Ein ungefähr zehnjähriges Mädchen spielt in ihrem Kinderzimmer mit einer Handheld-Konsole, sie reißt die Augen überrascht auf. Im Hintergrund läuft ihr Computer.© vorDa/iStock/Getty Images Plus
Videospiele beschäftigen uns bei Langeweile, lassen uns in verschiedene Rollen schlüpfen und in Kontakt mit Mitspielern treten.

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SIND VIDEOSPIELE GUT FÜR DIE PSYCHE?

An Videospielen scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen verteufeln sie wegen negativer Auswirkungen auf die Psyche, andere meinen, sie förderten die Konzentration. Was stimmt denn nun? Japanische und britische Forscher fanden heraus: Videospiele können der Psyche durchaus Gutes tun.

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Während der Corona-Pandemie waren Videospiele besonders beliebt. Vor allem für die Psyche von Kindern und Jugendlichen war der Wegfall vieler Sozialkontakte schwierig. Über Videospiele konnten sie dennoch online in Kontakt mit ihren Freunden treten und sie boten auch für Erwachsene eine willkommene Beschäftigung. Gegner behaupten nach wie vor, dass Videospiele ungesund seien und negative Auswirkungen auf die Psyche hätten.

Eine Arbeitsgruppe aus Japan hat sich eine Besonderheit des japanischen Einzelhandels während der Corona-Pandemie zunutze gemacht, um die Auswirkungen von Videospielen auf die Psyche nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu untersuchen. Britische Forscher ließen Menschen mit Autismus das Videospiel „Dungeons And Dragons“ spielen und fanden durchaus positive Effekte auf die Psyche der Probanden.

Sind Videospiele also gar nicht ungesund?

Um die Auswirkungen von Videospielen auf die Psyche zu untersuchen, führte das Team um Dr. Hiroyuki Egami, Assistenzprofessor an der Ninon University in Tokio, in der Zeit von Dezember 2020 bis März 2022 eine Online-Umfrage bei 97602 Japanerinnen und Japanern durch. Sie fanden heraus: Bei Menschen, die Videospiele spielten, war es um die Psyche besser bestellt. Sie waren zufriedener und ihre Lebensqualität verbesserte sich.

Für gewöhnlich gestaltet sich die Durchführung von Studien, die sich mit den Auswirkungen von Videospielen nicht nur auf die Psyche beschäftigen, schwierig. Denn entweder stehen lediglich Beobachtungsdaten zur Verfügung, wodurch sich Ursache und Wirkung schlecht auseinanderhalten lassen, oder die Studien unter Laborbedingungen haben wenig mit der alltäglichen Umgebung zuhause zu tun.

Während der Pandemie wurden die Konsolen für Videospiele wegen Lieferschwierigkeiten und erhöhter Nachfrage knapp. In Japan konnte man sich für eine Lotterie anmelden, die nach dem Zufallsprinzip entschied, wer eine Konsole bekam. Dadurch schuf der Einzelhandel eine Zufallsverteilung, die sich das Team um Egami zunutze machte. Von den rund 97000 Befragten hatten 8192 an der Lotterie teilgenommen, davon waren 35 Prozent „Hardcore-Gamer“, die rund drei Stunden täglich mit Videospielen verbrachten.

Videospiele haben positive Auswirkungen auf die Psyche – aber nicht zu lange

Allein der Besitz einer Nintendo Switch-Spielkonsole hatte positive Auswirkungen auf die Psyche. Die mentale Gesundheit, ermittelt nach einem Standard-Fragebogen, stieg um 0,6 Standardabweichungen an. Zum Verständnis dieser Einheit: Die kleinste Effektgröße, die für die Medieneffektforschung von Bedeutung ist, liegt bei 0,2 Standardabweichungen (SD).

Das Videospiel schließlich tatsächlich zu spielen, verbesserte die mentale Gesundheit um 0,81 SD. Spielten die Befragten mit einer Play Station 5, verbesserte sich ihre Lebensqualität um 0,41 SD. Interessant: Die positiven Auswirkungen der Videospiele auf die Psyche ließen bei einer Spielzeit von über drei Stunden wieder nach. Ein Zuviel an Videospielen ist also möglicherweise wirklich ungesund.

Ein Problem mit der Studie aus Japan gibt es allerdings, warnt Professor Dr. Przybylsky, seines Zeichens Psychologe an der University of Oxford. Die Untersuchungen zu den Auswirkungen von Videospielen auf die Psyche fanden während einer Pandemie statt, also einer Zeit, in der wenig Alternativen zu Videospielen bestanden und die Psyche der meisten Menschen stark belastet war. Przybylsky wünscht sich eine Reproduktion der Studie ohne Pandemiebedingungen.

Videospiele helfen Psyche von Menschen mit Autismus

An der University of Plymouth in England hat ein Team um Dr. Gray Alberton sich ebenfalls mit dem Einfluss von Videospielen auf die Psyche beschäftigt. Die Auswirkungen des Online-Rollenspiels „Dungeons And Dragons“ auf Menschen mit Autismus waren durchaus positiv, berichtet er.

Das Videospiel ermöglicht Menschen, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und so mit anderen in Kontakt zu treten, ohne dabei festgelegte Erwartungen erfüllen zu müssen. Gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen bereiten Menschen mit Autismus oft Probleme, was zu Vorurteilen führt.

Gray und sein Team ließen acht Erwachsene mit Autismus über sechs Wochen angeleitet das Videospiel spielen und interviewten sie danach. Die Auswirkungen auf die Psyche waren positiv. Die Probanden sahen das Videospiel als Chance, Erfahrungen außerhalb der für sie oft herausfordernden Realität zu machen. Das gab ihnen ein behagliches Gefühl und stärkte ihren Selbstwert auch außerhalb des Videospiels.

Möglicherweise könnten manche Videospiele also durchaus positive Effekte auf die Psyche haben und sind nicht so ungesund wie ihr Ruf. Die Auswirkungen müssen allerdings weiter untersucht werden.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/zocken-fuer-die-psyche-149627/
https://www.nature.com/articles/s41562-024-01948-y#MOESM1
https://www.eurekalert.org/news-releases/1055535
https://www.plymouth.ac.uk/news/dungeons-and-dragons-can-help-autistic-people-gain-confidence-and-find-their-inner-hero

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