Neues Arzneimittel
INHALIEREN GEGEN PARKINSON
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In Deutschland haben rund 400 000 Menschen das idiopathische Parkinson-Syndrom, auch Morbus Parkinson genannt. Nach der Alzheimer-Krankheit ist es damit die zweithäufigste degenerative Erkrankung. Bei Betroffenen gehen fortschreitend dopaminerge Nervenzellen zugrunde, vor allem in der Substantia nigra. Typisch sind Rigor, Tremor und Bradykinese, also steife Muskeln, Zittern und verlangsamte Bewegungen.
Levodopa hat sich zur Therapie etabliert. Es kann den Verlust an dopaminergen Neuronen zwar nicht aufhalten, aber als Vorstufe von Dopamin lindert es die Beschwerden. Benserazid oder Carbidopa werden kombiniert, damit Levodopa die Blut-Hirn-Schranke durchqueren kann, ohne vorher abgebaut zu werden.
Während Levodopa anfangs meist gut anschlägt, kommt es im Verlauf der Behandlung zu Wirkungsschwankungen. Dann wechseln sich
- On-Phasen (gute Wirksamkeit),
- Überschießende Wirkung,
- Wearing-Off (vorzeitiger Wirkverlust) und
- Off-Phasen (keine Wirksamkeit)
ab. Vor allem die Off-Phasen schränken die Lebensqualität der Parkinson-Patient*innen ein. Diese Phasen kündigen sich bei jedem Menschen unterschiedlich an: Einige sind motorisch eingeschränkt, bei anderen kommt es zu Stimmungsschwankungen oder Müdigkeit.
Fluktuationen unter Levodopa
Nach vier bis sechs Jahren Levodopa-Einnahme kommt es bei 40 Prozent der Anwender*innen zu Off-Phasen, nach neun Jahren bei 70 Prozent. Mit zunehmender Einnahmedauer steigt der Anteil der Betroffenen weiter.
Off-Phase: Schnelle Wirkung erforderlich
In diesen Phasen, in denen die Dauermedikation nicht ausreichend wirkt, benötigen Parkinson-Betroffene schnellwirksame Alternativen. Bislang stehen Apomorphin und lösliche Levodopa-Tabletten zur Verfügung, aus denen eine Suspension zum Einnehmen bereitet wird.
Das Problem: Bei vielen Betroffenen ist die Magen-Darm-Passage verlangsamt, sodass oral verabreichtes Levodopa, auch als Suspension, im Akutfall nicht schnell genug aufgenommen wird. Apomorphin muss über eine Pumpe oder von Pflegepersonal injiziert werden und bringt eigene Nebenwirkungen mit sich. Hier verspricht ein neues Arzneimittel Abhilfe.
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Levodopa zum Inhalieren
Esteve Pharmaceuticals bringt mit Inbrija® das erste Levodopa-Fertigarzneimittel zum Inhalieren auf den Markt. Es handelt sich um einen Pulverinhalator, in den Wirkstoffkapseln eingesetzt werden – ähnlich wie bei einigen Inhalatoren gegen Asthma oder COPD. Durch die Inhalation wird der Wirkstoff schnell in den Blutkreislauf aufgenommen und umgeht die erste Leberpassage. In den USA ist es bereits seit einigen Jahren erhältlich.
Inbrija® ist spezifisch zugelassen bei Erwachsenen, die Levodopa und Benserazid oder Carbidopa einnehmen und unter Off-Phasen leiden. Außerdem sollen sie bemerken können, wann eine solche Off-Phase einsetzt. Sie können die Inhalation gut allein handhaben, wenn die Off-Phasen-Symptomatik nicht übermäßig stark ausgeprägt ist. In der Zulassungsstudie setzte die Wirkung von Inbrija® nach zehn Minuten ein, erreichte nach einer halben Stunde ihr Maximum und hielt bis zu einer Stunde an.
Eine Hartkapsel enthält 42 Milligramm (mg) Levodopa, davon werden 33 mg bei der Inhalation abgegeben. Patient*innen sollen gleich zu Beginn einer Off-Phase zwei Kapseln direkt hintereinander inhalieren, aber nicht mehrmals während einer Off-Phase. Treten mehrere Off-Phasen an einem Tag auf, kann die Anwendung aber bei bis zu fünf Phasen wiederholt werden, entsprechend liegt die Tageshöchstdosis bei zehn Kapseln.
Typische Nebenwirkungen sind Husten und Atemwegsinfekte. Da es auch zu Bronchospasmen kommen kann, wird Inbrija® Menschen mit Lungenerkrankungen nicht empfohlen.
Wichtige Beratungshinweise zur Levodopa-Inhalation
Die Kapsel soll nicht aus dem Blister gedrückt werden, sondern kann einfach entnommen werden, indem man die Folie vom Blister abzieht. Anschließend wird sie in den Inhalator eingelegt und durch Zusammendrücken des Geräts angestochen – jede Kapsel nur einmal. Dabei ist ein Klicken zu hören, und danach federt das Mundstück des Geräts wieder ein Stück zurück.
Die Inhalation kann, vor allem bei ungeübten Anwender*innen, einen Hustenreflex auslösen. Sie müssen die Einatemtechnik erst erlernen. Dafür sind meist drei bis fünf Versuche nötig, gibt der Hersteller an. Raten Sie Ihren Kund*innen, nicht zu schnell und nicht zu tief einzuatmen. Dabei kann man die Kapsel im Gerät rotieren hören. Anschließend soll man fünf Sekunden lang die Luft anhalten und nicht in den Inhalator ausatmen. Vor und nach der Inhalation einen Schluck zu trinken, kann auch ein guter Tipp sein, um Hustenreiz zu verringern.
Da Levodopa sich bei Oxidation verfärbt, kann es sein, dass das Sputum und andere Körperflüssigkeiten wie Speichel, Urin oder Schweiß ebenfalls schwarz werden – dies ist laut Esteve Pharmaceuticals aber unbedenklich.
Wie man den Inhalator handhabt, sehen Sie auch in diesem Anwendungsvideo in englischer Sprache: