Drei Pflanzen
DREI GEGEN DURCHFALL
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Während Zubereitungen mit Uzara und Blutwurz für die Selbstmedikation geeignet sind, wird die Opiumtinktur nur bei schweren Diarrhöen verordnet und erfordert ein Btm-Rezept.
Uzara Die Uzara-Pflanze (Xysmalobium undulatum (LINNÉ) R. BROWN) ist eine bis zu einem Meter hoch wachsende Staude aus der Familie der Schwalbenwurzgewächse (Asclepiadoideae). Auf die charakteristisch eingerollten Ränder der kurzstieligen, lanzettförmigen, ledrigen Blätter nimmt die lateinische Artbezeichnung undulatum Bezug. Im Englischen wird Uzara wegen ihrer milchsaftführenden Blätter und Sprosse als Milk Bush bezeichnet. Ihr Synonym Wild Cotton verweist auf die weiß behaarten Samen, die wie watteartige Knäuel aussehen und an Baumwolle erinnern. Zudem sind die Bezeichnungen Bitterhout und Bitterwortel geläufig, die vom bitteren Geschmack der grauen bis grau-braunen Wurzel herrühren. Die Uzarapflanze hat bereits seit vielen Generationen einen festen Platz in der afrikanischen Volksmedizin. Ihre Wurzeln werden bei verschiedensten Beschwerden erfolgreich eingesetzt.
Bei uns stehen die motilitätshemmenden und spasmolytischen Eigenschaften auf den Magen-Darm-Trakt im Vordergrund. Sie sind maßgeblich auf Uzara-Cardenolide (z. B. Uzarin) zurückzuführen, die chemisch den Digitalis-Glykosiden nahestehen. Sie verstärken die Empfindlichkeit der sympathischen Nervenendigungen für Adrenalin, wodurch es zu einer Hemmung auf die glatte Muskulatur des Magen-Darm-Traktes kommt. Die Kommission E nennt in ihrer Positivmonographie als Anwendungsgebiete unspezifische, akute Durchfallerkrankungen.
Es kommen ethanolisch-wässrige Auszüge aus den getrockneten, unterirdischen Teilen zwei- bis dreijähriger Pflanzen zur Anwendung, die sich als Trockenextrakte in standardisierten Fertigarzneimitteln finden. Die Verwendung der Uzarawurzel als Teezubereitung ist hingegen nicht gebräuchlich. Uzara hat sich insbesondere für die Durchfalltherapie bei Kindern ab zwei Jahren bewährt. Für Patienten, die Digitalis einnehmen, ist das Phytotherapeutikum nicht geeignet. Auch wenn die Uzara-Cardenolide nicht den Herzmuskel beeinflussen, sind Wechselwirkungen mit Digitalis-Glykosiden nicht auszuschließen.
Schlafmohn Auch das aus dem Schlafmohn (Papaver somniferum L.) gewonnene Opium wird zur Behandlung von Durchfällen eingesetzt. Als Opium bezeichnet man den beim Anritzen der unreifen Mohnkapseln ausgetretenen Milchsaft, der an der Luft rasch eindickt und sich braun verfärbt. Diese gummiartige Masse enthält verschiedene Alkaloide, von denen Morphin, Narcotin, Codein, Papaverin und Thebain zu den wichtigsten zählen. Bereits in der Antike war die schmerzstillende und schlafbringende Wirkung des Opiums bekannt und hat Einzug in die griechische Mythologie gefunden.
So wurde die Mohnkapsel zum Symbol für Morpheus, den Gott des Schlafes. Ebenso verweist der Artname somniferum (von lat. somnus = Schlaf und lat. ferre = bringen) auf die schlafbringende Wirkung. Zudem hat Opium antidiarrhoische Eigenschaften. Noch heute ist in Deutschland die eingestellte Opiumtinktur als ein Arzneimittel zur Ruhigstellung des Darms (atonische Obstipation) bei schweren Diarrhoen gebräuchlich. Die Effekte beruhen auf der Bindung der Opiumalkaloide an zentrale und periphere Opioid-Rezeptoren. Im Magen-Darm-Trakt greifen die Alkaloide vor allem an μ-Opioid-Rezeptoren an, welche die Darmmotilität verringern, die Sekretion vermindern, die Darmperistaltik verlangsamen und den Tonus des Analsphinkters erhöhen. Papaver somniferum L. ist eine einjährige, etwa 1,5 Meter hoch wachsende, krautige Pflanze aus der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae).
