Zuckerwürfel und Diabetes-Messgerät mit Teststreifen auf einem Holztisch© xtrekx / iStock / Getty Images Plus
Viele Mythen ranken sich um die chronische Stoffwechselerkrankung Diabetes. Das ist Grund, einmal mit den falschen Verboten und verkannten Gefahren aufzuräumen.

Faktencheck

WAS IST DRAN AN DIESEN 6 DIABETES-MYTHEN?

Wie passt das Trio Insulin, Zucker und Sauerkraut zusammen? Ganz einfach: Hierbei geht es mal wieder um gut gemeinte Ratschläge aus dem Märchenwald. Klären Sie Ihre Kunden auf, was wirklich dahintersteckt. 6 Diabetes-Mythen auf dem Prüfstand.

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Der eine hat schwer Zucker, ein anderer nicht. Der ist vom Diabetes geheilt. Wer viel süß isst, läuft Gefahr, zuckerkrank zu werden. Menschen, die Insulin spritzen müssen, sind arm dran – so und ähnlich wird gesprochen, wenn es um das Thema Diabetes geht.

Doch „schwer Zucker“ heißt meistens nichts anderes als instabile und oft hohe Blutzuckerwerte. Schwer sind meistens Menschen mit Typ-2-Diabetes. Denn Übergewicht stört den Glucosestoffwechsel und es kommt zu erhöhten Blutzuckerwerten.

Keine Aussicht auf Heilung

Heilen lässt sich ein Diabetes leider nicht, weder Typ-1 noch Typ-2-Diabetes. Bei Typ-2-Diabetes können sich die Blutzuckerwerte deutlich verbessern, wenn der Lebensstil verändert wird, also mehr Bewegung, gesundes Abnehmen und ballaststoffreiches Essen. Doch geheilt davon ist die betreffende Person nicht. Diabetes ist und bleibt eine chronische Stoffwechselerkrankung. Und Insulin zu spritzen bedeutet nicht das Lebensende. Ja, und wer gerne süß mag, läuft nicht automatisch Gefahr, an Diabetes zu erkranken. Da gehört dann doch noch mehr dazu.

Mythos 1: Altersdiabetes bekommen nur Senioren

Typ-2-Diabetes wird im Volksmund gerne als Altersdiabetes bezeichnet. Tatsächlich steigt mit dem Alter meist auch das Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Bei etwa jedem vierten Menschen über achtzig liegt ein solcher Diabetes vor. Dennoch gibt es heute auch schon Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die daran erkranken.

Gründe hierfür sind nicht nur eine genetische Disposition, sondern viel mehr ein ungesunder Lebensstil. Dazu gehören Faktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel, ein hoher Konsum von Fast Food und anderen hoch verarbeiteten Lebensmitteln. Deshalb wird Typ-2-Diabetes heute auch gerne Lifestyle-Diabetes genannt. Von den über acht Millionen Menschen mit Diabetes hierzulande sind 95 Prozent vom Typ-2 betroffen.

Mythos 2: Ein bisschen Zucker im Blut schadet nicht

Hätte ein Mensch keinen Zucker im Blut, wäre er nicht mehr lebensfähig oder sogar schon tot. Eine bestimmte Menge an Zucker, genauer Glucose im Blut ist also normal und auch lebenswichtig. Denn Zucker ist eine wichtige Energiequelle für den Körper, ohne den es einfach nicht geht.

Allerdings gibt es hierfür Grenzwerte. Eine intakte Bauchspeicheldrüse mit normaler Insulinproduktion trägt dazu bei, dass die Blutzuckerkonzentration im normalen Bereich zwischen 70 und 140 mg/dl liegt.

Höhere Werte sind jedoch gefährlich, schädigen Organe und beeinträchtigen Körper und Geist. Da die Diabetes-Dunkelziffer bei geschätzten zwei Millionen Menschen liegt, macht es Sinn, zum Beispiel in der Apotheke Diabetes-Aktionstage mit Blutzuckermessungen anzubieten. Denn im Schnitt laufen Menschen sechs bis acht Jahren mit einem unentdeckten Diabetes durchs Leben. Häufig mit Beschwerden, die sie nicht damit in Verbindung bringen.

Mythos 3: Wer viel Zucker isst, wird zuckerkrank

So einfach ist es dann doch nicht. Allerdings sind Zucker, Süßigkeiten, Kuchen, zuckerreiche Lebensmittel wie Ketchup, Säfte, Smoothies oder Feinkostsalate sowie zuckerhaltige Getränke sehr reich an leeren Kalorien. Diese hoch verarbeiteten Lebensmittel bringen dem Körper lediglich Energie. Sie sättigen nicht gut, fördern Übergewicht, eine nicht-alkoholbedingte Fettleber und die Entstehung des Typ-2-Diabetes.

Zu viele Kilos können bei entsprechender Veranlagung zum Typ-2-Diabetes führen. Hinzu kommt, dass Übergewicht zur Insulinresistenz beiträgt und das wiederum auch wieder zur Entstehung eines Typ-2-Diabetes.

Mythos 4: Wer Diabetes hat, muss Insulin spritzen

Menschen mit einem Typ-1-Diabetes müssen täglich Insulin spritzen. Sie geben dem Körper das, was normalerweise eine gesunde Bauchspeicheldrüse produziert: Insulin. Denn bei einem Typ-1-Diabetes ist diese Funktion geschädigt und das Organ produziert kein Insulin mehr.

Beim Typ-2-Diabetes wird zu Beginn der Therapie meist kein Insulin gespritzt. Zunächst steht hier die Veränderung des Lebensstils mit Abnehmen, Bewegung und gesund Essen an erster Stelle. Genügt das nicht oder fällt es Betroffenen schwer, etwas zu verändern, gibt es orale Antidiabetika. Dies funktioniert meistens über einen längeren Zeitraum recht gut. Allein durch einen Gewichtsverlust von zehn Prozent des Ausgangsgewichts wird die Bauchspeicheldrüse enorm entlastet. 

Reicht dies alles nicht mehr aus und schreitet die Krankheit weiter fort, bleibt als nächste Stufe die Insulinspritze. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, von einer einmaligen Injektion täglich bis zu mehrmaligem Spritzen zu den Mahlzeiten. Spritzt ein Mensch mit Typ-2-Diabetes Insulin, hat er damit natürlich nicht automatisch einen Typ-1-Diabetes.

Alle Fakten auf einen Blick:

  • Menschen mit Typ-1-Diabetes müssen lebenslang täglich Insulin spritzen.
  • Ein Altersdiabetes, also Typ-2-Diabetes, kann auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auftreten.
  • Bei Typ-2-Diabetes ist das oberste Therapieziel, den Lebensstil zu verändern. Denn durch gesundes Abnehmen, regelmäßiges aktiv sein im Alltag und lecker-gesundes Essen lassen sich Blutzuckerwerte positiv beeinflussen.
  • Wer im Zuge seines fortschreitenden Typ-2-Diabetes Insulin spritzen muss, wird dadurch nicht automatisch zum Menschen mit Typ-1-Diabetes.
  • Rund 2 Millionen Menschen hierzulande haben einen unentdeckten Typ-2-Diabetes.
  • Saure Lebensmittel wie saures Obst oder Sauerkraut sind kein Gegenspieler zu süß und können den erhöhten Blutzucker nicht ausgleichen.
  • Zucker ist bei Diabetes erlaubt: allerdings in sehr geringen Mengen von maximal 50 Gramm täglich. Und dies nicht pur, sondern verpackt in Lebensmitteln wie Konfitüre, Schokolade oder als Bestandteil von fertigen Lebensmitteln.

Mythos 5: Bei Diabetes am besten saures Obst und Sauerkraut

Obst, allen voran wasserreiche Früchte wie Beerenobst sind besonders ideal für Menschen mit Diabetes. Denn sie sind reich an Vitalstoffen sowie Ballaststoffen, dafür haben sie wenig Zucker, ganz gleich, ob sie eher süß oder sauer schmecken. Saures Obst wie Grapefruit, saure Äpfel oder Birnen enthalten ähnlich viele Kohlenhydrate wie ihre süßen Verwandten oder Orangen. Sie sind für Menschen mit Diabetes genauso möglich. Sehr kohlenhydratreiche Sorten wie Bananen, Trauben oder Khakis sind zuckerreicher und können den Blutzucker stärker ansteigen lassen als wasserreiche Früchte.

Auch wenn sauer der geschmackliche Gegenspieler von süß ist, impliziert das nicht automatisch, dass die Säure zu viel Zucker oder Süße im Organismus ausgleicht. Denn saurer Geschmack wird auf der Zunge wahrgenommen, allerdings nicht mehr im Magen-Darm-Trakt. Sauerkraut ist dennoch ein gesundes Lebensmittel, denn es ist reich an Ballaststoffen, sättigt gut und hilft, die Vielfalt gesunder Darmbakterien zu erhöhen.

Mythos 6: Zucker ist Gift bei Diabetes

Früher war Zucker bei Diabetes tabu. Es gab sogar spezielle Diabetiker-Produkte. Heute empfiehlt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) Menschen mit Diabetes eine maximale Zucker-Tagesmenge von zehn Prozent der Gesamtenergiemenge. Dies entspricht einer Menge von maximal 50 Gramm Zucker täglich. Darin inkludiert sind zum Beispiel Konfitüre, die auf dem Brot gegessen wird. Aber auch gesüßte Milchprodukte oder ein Fertigprodukt, welches Zucker enthält.

Je weniger Zucker und daraus hergestellte Lebensmittel gegessen werden, desto gesünder ist es für Körper, Blutzucker und Zähne. Das gilt für Diabetiker genauso wie für stoffwechselgesunde Menschen. Zucker ist kein Gift, doch zu viel davon schadet dem Körper auf Dauer, beispielsweise durch die Entstehung von Übergewicht, Zahnproblemen, erhöhten Triglyceridwerten (Blutfette) und instabilen Blutzuckerwerten bei Diabetes.

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