Eine schematisch dargestellte DNA-Helix© peterschreiber.media / iStock / Getty Images Plus
Weitere Geheimnisse der DNA-Helix sind nun entschlüsselt.

Genomsequenzierung

MENSCHLICHES ERBGUT LÜCKENLOS ENTSCHLÜSSEL

Große Teile des menschlichen Genoms sind bereits bekannt – doch schwarze Löcher existierten dennoch. Nun konnten dank technologischer Weiterentwicklungen auch die letzten acht unbekannten Prozent sequenziert werden.

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Vor 21 Jahren erlangte man bahnbrechende Erkenntnisse im Bereich der Genetik: erstmals konnten rund sechs Millionen Basenpaare und rund 25 000 proteinkodierende Gene unseres Genoms kartiert werden – immerhin 92 Prozent der gesamten DNA-Abfolge. Nicht entschlüsselte Bereiche wurden daraufhin mit dem Buchstaben „N“ markiert.

Dies betraf vor allem die Centromerregion der Chromosomen, also jenen Knotenpunkt, an dem die Chromosomenstränge zusammenlaufen und der für den Ablauf der Zellteilung von Bedeutung ist. Auch an den Telomeren, den Regionen am Ende der Chromosomenstränge, befand sich noch unbekanntes Terrain. Doch neue Sequenzierungstechnologien brachten unlängst Licht ins Dunkel.

Größere Teile vereinfachen das Puzzlen

Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein umfangreiches Puzzle vor sich liegen – und nur Himmelstücke. So vergleicht es auch Winston Timp von der Johns Hopkins University und Mitglied des Telomere-to-Telomere (T2T) Konsortiums, wenn er von der bisherigen Sequenzierungsmethode und dessen Knackpunkt berichtet. Denn bislang wurde das Erbgut einfach in zahlreiche 100-Basenpaare lange Stücke zerlegt, ausgelesen und nachträglich wieder in die richtige Reihenfolge gebracht. Ähneln sich diese Teilstücke zu sehr, ist ein nachträgliches Zusammensetzen jedoch unmöglich. Und so verhält es sich an den Centromeren und Telomeren der Chromosomen.

Die Kombination zwei neuer Methoden erlaubt die Bildung größerer Teilabschnitte bei gleichzeitig guter Ablesegenauigkeit. Das Team des T2T-Konsortiums konnte so das komplette Erbgut einer menschlichen Zelllinie mit identischen Schwesterchromatiden lückenlos entschlüsseln.

Informationen bringen zahlreiche Möglichkeiten mit sich

Nun ist das gesamte „Buch Mensch“ bekannt. Doch nicht nur fehlende Basenpaare und unbekannte proteincodierende Gene fanden die Forschenden, sondern auch Fehler im bisherigen Referenzgenom. Das neue Genom mit dem sperrigen Namen T2T-CHM13 füllt Wissenslücken, die relevant für die Aufklärung pathologischer Prozesse sein könnten. „Damit sehen wir jetzt Kapitel im Buch des Lebens, die wir noch nie zuvor lesen konnten“, sagt Evan Eichler von University of Washington. „Der vollständige Bauplan unseres Erbguts wird unsere Vorstellungen der genetischen Variation, der Krankheiten und der Evolution des Menschen revolutionieren.“ So seien die Informationen über den Aufbau der Centromere wichtig für den Ablauf der Meiose – einem Knackpunkt in der Zellteilung. „Wenn dieser Schritt der Meiose schiefläuft, kann es zu Chromosomen-Anomalien kommen, die Fehlgeburten oder genetisch bedingte Krankheiten verursachen“, erklärt Nicolas Altemose von der University of California in Berkeley. Störungen während der Zellteilung können auch die Entstehung von Krebs bedingen. Mit dem „Code der Centromere“ könnten künftig derartige Anomalien identifiziert werden.

In folgenden Untersuchungen widmet sich das Team nun Chromosomensätzen mit ungleichen Chromosomenpaaren und von Menschen aus unterschiedlichen Populationen, um Gemeinsamkeiten, Unterschiede und die Evolution der Menschentypen besser zu verstehen.

Quelle: wissenschaft.de

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