Sie stammt aus Kulturen, die sich in verschiedenen Ländern (z. B. Türkei, Griechenland, Indien) der gemäßigten bis subtropischen Zone befinden. In vielen Ländern ist der Anbau von Schlafmohn allerdings verboten, um seine Verbreitung als Rauschmittel und Suchtstoff zu unterbinden. So auch in Deutschland, wo seine Anpflanzung aufgrund des Betäubungsmittelgesetzes der Genehmigungspflicht unterliegt. Das Mohngewächs besitzt einen aufrechten, meist kahlen, blaugrün bereiften Stängel.
Die Laubblätter sind länglich, mehr oder weniger stängelumfassend, ungleich gezähnt, wobei die unteren buchtig und die oberen Blätter ganzrandig sind. Auf jedem Stängel sitzt eine fünf bis zehn Zentimeter große, einzelne Blüte, die je nach Varietät weiße bis purpurrot gefärbte Blütenblätter aufweist. Nach der Blütezeit (Juni bis August) bleiben kugelige Fruchtkapseln zurück. Sie enthalten zahlreiche Samen, die weiß (Var. album), schiefergrau bis blau (Var. nigrum) oder hell-bis dunkelviolett (Var. glabrum) gefärbt sind.
Blutwurz Der deutsche Name der kleinen unscheinbaren Staude aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) macht auf die blutrote Farbe, die der Wurzelstock an Schnittstellen und im getrockneten Zustand erhält, aufmerksam. Ihr volkstümliches Synonym Tormentill, das sich vom lateinischen tormentum = Kolik ableitet, nimmt hingegen auf die Wirkung der Pflanze bei Durchfallerkrankungen Bezug. Auf diese Anwendungsgebiete verweisen auch die volkstümlichen Namen Bauchwehkraut und Bauchwehwurz. Zudem wird die ausdauernde krautige Pflanze aufrechtes Fingerkraut genannt. Dies ist eine direkte Übersetzung ihres botanischen Namens Potentilla erecta L. (griech. Pentaphyllon = Fünfblatt, lat. erecta = aufrecht).
Er greift die handförmigen grob gezähnten Stängelblätter, die fünfblättrig erscheinen, ebenso wie die aufrecht wachsenden Sprosse, die zu mehreren aus dem Wurzelstock treiben, auf. Die Stängel sind 20 bis 50 Zentimeter lang, dünn und weich behaart. Sie tragen vom Frühling bis in den Herbst hinein kleine gelbe Blüten, die nur aus vier Blütenblättern bestehen. Damit unterscheidet sich Potentilla erecta von anderen Rosengewächsen, die immer fünf Blütenblätter aufweisen. Gemein mit ihnen hat Blutwurz aber die für Rosengewächse charakteristischen vielen Staubblätter (14 bis 20 Stück). Blutwurz ist eine typische Gerbstoffdroge mit bis zu 22 Prozent Gerbstoffen im Wurzelstock (vorwiegend als Catechingerbstoffe). Außerdem sind Triterpene (Tormentosid) und Kaffeesäurederivate enthalten.
Arzneilich wird der von den Wurzeln befreite, getrocknete Wurzelstock (Tormentillae rhizoma/Tormentillwurzelstock) verwendet, dessen Qualität im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt ist. Sowohl die Kommission E als auch die ESCOP haben für Potentilla erecta eine positive Monographie erstellt, in der auf die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe verwiesen wird. Sie gilt als Grundlage für die anerkannten Indikationen. Zudem sind antioxidative, antiinflammatorische, antibakterielle und antivirale Eigenschaften an der Wirkung gegen Durchfall beteiligt. Die Kommission E führt neben unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen noch leichte Schleimhautentzündungen im Mund- und Rachenraum auf. Die ESCOP ergänzt diese Anwendungsgebiete noch um eine unterstützende Wirkung bei akuter und chronischer Darmentzündung.
Meistens wird Blutwurz als Tee getrunken. Dafür wird ein gehäufter Teelöffel der Wurzel (circa zwei bis drei Gramm) mit 150 Milliliter kochendem Wasser übergossen und zehn Minuten lang ziehen gelassen. Bei Durchfallerkrankungen sind zwei bis drei Tassen Tee täglich empfehlenswert. Bei einer größeren Trinkmenge sind bei empfindlichen Personen wegen des hohen Gerbstoffgehaltes Magenbeschwerden und Erbrechen möglich. Aufgrund mangelnder Erfahrungen wird von der Anwendung bei Kindern und Jugendlichen sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 10/2021 ab Seite 68.
Gode Chlond, Apothekerin