Diagnostik
ENDOMETRIOSE IM SPEICHEL ERKENNEN
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Jedes Jahr werden in Deutschland 40 000 Endometriose-Diagnosen gestellt. Das klingt erst einmal nach viel. Die meisten Betroffenen erhalten ihre Diagnose aber erst nach sieben bis zehn Jahren, unter anderem weil ihre Symptome oft als „normale“ Menstruationsbeschwerden abgetan werden.
Wir kennen aktuell keine Biomarker im Blut, anhand derer man Endometriose nachweisen kann. Auch im Ultraschall oder MRT bleibt sie oft unerkannt. Deshalb ist bislang eine Laparoskopie nötig, also eine operative Kamerafahrt durch den Bauch, um Betroffene auf Endometriose zu untersuchen. Ein neuer Speicheltest soll die Diagnose vereinfachen und beschleunigen.
Speicheltest untersucht MikroRNA-Muster auf Endometriose
Das Gießener Privatlabor Eluthia bietet den Test, Endotest® Diagnostic, in Deutschland an. Entwickelt hat ihn das französische Biotech-Unternehmen Ziwig. Niedergelassene Frauenärzt*innen nehmen den Test ab, ein Labor in St. Gallen in der Schweiz wertet die Proben aus. Spätestens im Sommer 2023 soll die Analyse in Gießen bei Eluthia erfolgen. Der Nachweis dauert zwei Wochen.
Der Test fußt auf dem Nachweis von Genbestandteilen im Speichel. Mit Hochdurchsatz-Sequenzierung wird die Probe nach 109 bestimmten MikroRNAs durchforstet. Eine künstliche Intelligenz prüft, ob bestimmte Endometriose-spezifische Muster vorliegen. Eluthia gibt die Sensitivität von Endotest® Diagnostic mit 97 Prozent, die Spezifität mit 100 Prozent an.
Was ist Endometriose?
Bei einer Endometriose wuchert gebärmutterähnliches Gewebe außerhalb des Uterus, zum Beispiel an den Eierstöcken, der Vagina, dem Rektum, der Blase oder dem Darm. Die Ursachen sind unbekannt. Endometrioseherde sind gutartig, reagieren aber auf Zyklushormone und entzünden sich während der Menstruation. Symptome sind dann beispielsweise (teilweise auch außerhalb der Menstruation)
• Starke (Unterleibs-)Schmerzen,
• Schmerzen beim Sex,
• Unfruchtbarkeit,
• Müdigkeit,
• Verdauungsprobleme,
• Harnwegserkrankungen und
• Inkontinenz.
Warum ist Endotest® Diagnostic nicht ab sofort Goldstandard zur Endometriose-Diagnose?
Der Test ist seit 12. Oktober in gynäkologischen Praxen verfügbar, kostet 799 Euro und wird derzeit nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Tarrin Taraki, Mitbegründer von Eluthia und Leiter der Entwicklungsabteilung, ist jedoch zuversichtlich. Der Speicheltest ist für die Kassen wesentlich kostengünstiger als Laparoskopien, MRTs und Krankenhausaufenthalte. Der Antrag auf Kostenübernahme sei schon in Bearbeitung.
Weitere Kritik äußerte Privatdozent Dr. med. habil. Sebastian Findeklee von der Gyn Alliance Sankt Ingbert/Neunkirchen gegenüber dem Endometriose Dialog e.V. Er begrüßt die Forschung zur Endometriose, da der Bedarf nach früheren Diagnosen und Therapien bestehe. In der MikroRNA-Technologie sieht er die Zukunft. Allerdings findet er die Validierungsstudien des Tests zu klein angelegt: „Diese Datenlage reicht bei weitem noch nicht aus, um den Test als Standarddiagnostikum zu empfehlen. Wünschenswert wäre eine internationale prospektive, multizentrische Erprobung des Tests.“ Zudem sei offen, ob der Test alle Formen der Endometriose und Krankheitsrezidive erkennt oder mit Kontrazeptiva wechselwirkt.
Quellen:
https://utopia.de/news/anstatt-op-neuer-speicheltest-stellt-endometriose-fest/
https://www.eluthia.com/presseerklaerung-eluthia-endometriose-test/
https://www.eluthia.com/wp-content/uploads/2022/10/d247bcb054108b4d9.pdf
https://www.giessener-anzeiger.de/stadt-giessen/weltweit-erster-test-seiner-art-91844966.html
https://endo-dialog.de/endo-test-endometriose-diagnostik-speicheltest/
https://www.endometriose-vereinigung.de/files/endometriose/infomaterial/Broschuere%20Begleiterkrankungen%202019_web.pdf