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Männer- und Frauenvitamine

DER KLEINE UNTERSCHIED

Männer und Frauen haben in puncto Vitamine und Spurenelemente einen unterschiedlichen Bedarf. Und der kann in den verschiedenen Lebensphasen – beispielsweise bei Kinderwunsch oder mit zunehmenden Alter – sehr verschieden sein.

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Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz wollte es 2008 noch einmal ganz genau wissen: Sie gab über das Max-Rubner-Institut eine große Studie in Auftrag, bei der das Ernährungsverhalten der bundesdeutschen Bevölkerung erfragt wurde. Die letzte Nationale Verzehrsstudie, so der Titel, war zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits zwanzig Jahre alt.

Alarmierende Ergebnisse Die Nationale Verzehrsstudie II befragte also 20 000 Männer und Frauen. Heraus kam: Zu Nahrungsergänzungsmitteln oder zu nährstoffhaltigen Medikamenten griffen 28 Prozent der Befragten – Frauen im Schnitt häufiger als Männer. Und: Im Alter zwischen 65 bis 80 Jahren wurden am meisten Supplemente eingenommen. Doch bei vielen Mineralstoffen und bestimmten Vitaminen wurden die Referenzwerte allein durch Supplementierung nicht erreicht. Im Detail: 86 Prozent der Frauen und 79 Prozent der Männer in Deutschland waren nicht ausreichend mit Folsäure versorgt, sowie 91 Prozent der Frauen und 82 Prozent der Männer nicht ausreichend mit Vitamin D. 20 bis 50 Prozent der Bevölkerung zwischen 14 und 80 Jahren waren zudem unzureichend mit Vitamin B1, Vitamin B12, Vitamin C und Vitamin E versorgt.

Auch bei der Mineralstoffversorgung sah es nicht viel besser aus: 26 Prozent der Männer und 29 Prozent der Frauen schafften es nicht, täglich 300 bis 400 Milligramm (mg) Magnesium aufzunehmen; außerdem erreichten 46 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen die täglichen Zufuhrempfehlungen von 1000 bis 1200 mg täglich für Calcium nicht. Dasselbe betraf die Eisenzufuhr für 14 Prozent der Männer und 58 Prozent der Frauen; sie sollte 10 bis 15 mg täglich betragen. Jod, ein für den Menschen unentbehrliches Halogen, fehlte 28 Prozent der Männer und 57 Prozent der Frauen, die empfohlene Tagesdosis liegt hier bei 200 Mikrogramm (µg). Und schließlich erreichten 32 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen die empfohlene Dosis von 10 mg Zink pro Tag nicht. Hier zeichnet sich also bereits ein Unterschied in der Versorgung ab.

Thema Fruchtbarkeit Wünscht sich ein Paar Kinder, kommt es ganz besonders auf den Vitamin- und Mineralstoffstatus im Körper von Mann und Frau an. Zum Beispiel Folsäure, auch Vitamin B9 genannt: Es ist nicht nur generell für den Aminosäurestoffwechsel immens wichtig, sondern auch dafür zuständig, das Nervensystem des Fötus auszubilden – und das zu einem Zeitpunkt, an dem der Frau die Schwangerschaft zumeist noch gar nicht bewusst ist. Ein Mangel an Folsäure erhöht das Risiko eines Neuralrohrdefektes beim Kind um das Vierfache. Auch Eisen ist so ein Thema: Generell benötigen Frauen rund 15 mg des Metalls am Tag; Männer hingegen nur 10 mg.

Mehr zum besonderen Bedarf während der Schwangerschaft finden Sie im Beitrag Bedarfsgruppen ab Seite 62. Doch nicht nur Frauen sind beim Thema Supplementation bei Kinderwunsch gefragt. Ein Mann kann seine Spermienqualität und -menge über Vitamine und Spurenelemente verbessern. Es ist zum Beispiel wichtig, dass er in der Zeit des Kinderwunsches ausreichend Vitamin C, E und Zink zu sich nimmt. Daneben sorgen Selen und Glutathion für eine reibungslose Spermienproduktion. Sie sind für die Bildung eines wichtigen Enzyms, das an der Produktion des Spermium-​Mittelteils beteiligt ist, vonnöten.

