, sondern sogar den Therapieerfolg gefährden können. Dennoch gibt es komplementärmedizinische Ansätze, die durchaus sinnvoll sind. Ein Überblick.

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Den Überblick gab Dr. Jutta Hübner, Professorin für integrative Onkologie am Universitätsklinikum Jena, beim diesjährigen Pharmacon. Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel gegen Krebs ist voller als man denkt: Antioxidanzien, Selen, Vitamin C oder sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie Polyphenole oder Phytoöstrogene versprechen häufig mehr als sie halten können. Die Fachgesellschaften sind sich einig, eine allgemein gültige Empfehlung zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln während einer Krebstherapie gibt es nicht.

Zwar sollte ein im Labor bestätigter Nährstoffmangel unter ärztlicher Aufsicht wieder in den Normalbereich gebracht werden. Doch meistens werden die Nahrungsergänzungsmittel gekauft in der Annahme, sie würden gegen die Erkrankung helfen – und das nebenwirkungsfrei. Dazu sagt Hübner: „Es ist wichtig, Patienten klarzumachen, dass es keine natürliche Substanz gibt, die wir nebenwirkungsfrei mal eben einsetzen können, um Krebswachstum zu bremsen.“

„Es ist wichtig, Patienten klarzumachen, dass es keine natürliche Substanz gibt, die wir nebenwirkungsfrei mal eben einsetzen können, um Krebswachstum zu bremsen.“

Sport bei Krebs

Onkologie-Professorin Hübner beschäftigt sich mit komplementärmedizinischen, sinnvollen Therapieansätzen. Denn richtig eingesetzt können komplementäre Ansätze eine Krebstherapie wertvoll ergänzen. Zum Beispiel wenn sie Nebenwirkungen mildern, sodass die Chemotherapie wie geplant und ohne Dosisreduktion durchgeführt werden kann.

Ihre klare Empfehlung hier lautet Sport. Sport bei Krebs hat sich als unschlagbar bezüglich Nebenwirkungen, Überleben, Verträglichkeit und Therapieergebnisse herausgestellt, gerade bei Fatigue.

Integrative Onkologie
Das Themengebiet der Integrativen Onkologie beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel naturheilkundlicher und komplementärmedizinischer Behandlungen mit konventionellen onkologischen Therapien. Dabei sollen alle Methoden sowohl evidenzbasiert als auch wissenschaftlich fundiert sein, sodass die sichere und wirksame Versorgung des Patienten auch unter Berücksichtigung seiner eigenen Bedürfnisse sichergestellt ist.

Antioxidanzien gefährden Brustkrebstherapie

Während für viele Nahrungsergänzungsmittel schlicht der Wirksamkeitsbeleg fehlt, wie beispielsweise bei hochdosiertem Vitamin C bei Krebs, so gibt es auch solche, die mehr schaden als nützen. Hübner berichtete auf der Pharmacon von einer Studie, in der die Wirksamkeit und Sicherheit von Antioxidanzien bei Brustkrebspatientinnen während einer Chemo- oder Strahlentherapie untersucht wurde. Die Einnahme von Antioxidanzien bei Krebs ging hierbei mit einer 64 Prozent höheren Gesamtsterblichkeit und bei Überlebenden mit einem um 84 Prozent erhöhten Rückfallrisiko einher.

Vitamin-D-Mangel bei Krebs

Laut Zahlen des Robert Koch-Instituts zeigt jede*r Dritte in Deutschland einen Vitamin-D-Mangel auf. Bei Krebspatient*innen sei die Zahl laut Hübner noch höher, hier können Nahrungsergänzungsmittel die Prognose der Krebserkrankung verbessern. „Es gibt viele Hinweise, dass man seltener an Krebs erkrankt, wenn der Vitamin-D-Spiegel gut ist. Und wenn man an Krebs erkrankt ist und der Vitamin-D-Spiegel ist gut, ist die Prognose besser“, erklärt Hübner.

Es gebe sogar Hinweise darauf, dass eine gute Vitamin-D-Versorgung die Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren wie zum Beispiel Cemiplimab oder Dostarlimab verbessern könnte.

Bei der Einnahme von Vitamin D bei Krebs ist es wichtig, im Normalbereich zu bleiben und nicht darüber hinaus zu schießen.

Selen bei Krebs

Um das Spurenelement Selen gegen Krebs wird seit Jahren gestritten. Hübers Meinung dazu lautet ähnlich wie bei Nahrungsergänzungsmitteln bei Krebs generell: substituieren, wenn ein Mangel vorliegt. Zudem sei für Selen keine so starke antioxidative Wirkung zu belegen wie behauptet wird. Eine kleine Studie bescheinigt Selen, also einem normalen Selenspiegel, eventuell einen Nutzen bei der Milderung von Durchfällen während einer Bestrahlung des Beckens bei Zervix- oder Endometriumkarzinom.

Zink, B-Vitamine und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe bei Krebs

Bei anderen Nahrungsergänzungsmitteln gegen Krebs wie Zink sieht die Datenlage dünn aus. Und bei sekundären Pflanzeninhaltsstoffen wird Hübner noch konkreter: „Es gibt keinen einzigen, für den wir derzeit eine Evidenz hätten, dass es wirklich bei unseren Tumorpatienten gegen Krebs oder Nebenwirkungen hilft.“ Diese Nahrungsergänzungsmittel könnten sich durch ihre antioxidativen Eigenschaften sogar negativ auf den Therapieerfolg auswirken.

Es gibt keinen einzigen sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, der evident bei Krebs oder den Therapienebenwirkungen hilft.

Ähnlich sieht es bei den B-Vitaminen aus. Da ein Mangel an Vitamin B6, B12 oder Folsäure bei ausgewogener Ernährung in Deutschland selten ist, sei eine künstliche Zufuhr unnötig. Oder sogar gefährlich, denn B-Vitamine regen die Zellteilung an. So können hier eigenommene Nahrungsergänzungsmittel ohne vorliegenden Mangel sogar das Rezidivrisiko erhöhen.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/nuetzlich-bis-gefaehrlich-152706/
https://www.staerkergegenkrebs.de/onkologie/integrative-onkologie/

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