Diabetes Typ 1
DIABETESMANAGEMENT - MIT DER PUBERTÄT WIRD ALLES ANDERS
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Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das eigene Immunsystem die Langerhans‘schen Inseln in der Bauchspeicheldrüse zerstört. Damit versiegt die Insulinproduktion. Die klassischen Symptome dieser schmerzlosen Erkrankung sind übermäßiger Durst, erhöhte Urinausscheidung, Sehstörungen, Müdigkeit und Gewichtsabnahme.
Diese Warnsymptome müssen unbedingt rasch erkannt werden, denn wenn es zu einer diabetischen Ketoazidose kommt, kann das tödlich enden. Diabetiker vom Typ 1 müssen somit lebenslang Insulin spritzen. Die Erkrankung macht sich meist schon im Kindesalter bemerkbar. Die Eltern übernehmen dann das Diabetesmanagement. Was aber passiert, wenn junge Diabetikerinnen und Diabetiker in die Pubertät kommen?
Von der Elternkontrolle zur Eigenverantwortung
Im Kindes- und Jugendalter ist der Typ-1-Diabetes die häufigste Stoffwechselstörung. Der Erkrankungsgipfel liegt um das vierte Lebensjahr und vor der Pubertät. Bei Kindern übernehmen üblicherweise die Eltern die Kontrolle über die Insulingaben. Um sie zu bestimmen, müssen sie den Blutzucker kontrollieren und Kohlenhydratberechnungen bei jeder Mahlzeit vornehmen.
Doch ab der Pubertät wird alles anders: Dann müssen (und wollen) die Jugendlichen ihre Stoffwechselerkrankung eigenverantwortlich managen. Bei ihnen wird vor allem die Insulinpumpentherapie eingesetzt. Dabei gibt eine Pumpe kontinuierlich kurzwirksames Insulin für den basalen Bedarf ins Unterhautfettgewebe ab. Diese Grunddosis programmiert das Gerät selbst, da sie per Sensoren ständig den Blutzucker misst. Nur die Insulindosis zu den Mahlzeiten muss manuell in die Pumpensteuerung eingegeben werden.
Insulinpumpe einfacher und angenehmer
Als Alternative wird die Basis-Bolus-Therapie (funktionelle Insulintherapie) verwendet. Hier wird einmal am Tag mit dem Insulinpen ein Basal-Insulinanalogon gespritzt („Langzeit-Insulin“) und zu jeder Mahlzeit und zur Korrektur hoher Glucosewerte ein ultraschnelles Insulinanalogon.
Dadurch sind mindestens fünf Injektionen am Tag notwendig. Bei der Pumpentherapie wird der Katheder alle zwei bis drei Tage gewechselt, was für die Patienten deutlich angenehmer ist, als mehrmals täglich Insulin zu spritzen.
Pubertätshormone und Diabetes
Bei Jugendlichen steigt der Blutzuckerspiegel besonders in den frühen Morgenstunden noch während des Schlafs unter dem Einfluss des Wachstumshormons Somatropin stark an. Dies kann mit der Basis-Bolus-Therapie nur schlecht reguliert werden. Auch hier sind sensorgesteuerte Insulinpumpen von Vorteil.
Während der Pubertät fahren bekanntermaßen die Hormone Achterbahn, so auch Insulin-Gegenspieler wie Cortisol, Schilddrüsenhormone, Somatropin und die Sexualhormone. Es ist schwer, während dieser Zeit eine funktionierende Stoffwechseleinstellung zu finden – schwere Ketoazidosen kommen in der Pubertät und im jungen Erwachsenenalter häufiger vor als Hypoglykämien. Experten empfehlen daher, dass Jugendliche mit Typ-1-Diabetes zu Pubertätsbeginn, etwa im Alter von 12 bis 13 Jahren, noch einmal von einem erfahrenen Ärzteteam geschult werden.
