Ein Hufeisenmagnet zieht Eisenkugeln an© Dome Studio / iStock / Getty Images Plus
Wie dieser Magnet Eisenkugeln zieht Magnetospirillum Eisen aus seiner Umgebung an - wie lässt sich das für die Krebstherapie nutzen?

Die Technik macht`s

MAGNETISCHE BAKTERIEN SCHLEUSEN MEDIKAMENTE EIN

Magnetische Bakterien  - das ist kein Witz, sondern ein Merkmal der Gattung Magnetospirillum. Wie man diese Spezies in der Krebstherapie einsetzen kann, das zeigt ein Experiment der ETH Zürich. Diese nutzte die Besonderheit, um Chemotherapeutika in Tumorzellen einzuschleusen.

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Magnetospirillae leben in sauerstoffarmen Gewässern und nehmen gelöstes Eisen aus ihrer Umgebung auf. Dadurch werden sie selbst magnetisch und können sich am Magnetfeld der Erde orientieren. Eine interessante Eigenschaft für die Forschung, denn die Kleinstlebewesen lassen sich dann mithilfe von Magnetfeldern steuern.

Und außerdem lieben die Bakterien auch noch Bereiche mit niedriger Sauerstoffkonzentration – solche Bedingungen herrschen unter anderem im Innern vieler Tumoren.

Optimale Vektoren

Von außen steuerbare Vehikel, das ist ein Traum für die gezielte Krebstherapie. Die biohybriden Mikroroboter auf Bakterienbasis ließen sich zweckentfremden, indem sie Medikamente an die gewünschte Stelle bringen. Statt also ein Chemotherapeutikum einfach in die Blutbahn zu geben, von wo aus es nicht nur zum Tumor, sondern auch in viele andere Regionen des Körpers gelangt und dort Schaden anrichtet, sollen die Bakterien das Medikament direkt zum Tumor transportieren und erst dort entlassen.

Die Herausforderungen dabei: Zum einen müssen die Bakterien überhaupt erst in die Nähe des Tumors kommen, zum andern müssen sie dort die Gefäßwand durchdringen, um aus dem Blutgefäß in den Tumor zu gelangen.

Die Bakterien finden ihren Weg

Labormäusen mit Tumoren wurden also Magnetospirillum in die Schwanzvene injiziert und sodann ein rotierendes Magnetfeld auf den Tumor gerichtet. Nach 24 Stunden zeigte sich: Die meisten Bakterien befanden sich tatsächlich im Tumor, nur wenige waren in anderen Organen gelandet.

Das rotierende Magnetfeld erwies sich auch insofern als nützlich, als es alle Bakterien erfasste und gleichzeitig lenkte. Zusätzlich hielt es sie ständig in Bewegung. Dadurch gelang es den Bakterien besser, sich durch temporär entstehende Lücken in der Gefäßwand der Blutgefäße zu zwängen und in den Tumor einzudringen.

Magnetospirillum im Inneren des Tumors

Als nützlich zeigte sich auch die bakterieneigene Tendenz, sich in sauerstoffarme Gebiete zu bewegen. Denn haben die Bakterien die Blutgefäßwand einmal passiert und sind sie im Tumor, können sie selbständig tief in ihn eindringen. Dass die Einzeller in der Lage sind, sogar eine Fracht mitzunehmen, bewiesen die Forschenden mithilfe von Nanobläschen aus Liposomen. Diese mit einem fluoreszierenden Farbstoff gefüllten Liposomen reicherten sich sichtbar im Innern des Tumorgewebes an. Auf die gleiche Weise ließe sich auch ein Medikament transportieren.

In Zukunft möchten die Forschenden klären, ob sich auch andere, nicht-magnetische Bakterien im Dienste der Wissenschaft nutzen lassen: zum Beispiel das gut erforschte Escherichia coli. Und auch Bakterien, die erwiesenermaßen das Immunsystem dazu bringen, Krebszellen anzugreifen: „Wir denken, dass wir mit unserem Ingenieur-Ansatz die Wirksamkeit der bakteriellen Krebstherapie erhöhen könnten“, erklärte die teilnehmende Wissenschaftlerin Simone Schürle.

Quelle: wissenschaft.de

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