Mehrere alte Uhren und Wecker auf einer ebenso alten Kommode© jakkapan21 / iStock / Getty Images Plus
Für manche Organe ticken die Uhren schneller – und vorschnell gealterte Organe erkranken leichter.

Blutwerte

ORGANALTER BESTIMMEN UND KRANKHEITEN ERKENNEN, BEVOR SIE ENTSTEHEN

Das biologische Alter unserer Organe entspricht nicht immer unserem tatsächlichen Alter. Forscher haben nun Biomarker entschlüsselt, mit denen man vorzeitige Organalterung und ein damit verbundenes Krankheitsrisiko erkennen kann.

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Mit Hilfe von Computertechnologie konnten Eiweiße im menschlichen Blut identifiziert werden, die im Zusammenhang mit der Organfunktion stehen. Sie zeigen: Unsere Organe altern unterschiedlich schnell.

Das Forschungsteam um Hamilton Se-Hwee Oh und Tony Wyss-Coray an der Stanford University in Kalifornien hofft, bald Menschen behandeln zu können, bevor sie krank werden.

Normwerte für jedes Organ

Bei insgesamt 5676 Menschen aus fünf Kohortenstudien in den USA untersuchten die Forscher Blutwerte und Gesundheitsdaten. Mittels maschinellen Lernens analysierten sie, welche Proteine im Blut Informationen über den Zustand einzelner Organe geben. Sie identifizierten dabei 885 Blutmarker, aus deren Konzentration sich das biologische Alter von

  • Herz,
  • Fettgewebe,
  • Lunge,
  • Immunsystem,
  • Niere,
  • Leber,
  • Muskeln,
  • Bauchspeicheldrüse,
  • Gehirn,
  • Blutgefäßen und
  • Darm

ableiten lässt.

Aus den Durchschnittswerten gesunder Personen ermittelten Oh und sein Team altersgemäße Normwerte für jedes Organ. Abweichungen hiervon sind Anhaltspunkte dafür, dass das betreffende Organ älter oder jünger ist, als das kalendarische Alter seines Besitzers vermuten lässt.

Wenn Organe vorschnell altern

Bei rund 18 Prozent der über 50-Jährigen altert den Forschern zufolge mindestens ein Organ deutlich schneller als der Rest. Die betreffenden Personen haben ein erhöhtes Risiko, in den nächsten 15 Jahren an diesem Organ zu erkranken. Meist ist nur eins der elf untersuchten Organe betroffen, bei 1,7 Prozent sind es aber zwei oder mehr. Diese Menschen weisen ein 6,5-fach höheres Sterberisiko auf als Personen ohne vorzeitig gealtertes Organ.

Blutmarker zeigt Risiken frühzeitig

Der große Vorteil der neuen Methode: Sie macht ein Krankheitsrisiko bei scheinbar gesunden Menschen sichtbar, bevor Beschwerden auftreten.

  • Ein um vier Jahre vorgealtertes Herz beispielsweise konnten die Forscher mit einem 2,5-fachen Risiko für Herzversagen in Zusammenhang bringen.
  • Bei Menschen mit ältere Niere stieg das Risiko für Bluthochdruck und Diabetes.
  • In Bezug auf das Gehirn entsprach die Aussagekraft des neuen Bluttests der der aktuell besten klinischen Biomarker für die Diagnose von Alzheimer.

Die Forscher um Oh und Wyss-Coray hoffen, die gefundenen Ergebnisse an einer größeren Personenzahl reproduzieren zu können. Gelingt das, könnte man zukünftig bei scheinbar gesunden Menschen die Organe finden, die vorzeitig altern. Das damit verbundene Krankheits- und Sterberisiko ließe sich möglicherweise reduzieren.

Außerdem könnten die Forschungsergebnisse helfen, Zielstrukturen für neue Medikamente zu finden. Diese sollen die Organe wieder in einen jüngeren, funktionsfähigeren Zustand versetzen.

Quellen:
https://www.wissenschaft.de/gesundheit-medizin/bluttest-fuer-das-biologische-alter-der-organe/
Oh, H.SH., Rutledge, J., Nachun, D. et al.:  “Organ aging signatures in the plasma proteome track health and disease”, Nature 6. Dezember 2023. https://doi.org/10.1038/s41586-023-06802-1  

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