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Jugendliche sind anfällig für Essstörungen
Diabetiker sind täglich gezwungen, sich intensiv mit den Kohlenhydratmengen ihrer Mahlzeiten auseinanderzusetzen. Das kann besonders in der psychisch vulnerablen Pubertätsphase, aber auch im jungen Erwachsenenalter Essstörungen wie Bulimie oder Binge Eating begünstigen. Eine Sonderform ist das sogenannte Insulin Purging.
Insulin Purging
Von Insulin Purging (Diabulimie, Erbrechen über die Niere) spricht man, wenn Diabetiker bewusst zu wenig oder gar kein Insulin zu einer Mahlzeit spritzen. Dadurch wollen sie ihr Körpergewicht reduzieren. Bei sehr hohen Blutglucosewerten (über 180 mg/dl) wird die Nierenschwelle überschritten und die Glucose wird mit dem Urin aus dem Körper ausgeschieden. Auch das Hungergefühl schwindet. Es kommt vor, dass Jugendliche absichtlich ihre Glucosewerte falsch kalibrieren, damit die Insulinpumpen weniger Insulin abgeben. Bemerkt wird dies erst, wenn die Betroffenen mit einer Ketoazidose im Krankenhaus landen.
Rauchen, Trinken, Drogen
Auch eine Beratung zum Thema Alkohol gehört für Jugendliche natürlich dazu. Alkohol hemmt die Gluconeogenese in der Leber für längere Zeit, daher kann der Konsum zur Unterzuckerung führen. Von größeren Mengen ist auch deshalb abzuraten, da Betrunkene eine Hypoglykämie schwächer wahrnehmen. Besonders im Schlaf kann es zu gefährlichen Situationen kommen.
Auch anderen Drogen lösen Bewusstseinsbeeinträchtigungen und damit diabetische Notfälle aus. Gerade Cannabis-Konsum kann zu hyperglykämischen Entgleisungen führen, denn er verändert die Essgewohnheiten: Typisch sind exzessives Snacken während des Konsums und Appetitlosigkeit danach.
Mädchen mit Diabetes: Achtung, Zyklus!
Typ-1-Diabetes trifft im Jugendalter mehr Jungen als Mädchen, denn Testosteron hat einen großen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Trotzdem ist die Krankheit für junge Frauen schwieriger zu handhaben; der Menstruationszyklus beeinflusst die Stoffwechsellage.
Mädchen mit Diabetes sollten daher ihren Zyklus genau beobachten und dokumentieren. Denn die dafür verantwortlichen Geschlechtshormone Estrogen und Progesteron beeinflussen den Blutzuckerwert stark – in der zweiten Zyklushälfte wird beispielsweise aufgrund der verringerten Insulinsensitivität mehr Insulin benötigt. Auch hier schafft die sensorintegrierte Pumpentherapie wesentliche Erleichterungen.
Auch hormonale Kombinationspräparate mit Ethinylestradiol und einem Gestagen wie die Antibabypille, Verhütungspflaster oder der Vaginalring können einen Einfluss auf die Insulinsensitivität haben. In der Zeit der Pilleneinnahme (drei Wochen) benötigen die Frauen mehr Insulin, in der Pillenpause weniger. Junge Frauen mit Typ-1-Diabetes sollten Pillen mit einer möglichst niedrigen Hormondosis erhalten.
Bei rein Gestagen-haltigen Verhütungsmethoden wie dem Hormonstäbchen oder der Minipille ist kein relevanter Einfluss auf die Insulinsensitivität zu erwarten. Selbst die „Pille danach“ kann im Notfall angewendet werden.
Disziplin und Beratung
Das Fazit: Besonders jungen Frauen mit Typ-1-Diabetes wird einiges an zusätzlicher Disziplin und Selbstkontrolle abverlangt. Eine gute Schulung ist hier essenziell – und PTA und Apotheker können niederschwellig erreichbare und kompetente Berater für Menschen mit Diabetes sein.
Quelle: Pharmazeutische Zeitung