Dementsprechend kann sich bei ausreichend gefüllten Speichern die Struktur und Beweglichkeit der Spermien verbessern. Auch die Aminosäure L-Arginin kann einen positiven Einfluss auf die Beweglichkeit haben. Studien haben darüber hinaus erwiesen, dass ein Vitamin-D-Mangel eine eingeschränkte Fruchtbarkeit verursacht, die durch eine Supplementierung (1000 I.E./d) leicht zu beheben ist. Die Mikronährstoffe L-Arginin, Carnitin und Zink helfen darüber hinaus bei Erektionsstörungen, indem sie die Gefäßinnenwände stärken, also eine endotheliale Dysfunktion verbessern.

Auch die Zufuhrempfehlungen für die jeweiligen Nährstoffe unterscheiden sich.

Thema WechseljahreWenn die Wechseljahre – also die Zeit, in der die Monatsblutung weniger häufig auftritt und schließlich ganz aufhört – beginnen, verändert sich der Hormonstatus der Frau radikal und auch die körperliche Befindlichkeit unterliegt fortan bei vielen Frauen großen Schwankungen. Hitzewallungen, Herzrasen, Wassereinlagerungen, depressive Verstimmungen sind mögliche (und häufige) Begleiterscheinungen. Mancher Arzt empfiehlt der Frau in dieser Zeit eine medikamentöse Hormonersatztherapie. Und so finden sich auch in den Nahrungsergänzungsmitteln für die Menopause häufiger die sogenannten Phytoestrogene, estrogenähnliche Pflanzenbestandteile – wie zum Beispiel Lignane oder Hopfenextrakte. In Kombination mit Calcium, Vitamin D und Tryptophan können sie die Wechseljahresbeschwerden lindern.

Wenn das Alter naht Mit dem Eintritt in das Alter wird der Nährstoffbedarf besonders wichtig. Denn ältere Menschen bewegen sich weniger und essen auch weniger vielfältig. So ist generell ein teilweise dramatischer Mangel – bis zu 90 Prozent – an Vitamin D bei älteren Menschen zu beobachten, denn das „Sonnenvitamin“ wird nur beim Aufenthalt im Freien in der Haut gebildet. Ab dem 50. Lebensjahr sollte jeder möglichst 500 bis 1000 I.E. täglich supplementieren, bei einseitiger Ernährungsweise in Kombination mit Calcium, da- mit der Calciumstoffwechsel und damit die Knochengesundheit gewährleistet sind. Bei einem Mangel können Osteoporose und Osteomalazie die Folge sein – das betrifft aufgrund des abweichenden Hormonhaushalts vor allem Frauen.

Der große UnterschiedGenerell gilt: Frauen benötigen wegen ihres geringeren Energiebedarfs nährstoffreichere Lebensmittel mit geringerem Energiegehalt, um die Versorgung mit essenziellen Nährstoffen sicherzustellen. Zum Beispiel bei Vitamin C, Vitamin B12, Calcium und Jod: Hier muss die Frau bei einem geringeren Energiebedarf die gleiche Menge Nährstoffe aufnehmen wie der Mann – und sie hat sogar einen noch höheren Bedarf während Schwangerschaft und Stillzeit. Anders ist das bei den Vitaminen K – das sich nach der Körpermasse – und Vitamin B6 – das sich nach der Proteinzufuhr richtet. Absolut bedeutet dies für Männer, dass sie von beidem eine höhere Zufuhr brauchen.

Bei anderen Nährstoffen bestehen wiederum physiologische Gründe für einen höheren Bedarf: So braucht eine Frau im gebärfähigen Alter aufgrund höherer Blutverluste während der Menstruation mehr Eisen; ein Mann wiederum benötigt mehr Zink als eine Frau, da er mehr schwitzt und damit das Spurenelement ausscheidet. Wer sich nicht sicher ist, ob er genügend Vitamine und Mineralstoffe zu sich nimmt, wer kaum Zeit hat, sich um seine Ernährung zu kümmern, für den bietet der Handel ein umfangreiches Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln an, das auf Lebensphase und -alter Rücksicht nimmt. Ein Blutbild kann Aufschluss über Mangelzustände geben, sodass gezielt supplementiert werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 70.

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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