Ein Taschenrechner, mehrere Haftnotizen, ein Füller und ein Null-Euro-Schein© alfexe/iStock/Getty Images Plus
Aktuell dürfen Krankenkassen mit spitzen Bleistift kontrollieren und den Apotheken die Auszahlung komplett verweigern – der VZA fordert ein Verbot dieser Nullretaxation.

Apothekenreform

NULLRETAXATIONEN: ABSCHAFFUNG OHNE AUSNAHMEN GEFORDERT

Eigentlich sollten Nullretaxationen sich schon durch das Lieferengpassgesetz auf Ausnahmefälle beschränken. Die Realität anders aus. Der Verband Zytostatika-herstellender Apothekerinnen und Apotheker fordert ein komplettes Verbot von Nullretaxationen.

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Bis zum 28. Juni konnten Stellungnahmen zur geplanten, umstrittenen Apothekenreform des Bundesgesundheitsministers eingereicht werden. Das tat auch der Verband Zytostatika-herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Und er wird deutlich: Die bestehenden Probleme öffneten der Willkür Tür und Tor.

Auch die geplante Absenkung des Fixzuschlages lehnt der VZA rundheraus ab. Apotheken könnten schon jetzt die finanziellen Risiken für hochpreisige Arzneimittel kaum eingehen. Und auch bei weiteren Reformplänen müsse dringend nachgebessert werden.

Nullretaxationen abschaffen – ohne Schlupflöcher

Der VZA glaubt nicht an die geplante Apothekenreform in der jetzigen Fassung. Ein besonderer Dorn im Auge ist dem Verband die Nullretaxations-Praxis der Krankenkassen. Schließlich verarbeiten die Verbands-Mitglieder viele hochpreisige, aber auch risikobehaftete Arzneimittel und geben sie ab.

Die bisherigen Regelungen dazu, auch aus dem Lieferengpassgesetz (ALBVVG), gehen nicht weit genug, so der Verband. Die Verbote greifen nur exemplarisch wenige Fälle der „unberechtigten Nullretaxationen“ auf, die Kassen lassen von Vollabsetzungen nicht ab. Auch dann nicht, wenn bloß ein geringfügiger finanzieller Nachteil entstanden sei.

Als dramatisch sieht der Verband die langen Fristen an: Bis zu zwölf Monate haben die Kassen in der Regel Zeit für Beanstandungen. In dieser Zeit versorgt die Apotheke den Kunden in der Regel mit Zytostatika für mehrere Zyklen. Bei hochpreisigen Arzneimitteln summiert sich das schnell auf sehr hohe Beträge, wenn die Kassen dann nicht zahlen.

Nullretaxation nach der Abgabe verbieten

Der Verband schlägt vor, den Nullretaxations-Ausschluss eindeutig im Sozialgesetzbuch zu regeln. Hat der Patient das verordnete Arzneimittel erhalten, sollen Vollabsetzungen ganz klar ausgeschlossen werden. Auch dann, wenn die Apotheke bei der Belieferung Formfehler gemachtoder „Fehler im gesetzlichen oder vertraglich vorgesehenen Abgabevorgang“ passiert sind. Formfehler, die geheilt werden könnten, sollen von Beanstandungen vollständig ausgeschlossen sein.

Mehr Transparenz seitens der Kassen

Außerdem fordert der VZA, dass die Krankenkassen zukünftig Schaden eindeutig beziffern müssen, der ihnen durch den Fehler entstanden ist. Aktuell ist es umgekehrt. Laut VZA ist das intransparent und öffnet der „Willkür Tür und Tor“.

Auch bei anderen Themen fordert der Verband mehr Transparenz. Bei der Hilfstaxe muss diese Offenheit für alle Partner gelten. Schon jetzt können Krankenkassen Nachweise über Bezugsquellen, verarbeitete Mengen und Einkaufspreise abfragen. Aber diese Nachweise verlaufen uneinheitlich, bürokratisch und zeitverzögert. Das Gesetz will hier nachschärfen und eine Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Auskunftsverfahren einführen.

Der VZA fordert, dass der Deutsche Apothekerverband (DAV) Einsicht in die Abfrageergebnisse bekommt. Ohne diese Transparenz seien keine vertragspartnerschaftlichen Verhandlungen zur Hilfstaxe möglich. Der DAV kann sonst – im Unterschied zum Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV, dem Verhandlungspartner – die behaupteten Abfrageergebnisse nicht nachvollziehen.

Apotheker Pflicht für die Sicherheit

Der VZA warnt auch vor den geplanten Zweigapotheken ohne anwesenden Apotheker. Das hat einen bestimmten Grund: die Arzneimittelsicherheit. In der Onkologie werden zunehmend orale Zytostatika mit hohem Risikopotenzial abgegeben. Auf die entsprechende Beratung zu Wechselwirkungen und die Sicherheitsaufklärung würden PTA in ihrer Ausbildung nicht vorbereitet. Während der Verband die Telepharmazie durchaus positiv sieht, ist hier seiner Ansicht nach der „persönliche Einsatz des Pharmazeuten unverzichtbar“.

Hochpreiser sind finanzielles Risiko für Apotheken

Der geplanten Absenkung des Fixzuschlages von drei auf zwei Prozent erteilt der VZA eine ganz klare Absage. Apotheken mit vielen Hochpreisern gebe es in der Stadt wie auf dem Land. Schon jetzt liege der Rohertrag bei nur 3,1 Prozent, eine Absenkung würde ihn auf 2,23 Prozent schrumpfen lassen. Damit rangierten die Apotheken abgeschlagen hinter jeder anderen Branche im Einzelhandel.

Die Risiken der Vorfinanzierung von Hochpreisern, des Verlustes durch Bruch oder Verfall sowie der Nullretaxation führen dem Verband nach heute schon dazu, dass Kunden mit Verordnungen über hochpreisige Arzneimittel „von Apotheke zu Apotheke“ laufen. Für den VZA ist klar: Der Zuschlag kann nur nach oben, nicht nach unten angepasst werden.

Quellen:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/06/28/vza-fordert-nullretax-verbot-ohne-schlupfloecher
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2023/07/27/in-diesen-faellen-sind-nullretaxationen-jetzt-verboten

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