Eine Person in weißem Kittel und mit Stethoskop steht in einem Klinik-Flur. Sie hält eine Kühltasche in der Hand mit der Aufschrift „Human Organ for Transplant“, also Menschliches Organ zur Transplantation.© photographereddie/iStock/Getty Images Plus
Bei Organtransplantationen verhindern Immunsuppressiva, dass der Körper das fremde Organ abstößt.

Substitutionsausschluss

KEIN AUSTAUSCH VON EVEROLIMUS

Vom bewährten Wirkstoff Everolimus kommen nun Generika auf den Markt. Patienten müssen aber keine Befürchtungen haben: Die Substanz steht seit Mitte Mai auf der Substitutions-Ausschlussliste – zumindest in einigen Wirkstärken.

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Organtransplantationen sind und bleiben risikoreiche Eingriffe. Besonders gefürchtet: Abstoßungsreaktionen. Verständlich, dass Betroffene einen Wechsel ihres gewohnten Präparates oft skeptisch sehen. Für das Immunsuppressivum Everolimus kommen nun Generika auf den Markt – einen Austausch nach Rabattvertrag oder gegen preisgünstigere Anbieter soll es aber nicht geben.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) begründet den Substitutionsausschluss mit der engen therapeutischen Breite des Immunsuppressivums. In der Apotheke ist dennoch Vorsicht geboten: Nicht alle Everolimus-Präparate sind betroffen.

Substitutionsausschluss für niedrige Everolimus-Stärken

In Dosen unter einem Milligramm wird Everolimus bisher unter den Namen Certican® und Votubia® vertrieben. Diese Arzneimittel dienen der Vorbeugung von Abstoßungsreaktionen nach einer Organtransplantation. Höhere Dosierungen bis zu zehn Milligramm heißen bisher Afintor®. Sie kommen bei bestimmten Krebsarten zum Einsatz.

Für die Rezeptbelieferung in der Apotheke spielt zukünftig die verordnete Stärke eine Rolle. Sie bestimmt, ob das verordnete Arzneimittel gegen ein rabattiertes oder preisgünstiges ausgetauscht werden muss. Für die Krebstherapie gilt der kürzlich in Kraft getretene Substitutionsausschluss nach der Arzneimittelrichtlinie nämlich ausdrücklich nicht.

Was ist nochmal der Substitutionsausschluss?

Der Substitutionsausschluss kommt nur für bestimmte Substanzen unter strengen Voraussetzungen in Frage. Er kann den Vorschriften zufolge nur in die Richtlinie aufgenommen werden, wenn

  • „schon geringfügige Änderung der Dosis oder der Konzentration des Wirkstoffes (zum Beispiel im Plasma) zu klinisch relevanten Wirkungsveränderungen führt (enge therapeutische Breite),
  • infolge des Ersetzens durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht nur patientenindividuell begründete relevante klinische Beeinträchtigungen auftreten können,
  • die Fachinformation Anforderungen zur Therapiekontrolle vorsieht, aus denen sich ableiten lässt, dass das Ersetzen durch ein anderes, wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ohne ärztliche Kontrolle möglich ist“.

Enge therapeutische Breite

Auf der Liste in Anlage VII Teil B der Arzneimittelrichtlinie finden sich Substanzen wie L-Thyroxin, Phenprocoumon, Carbamazepin-Retardtabletten, bestimmte Opiate und einige Wirkstoffe mehr. Ihnen allen ist gemeinsam, dass bereits eine Veränderung der Auflösungsgeschwindigkeit oder der Wirkstoffabgabe ins Blut den Wirkstoffspiegel im Blut der Patienten beeinflussen kann. Das führt unter Umständen zu Über- oder Unterdosierungen und entweder unzureichender Wirkung oder problematischen Nebenwirkungen.

So auch bei Everolimus, wenn es in der Transplantationsmedizin zum Einsatz kommt. Hier enthalten die Präparate geringe Dosen, die nach kontinuierlicher Einnahme in etwa zehn Tagen einen konstanten Blutspiegel des Wirkstoffes sicherstellen. Dieser muss engmaschig vom Arzt kontrolliert werden.

Ein Präparatewechsel würde den eingestellten sogenannten Steady State gefährden. Das kann unter Umständen gefährlich werden und eine Immunreaktion zulassen, die das transplantierte Organ beschädigt, oder zu toxischen Nebenwirkungen führen.

Die Substanz weist zahlreiche Wechselwirkungen auf, unter anderem mit CYP3A4-Enzymen, die beim Abbau vieler Arzneistoffe gebraucht werden, sowie mit Nahrung.

Da Everolimus über die Hemmung bestimmter Rezeptoren T-Lymphozyten an der Vermehrung hindert, ist ein fein tariertes Gleichgewicht für die Behandelten unerlässlich. Nur so kann eine Abstoßungsreaktion zuverlässig verhindert und gleichzeitig eine ausreichende Funktion des Immunsystems gewährleistet werden.

Everolimus beliefern: Genau hinschauen!

Für die Krebsbehandlung werden weitaus höhere Wirkstoffmengen eingesetzt. Der G-BA erkennt hier „keinen Sachgrund, der eine Ausnahme vom Substitutionsgebot für Everolimus-haltige Arzneimittel mit einem Wirkstoffgehalt über 1 mg rechtfertigt“.

Am HV muss man also genau hinschauen. Achtung: Reimporte gelten arzneimittelrechtlich als identisch zum Original! Hier kommt die Apotheke um einen Austausch nicht herum.

Quellen:
https://www.kv-rlp.de/nachrichten/nachrichtentext/anlage-vii-aufnahme-von-everolimus-in-teil-b-1
https://www.g-ba.de/downloads/40-268-10165/2024-01-18_AM-RL-VII_Everolimus_TrG.pdf
https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Everolimus_48039

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