Ausbildung
EINBLICKE IN DEN ALLTAG EINER NOTFÄLLSANITÄTERIN
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Schnell mit dem Rettungswagen ausrücken und sich am Zielort umsichtig um Verletzte oder Kranke kümmern - das ist der Job von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern. Eine Tätigkeit, die mitunter psychisch belastende Momente mit sich bringt und auch sonst einige Schattenseiten hat.
Warum sie ihren Beruf trotzdem liebt und sich keinen anderen vorstellen kann, erzählt Viktoria Steiner, Notfallsanitäterin beim DRK-Kreisverband Siegen-Wittgenstein, im Job-Protokoll:
Warum ich diesen Beruf gewählt habe
Ich wollte etwas mit Menschen machen und ihnen helfen, wenn sie Hilfe brauchen. Es sollte im medizinischen Bereich sein, denn der fasziniert mich.
Übrigens hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Als junges Mädchen hatte ich mir einmal den Arm gebrochen. In dem Moment war ich sehr aufgeregt - und mein Umfeld ebenfalls. Wir fühlten uns hilflos, weil wir nicht wussten, was wir tun sollten. Als dann der Rettungswagen kam und mir geholfen wurde, war die Erleichterung und Dankbarkeit bei uns allen immens. Schon während des Einsatzes ging mir durch den Kopf, dass mir die Arbeit einer Notfallsanitäterin gefallen könnte. Später entschied ich mich, den Beruf von der Pike auf zu lernen.
Welche Ausbildung ich habe
Ich habe eine dreijährige duale Ausbildung zur Notfallsanitäterin durchlaufen, die teils an der Berufsfachschule und teils im Krankenhaus stattfand. Im Krankenhaus war ich in verschiedenen Abteilungen tätig - unter anderem in der interdisziplinären Notaufnahme, in der Intensivmedizin, im Anästhesie- und OP-Bereich sowie in der psychiatrischen Fachabteilung. So habe ich Einblicke auf vielerlei Gebieten gewinnen können.
Wie mein Alltag aussieht
In meinem Beruf gibt es nicht den klassischen Arbeitsalltag. Jeder Tag ist anders. Man weiß morgens nicht, was die nächsten Stunden bringen. Der Dienst beginnt morgens um sieben Uhr und endet am nächsten Tag um sieben Uhr, wir haben also 24-Stunden-Schichten. Ich bin auf der Rettungswache und warte nach der Morgenübergabe auf einen Einsatz. In ländlichen Regionen kommt es im Schnitt zu vier bis fünf Einsätzen pro Tag, in der Stadt sind es im Schnitt 14 Einsätze pro Tag.
Es gibt auf der Rettungswache für jeden einen Ruheraum, wo man sich hinlegen kann. Über einen Meldeempfänger am Gürtel werde ich informiert, wenn irgendwo etwas passiert ist und ich zusammen mit einer Kollegin oder einem Kollegen zu einem Einsatzort ausrücken soll. Tagsüber muss ich innerhalb einer Minute, nachts innerhalb von zwei Minuten startklar sein.
Wir fahren mitunter mit Blaulicht und Martinshorn los. Vor Ort geht es darum, Erste Hilfe zu leisten und den Gesundheitszustand der Erkrankten oder Verletzten zu überprüfen. Sind sie in Lebensgefahr? Muss eine Notärztin oder ein Notarzt hinzugezogen werden? Ist dies der Fall, müssen Notärzte alarmiert und bis zu ihrem Eintreffen medizinische Notfallmaßnahmen durchgeführt werden. Dazu gehört etwa die Beatmung von Patientinnen und Patienten oder Wiederbelebungsmaßnahmen. Wir verabreichen auch Medikamente, um den Kreislauf einer Person zu stabilisieren. Sobald die Notärztin oder der Notarzt eintrifft, assistieren wir bei den ärztlichen Behandlungen.
Wir Notfallsanitäter kümmern uns auch darum, im Bedarfsfall Patientinnen und Patienten fachgerecht und sicher in ein Krankenhaus zu transportieren. Wir befördern sie zum Einsatzfahrzeug, lagern sie dort und überwachen während der Fahrt die Vitalfunktionen. Falls notwendig, führen wir unterwegs medizinische Maßnahmen durch. An der Klinik liefern wir die Patientin oder den Patienten ab, übergeben Patientenunterlagen und schildern den zurückliegenden Einsatz, den wir anschließend schriftlich dokumentieren.
Danach säubern und desinfizieren wir die Einsatzfahrzeuge, füllen gegebenenfalls Medikamentenbestände auf und kontrollieren, ob alle medizinische Geräte einwandfrei funktionieren. An manchen Tagen steht dann schon gleich der nächste Einsatz an, an anderen gibt es zwischen einzelnen Einsätzen auch Pausen.
Wenn ich einen Tag - also 24 Stunden - gearbeitet habe, habe ich eigentlich zwei Tage frei. In der Praxis funktioniert das aber bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen von Kollegen nicht immer. Vorgeschrieben zwischen zwei Diensten ist aber immer eine Ruhepause von elf Stunden.
Wie ich mit emotional belastenden Momenten umgehe
Ja, mein Job ist mitunter psychisch sehr belastend. Man wird manchmal mit viel Leid konfrontiert. Wenn es darum geht, etwa ein schwer verletztes Kind zu versorgen, geht mir das sehr nahe. Aber wir Notfallsanitäter sind ein Team, wir reden über das Erlebte viel miteinander, und das hilft ungemein. Sich vor schrecklichen Momenten abschotten und sagen "Ich lass das jetzt nicht an mich ran" - das funktioniert nicht. Mir ist auch wichtig, dass mir meine Fähigkeit zu Sympathie und Empathie nicht verlorengeht.
Ein guter Ausgleich für die Arbeit ist für mich Sport. Ich jogge und mache Cheer-Dance. So bekomme ich den Kopf frei - und es ist auch körperlich ein Ausgleich für meinen Beruf, bei dem ich oft schwer heben muss.
Welche Nachteile mein Job mit sich bringt
Eigentlich müssen wir an 365 Tagen im Jahr, also ständig, bereit sein zu arbeiten. Es kann ja immer mal jemand ausfallen, dann muss Ersatz her. Insofern existieren für uns Feiertage im Sinne von Freihaben und mit Familie und Freunden feiern nicht wirklich. Und ein freies Wochenende von Freitag bis Sonntag kennen wir in der Regel auch nicht - an irgendeinem Tag zum Wochenausklang muss ich mit großer Wahrscheinlichkeit arbeiten.
Warum ich trotzdem an meinen Beruf festhalte
Mein Beruf ist sehr abwechslungsreich, er gibt mir wirklich sehr viel. Ich empfinde es als ein Privileg, in einer Notsituation Hilfe leisten zu dürfen. Das sorgt für ein gutes Gefühl. Und auch das Arbeiten im Team - im Rettungswagen sind wir immer zu zweit - und der Austausch untereinander macht mir viel Freude. Ich möchte meinen Beruf nicht missen.
Quelle: dpa