Forschung
DOCH KEIN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DIABETESRISIKO UND COVID-19-INFEKTION
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Auch wenn eine COVID-19-Infektion in der Regel bei Kindern und Jugendlichen mild und oft ohne Symptome verläuft, kann es in Einzelfällen zu Problemen und Langzeitfolgen führen. So auch bei dem Thema Diabetesrisiko. Frühere Publikationen kamen zu der Annahme, dass sich die Rate der Diabetes-Neuerkrankungen bei Kindern nach einer COVID-19-Infektion erhöht.
Eine aktuelle bevölkerungsbasierte Querschnittsstudie aus Kanada wiederspricht diesen Annahmen. Ein Forschungsteam um Rayzel Shulman vom Hospital for Sick Children in Toronto hat in ihren Untersuchungen beobachtet, wie sich die Inzidenz von Typ-1-Diabetes während der Pandemie bei Minderjährigen in der kanadischen Provinz Ontario verändert hat. Ihre Ergebnisse zeigen, dass eine Infektion mit dem Coronavirus bei Kindern unter 18 Jahren nicht zu einem erhöhten Diabetesrisiko führt.
Frühere Forschungsergebnisse nicht eindeutig
Eine in den USA durchgeführte Studie („Morbidity and Mortality Weekly Report, 2022“) zeigte in ihren Ergebnissen einen kausalen Zusammenhang zwischen Diabetesrisiko und COVID-19-Infektion bei Kindern. Zu einem anderen Ergebnis kam hingegen eine deutsche Studie („Diabetes Care, 2022“), die einen solchen Zusammenhang nicht feststellen konnte. Allerdings beobachteten die Forscher einen 1,15-fachen Anstieg an Typ-1-Diabetes-Neuerkrankungen, den das Team auf indirekte Pandemiefolgen zurückführte.
Shulman und ihr Team konnten in ihrer Untersuchung zwar ebenfalls eine leichte Erhöhung der Diabetesraten bei Kindern feststellen, diese war aber nicht signifikant. Das Team kam zu dem Schluss, dass kein kausaler Zusammenhang zu einer vorherigen COVID-19-Infektion vorlag.
Für ihre Untersuchung analysierten die Wissenschaftler Gesundheitsdaten aus den Jahren 2017 bis 2021 von etwa 2,7 Millionen Kindern aus Ontario. Rund 3,3 Prozent der Kinder hatten zwischen November 2020 und April 2021 eine SARS-CoV-2-Infektion. Innerhalb der Untersuchung wurde kein Unterschied zwischen den beiden Diabetes-Typen gemacht. Allerdings leiden 95 Prozent der diabeteskranken Kinder in Ontario an Typ-1-Diabetes.
Große Variabilität
Für 2022 konnte bislang eine leicht erhöhte, aber nicht signifikante Diabetesrate festgestellt werden. Die relative Rate an Diabetes-Neuerkrankungen, die laut einem Regressionsmodell zu erwarten gewesen wäre, unterschied sich nicht von der tatsächlichen Rate. Es bleibt festzuhalten, dass es zu temporären Schwankungen kam. Innerhalb der ersten Monate nach Pandemiebeginn (März bis Mai 2020) hatte die Diabetesinzidenz um 15 bis 30 Prozent abgenommen. Von Februar bis Juli 2021 hingegen stieg sie im Vergleich zur geschätzten Neuerkrankungsrate um 33 bis 50 Prozent an. Das Forscherteam kam zu der Erkenntnis, dass eine verzögerte Diabetesdiagnose als Pandemiefolge vorlag.
Da sich die monatlichen Erkrankungsraten derart unterscheiden, sind die Forscher der Ansicht, dass langfristig weitere, bevölkerungsbasierte Daten analysiert werden müssen, um die direkten und indirekten Auswirkungen von COVID-19 auf das Diabetesrisiko bei Kindern zu untersuchen.
Quelle: Pharmazeutische Zeitung