Diskriminierung
BENACHTEILIGUNG VON FRAUEN HINTERLÄSST SPUREN IN IHREM GEHIRN
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8000 Hirnscans hat man angefertigt, bei je 4000 Frauen und Männern aus 29 Ländern, und das Ergebnis war eindeutig: „In Ländern mit größerer Geschlechter-Ungleichheit zeigen sich deutliche geschlechterspezifische Unterschiede im Gehirn, wobei bei Männern die Großhirnrinde in der rechten Hirnhälfte dicker war als bei Frauen“, berichten André Zugman von den amerikanischen National Institutes of Health (NIH) und sein Team.
Die Stichprobe umfasste sowohl Länder wie Indien, Brasilien und die Türkei – wo große Unterschiede zwischen Mann und Frau herrschen – als auch Länder, in denen beide eher gleichberechtigt sind (Finnland, Schweden, Deutschland, Spanien). Hier ist die Beschaffenheit der Kortexe bei beiden Geschlechtern weitgehend gleich. 35 Prozent der Probanden stammten übrigens aus Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Ungleichheit der Geschlechter: Psyche leidet
Frühere Studien hatten bereits ergeben, dass Frauen in Ländern mit großer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ein höheres Risiko für psychische Erkrankungen haben. Außerdem ist ihr Bildungsniveau niedriger als das von Männern. Die Diskriminierung der Frauen erfolgt dabei in zahlreichen Bereichen – etwa im Bildungswesen, am Arbeitsplatz (sofern sie arbeiten dürfen), bei der politischen Vertretung und in der Gesundheitsversorgung.
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Mehr Synapsen führen zu dickerer Großhirnrinde
Dass der Kortex der Frauen in einigen Ländern (denen mit relativer Geschlechtergerechtigkeit) manchmal sogar dicker war als die der Männer, soll nicht heißen, dass hier die Herren diskriminiert werden. Zu den Regionen im Gehirn, die von dem Unterschied betroffen waren, zählten der anteriore cinguläre Gyrus und der orbifrontale Gyrus.
„Diese Regionen werden mit verschiedenen Aspekten der emotionalen Kontrolle in Verbindung gebracht, einschließlich der Widerstandsfähigkeit gegenüber Widrigkeiten, Reaktionen auf Ungerechtigkeit oder negative soziale Vergleiche“, erklärt das Forscherteam. Der Kortex dünnt nämlich auch dann aus, wenn beispielsweise eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Depression vorliegt.
„Frauen in den entsprechenden Ländern haben einen geringeren Zugang zu einer vorteilhaften, bereichernden Umgebung, die ihre Gehirnstruktur durch eine stärkere dendritische Verzweigung und eine erhöhte Synapsenbildung positiv verändern könnte“, sagen die Forscher – doch welche Mechanismen genau beteiligt sind, können sie auch nicht benennen, da viele Arten von negativen Erfahrungen nebeneinander bestünden.
Also möchten sie in künftigen Studien Faktoren und zeitliche Abläufe untersuchen, die den Kortex ausdünnen. Der Wunsch der amerikanischen Forschenden: eine auf Neurowissenschaften basierende Politik zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter.
Quelle: wissenschaft.de