Ein Arzt in Kittel und Schutzausrüstung sitzt neben einem Patienten oder einer Patientin und notiert etwas auf einem Klemmbrett.© Drazen Zigic / iStock / Getty Images Plus
Um abzuschätzen, wie schwer eine Corona-Infektion verlaufen wird, ist es wichtig, die Risikofaktoren zu kennen. Die sind aber nicht in allen Altersgruppen gleich gewichtet.

COVID-19-Verlauf

BEI RISIKOABSCHÄTZUNG ALTER MITEINBEZIEHEN

Menschen mit Vor- oder Begleiterkrankungen tragen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf. Doch scheinen diese nicht altersübergreifend zu gelten. Bei Jüngeren sollten einige Parameter anders bewertet werden als bei Älteren – so das Fazit einer aktuellen Studie.

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Nach über zwei Jahren Pandemie steigt der Dokumentenberg weiter: SARS-CoV-2 ist weiterhin der Mittelpunkt aktueller Infektionsforschung. Dabei ist nicht nur der Aufbau und Vermehrungszyklus des Virus interessant, um potenzielle Targets zu entdecken. Vulnerable Bevölkerungsgruppen müssen identifiziert werden, damit sie besser geschützt werden können. Neben dem Hinweis, dass die jeweilige Blutgruppe Aufschluss über das Risiko, an einem schweren Verlauf zu erkranken, geben kann, konnten in der Vergangenheit nach und nach bestimmte Risikofaktoren ermittelt werden.

Diabetes mellitus, starkes Übergewicht, eine chronische Lungenerkrankung oder ein geschwächtes Immunsystem erhöhen laut aktuellem Stand das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf. Doch gilt das für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen? Nicht immer sind ältere Menschen per se stärker betroffen. So scheint sich beispielsweise ein erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bei jüngeren Betroffenen eher auf den Krankheitsverlauf auszuwirken als bei älteren.

Bei der Aufnahme auf Vitalparameter achten

Für die Prognose eines COVID-19-Infizierten müssen vorrangig folgende Punkte bei der Anamnese abgeklärt werden: Begleiterkrankungen und Alter. Dem widersprechen Forschende um Sevda Molani vom Institute for Systems Biology in Seattle nun zum Teil. Das Team analysierte rund 7000 Patientendaten zwischen dem 31. Juni und dem 15. November 2021 eines Klinikverbundes in fünf US-Staaten.

Dazu untersuchten sie rückwirkend alle Befunde der Erstaufnahme nach der Aussagekraft ihrer Prognosen. Verschiedene Programme ermittelten hierbei die diagnostische Treffsicherheit prozentual: Ein Wert von 1,0 spiegelt eine 100-prozentige Trefferquote wider, ein Wert von 0,5 stellt einen Zufallsbefund dar. Alle erzielten eine gute Quote. So lagen die Werte bei Personen von 18 bis 50 Jahren bei 0,81, bei Älteren bei 0,82.

Interessant war jedoch die Hierarchie. Bei Jüngeren war die Atemfrequenz entscheidend, darauf folgten der Aspartat-Aminotransferase-Wert, die Sauerstoffgabe, der Kreatininwert und danach die Höhe des BMI. Wohingegen der BMI bei älteren Erkrankten erst an viel späterer Stelle in die Risikoberechnung mit einfloss. Hier waren Sauerstoffgabe, Blut-Harnstoff-Stickstoff, Atemfrequenz, Aspartat-Aminotransferase und Kaliumwert in absteigender Reihenfolge relevant. Nicht nur der BMI, sondern auch Begleiterkrankungen wie Krebs, Kardiomyopathie oder COPD scheinen laut der Studie eher für Jüngere ausschlaggebend für den Krankheitsverlauf zu sein als für Ältere.

Befinden wichtiger als Risikofaktoren

Doch wichtiger für die Risikoabschätzung ist: Wie geht es meinem Patienten beziehungsweise meiner Patientin? So stehen vor allem die aktuellen Vitalparameter, einige Laborwerte und die Notwendigkeit einer Sauerstoffgabe für die Risikoabschätzung im Vordergrund. Und das gilt – mit anscheinend abweichender Hierarchie – für beide Altersgruppen. Es zeigte sich, dass der Charlson-Komorbiditätsindex, der den Einfluss der Begleiterkrankungen bewertet, von untergeordneter Bedeutung ist.

Quelle: Deutsches Ärzteblatt

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