Interview
TECHNOLOGIE UND ZAHNGESUNDHEIT
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Immer mehr Zahnärzt*innen empfehlen elektrische Zahnbürsten zur gründlichen Zahnreinigung. Der Grund: Mit der Handzahnbürste könnten die meisten Menschen nicht gut genug umgehen, um eine vergleichbare Putzleistung zu erzielen. Doch wie sieht es mit Apps, Feedback-Software und anderen Zahnputz-Technologien aus?
Die Zahnärztin Dr. Fanny Triessnig erklärt im Interview*, wie digitale Helfer das Bewusstsein für den Status der eigenen Zahngesundheit schärfen, Defizite aufzeigen und die Kommunikation zwischen PatientInnen und Zahnärzt*innen verbessern können.
Frau Dr. Triessnig, wie steht es um die allgemeine Zahngesundheit?
Dr. Triessnig: Immer besser! Das Bewusstsein für den Wert von gesunden Zähnen wächst stetig. Medizinisches Wissen findet seinen Weg über die ärztliche Aufklärung und die Medien viel schneller zu jedem Einzelnen. Die allgemeine Zahngesundheit hat sich dadurch in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.
Über Dr. Fanny Triessnig
Dr. Fanny Triessnig ist Zahnärztin und Spezialistin für Zahnspangen. Die Schwerpunkte ihrer Ordination, die im Herzen
von Wien liegt, sind Kieferorthopädie und Zahnspangen für Kinder und Erwachsene sowie Mundhygiene und
Zahnaufhellung.
Warum sind smarte Zahnbürsten und Apps gerade so erfolgreich?
Wer Gewohnheiten, wie das tägliche Zähneputzen, automatisch abspult, entwickelt über kurz oder lang Schwachstellen und blinde Flecken. Rechtshänder drücken zum Beispiel rechts zu sehr auf und sind linksunten oft weniger gründlich. Tracking-Apps können hier für mehr Bewusstsein sorgen.
Zähneputzen und Zahnhygiene im Fokus
Warum ist Tracking und Feedback ein wichtiger Faktor?
Für erwachsene Patient*innen mit Putzdefiziten ist engmaschiges Feedback bei der Zahnpflege sehr hilfreich, um den Status quo realistisch einzuschätzen und Problemen vorzubeugen. Dies kann man auf ähnliche Weise zur Motivation bei Kindern einsetzen, um die richtigen Routinen zu etablieren.
Könnte denn in absehbarer Zeit eine gute elektrische Zahnbürste oder Zahnpflegeroutine die professionelle Zahnreinigung ersetzen?
Grundsätzlich kann die eigene Zahnpflege zu Hause eine professionelle Mundhygiene bei der Zahnärztin nicht ersetzen, da wir auch in die Tiefe gehen, also dorthin, wo keine Zahnbürste hinkommt. So etwas wie die Entfernung von Zahnstein kann eine Zahnbürste nicht leisten, ganz egal, wie smart sie ist. Dafür braucht es spezielle Instrumente, die so nur in Zahnarztpraxen von geschultem Personal verwendet werden.
Für gesunde Zähne ist beides wichtig: Eine optimale Zahnpflege zu Hause, bestehend aus einer guten elektrischen Zahnbürste und Zahnseide, sowie der Besuch beim Zahnarzt zur Karieskontrolle und professionellen Mundhygiene. Idealerweise sollte man dafür mindestens zweimal im Jahr in der Praxis vorbeischauen.
Kann eine Handzahnbürste sehr gute Ergebnisse erzielen, wenn man die Putztechnik beherrscht und regelmäßig putzt?
Auch mit einer Handzahnbürste kann man seine Zähne sehr gründlich putzen, aber die richtige Handhabung fällt den meisten schwerer; außerdem werden die Handzahnbürsten meist zu stark aufgedrückt, was zu Rezessionen, also zu Zahnfleischrückgang, führen kann. Die Vibrationen einer elektrischen Zahnbürste sind nicht nur gründlicher in der Reinigung, sondern auch schonender für Zähne und Zahnfleisch, da hier die Bewegungen automatisch gestoppt werden, sobald der Druck für das Zahnfleisch zu groß ist.
Welches sind häufige Vorurteile von PatientInnen gegenüber digitalen Tools?
Viele Menschen fürchten, dass hinter digitalen Gesundheits-Tools und -Apps kein medizinisches Fachwissen, sondern allein eine Firma steht, die ihren Umsatz steigern will und dass die Funktionen nur wirtschaftlichen und nicht medizinischen Interessen dienen. Häufig arbeiten ernstzunehmende Hersteller aber sehr eng mit uns ÄrztInnen zusammen. Wir kennen die Probleme der Zahngesundheit und -pflege schließlich am besten.
Finden digitale Helfer auch in Ihrer Praxis schon Anwendung?
Ich arbeite zum Beispiel für die Erstellung von Zahnspangen mit einem 3DScanner anstelle herkömmlicher Abdrücke. Nach einem Scan kann ich der behandelten Person sofort ein 3D-Modell der eigenen Zähne zeigen und sogar eine erste Simulation der Zahnkorrektur. Ich sehe dabei den klaren Vorteil, dass wir mit dieser Technologie noch viel genauer arbeiten können: Ein 3D-Modell kann ich von allen Seiten ansehen und präziser vermessen als einen klassischen Abdruck.
Für die Patient*innen wiederum helfen Visualisierung und Simulation dabei, mehr Bewusstsein für den eigenen Gesundheitszustand und den Behandlungsplan zu entwickeln. Die große Herausforderung besteht dann darin, eine Schnittstelle zwischen mehreren Bereichen zu schaffen. Erst wenn man die Gesamtheit der bestehenden Befunde betrachtet, kann man die individuell beste Lösung finden.
Welche digitale Schnittstelle würden sie sich speziell für den Zahnputzmarkt wünschen, um die Zusammenarbeit mit PatientInnen noch effizienter zu gestalten?
Schön wäre hier, wenn die ganz persönlichen Risikostellen, auf die MundhygienikerInnen im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung die Patient*innen hinweisen, auch beim Zähneputzen zu Hause in Erinnerung gerufen werden. Vielleicht im Rahmen einer App, die sagt, dass zum Beispiel rechts oben der letzte Zahn besonders gut gereinigt werden muss. Die App könnte dann für diesen Bereich eine längere Putzzeit ansetzen als an den anderen Stellen.
Es würde den PatientInnen mehr Sicherheit geben, wenn individuell auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird. Es gibt einige App-Anbieter, die hier schon sehr weit sind.
Nutzen Sie selbst eine smarte Zahnbürste?
Es gibt ein paar wenige, sehr hochwertige Anbieter für Schallzahnbürsten: Schallzahnbürsten haben im Vergleich zu den rotierenden, elektrischen Zahnbürsten mit einem runden Bürstenkopf den Vorteil, dass sie sehr schonend zum Zahnfleisch sind und durch die hohe Anzahl an erzeugten Schwingungen besonders gründlich reinigen. Ich persönlich verwende eine Schallzahnbürste von Playbrush.
*Das Interview wurde von Vertretern des Tech-Startups Playbrush geführt