Eine Gruppe von Blutegeln auf einer Hand, die für die Therapie verwendet werden.© macniak / iStock / Getty Images Plus
Nach dem Vorbild des Blutegels haben Forschende einen kleinen Saugnapf entwickelt, der Patient*innen gleichzeitig sanft und effektiv Blut abnehmen kann.

Saugnapf

SCHMERZLOSE METHODE ZUR BLUTABNAHME – DER BLUTEGEL STAND PATE

Vom Blutegel abgeschaut haben sich Schweizer Forscher dessen Methode, seine Lieblingsnahrung zu ergaunern. Denn der Egel nimmt uns so sanft Blut ab, dass wir es gar nicht bemerken. Doch das neue System hat noch weitere Vorteile.

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Der kleine Saugnapf ist babyblau und er misst im Durchmesser nicht mehr als eine Euro-Münze: Nach dem Bauplan des Blutegels nimmt er Blut auf eine denkbar schonende Weise ab. Durch verborgene kleine Zähnchen aus Mikronadeln und etwas Unterdruck schafft es der kleine Silikonpropfen, Blut abzunehmen, ohne dass der Patient groß etwas merkt.

Das Konzept, so die Forschenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, biete gleich mehrere Vorteile: Die kleinen Näpfe wirken nicht so abschreckend auf empfindliche Patienten und sie können sogar von nichtmedizinischem Personal angewendet werden. Außerdem könnten sie in kostengünstiger Massenproduktion hergestellt werden.

Angst vor Nadeln

Mit dem Blutabnehmen ist das ja so eine Sache: Wenn das Tröpfchen aus dem Ohrläppchen oder der Fingerkuppe zur Diagnostik nicht reicht, muss eine Nadel gesetzt werden. Und davor scheuen viele Menschen zurück, insbesondere Kinder. Das muss doch auch einfacher gehen?

Wissenschaftler aus Zürich haben sich also die Taktik des Blutegels einmal genauer angeschaut. Der geht nämlich ausgesprochen sanft mit seinen Opfern um, um nicht entdeckt zu werden. Blutegel setzen sich zunächst über ihr Mund-Saugnapf-System auf der Haut des Tieres oder des Menschen fest, dann ritzen sie mit ihren winzigen Zähnchen die Haut an der Ansatzstelle sachte auf. Dabei erzeugen sie einen Unterdruck, also einen Sog, wodurch verstärkt Blut austritt. Damit können sich die Egel dann vollsaugen.

Saugnapf zum Blutabnehmen erzeugt Unterdruck

Nach diesem Grundprinzip funktioniert nun auch das Gerät, das die Forscher entwickelt haben. Es handelt sich um einen zweieinhalb Zentimeter großen Saugnapf aus Silikon. In dessen oberen Teil verbirgt sich ein Kunststoff-Plättchen, das mit etwa zwei Millimeter langen Mikronadeln bestückt ist.

Für seinen Einsatz wird dann der kleine Sauger auf die Haut des Oberarms oder des Rückens des Patienten gedrückt. Dabei stoßen die winzigen Nadeln dann kurz durch die Epidermis und gleichzeitig entweicht Luft aus dem Innenraum. Nach dem Anpressen bildet die Silikon-Kuppel einen Unterdruck aus, der Blut aus der kleinen Wunde in den Hohlraum saugt.

Das vielversprechende Konzept haben die Forscher an jungen Schweinen als Modell für den Menschen getestet. Dabei bestätigte sich, dass der Saugnapf tatsächlich innerhalb weniger Minuten nach dem Anpressen effektiv Blut sammeln kann: Es kommt genügend Volumen zusammen, um diagnostische Untersuchungen zu ermöglichen. Nach der Anwendung kann das Blut mittels einer Pipette aus dem Napf geholt werden. Alternativ kann das gewonnene Blut auch über einen Zapfen als Adapter sicher in Gefäße oder in ein Analysegerät überführt werden.

Massenproduktion für Malaria-Länder

Die Entwickler schienen von ihrer neuen Methode begeistert: Neben der weniger beängstigenden Wirkung des Näpfchens biete das Konzept weniger Verletzungsgefahr und könne sehr kostengünstig in Masse hergestellt werden.

Besonderes Potenzial sehen die Wissenschaftler dabei in Entwicklungsländern. Dort könne das System beispielsweise einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Malaria leisten. Denn für die Diagnose der Erkrankung reiche das erzielbare Blutvolumen aus.

Nächster Schritt: Nachhaltige Blutabnahme

Jetzt gehen die Forscher außerdem auf die Suche nach biologisch abbaubaren Materialien, um ein nachhaltiges Medizin-Produkt zu schaffen. Sie hoffen außerdem auf potente Sponsoren. Denn nur so könnte ihr bioinspiriertes Blutabnahme-System schon bald Menschen mit Spritzenangst und Patienten in strukturschwachen Regionen der Welt zugutekommen.

Quelle: wissenschaft.de

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