Rezeptur – Mischen possible
AUS FLÜSSIG MACH‘ FEST – IMIQUIMOD-ANALTAMPONADEN
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Heute machen wir aus einer flüssigen Substanz eine feste Arzneiform. Wenn wir Rezepturen herstellen, ist es ja häufig genau umgekehrt; aus Pulvern und Tabletten werden Säfte und Suspensionen. Heute betrachten wir jedoch eine Zubereitung, bei dem ein Fertigarzneimittel nicht nur seinen Aggregatzustand ändert, sondern auch Applikationsort und –art.
Es handelt sich um eine Arzneiform, die man hauptsächlich aus der Pädiatrie kennt und die im Erwachsenenalter eher selten angewendet wird. Ich rede von Suppositorien, Zäpfchen. Als Anwendungsgebiete fallen einem da Morbus Crohn und Hämorrhoiden ein, vielleicht Übelkeit und Erbrechen. Und Zäpfchen zum Abführen natürlich. Auch Kunden, die orale Applikationsformen nicht schlucken können, greifen zu Zäpfchen. Im Großen und Ganzen sind sie aber, wie gesagt, nicht die Lieblingsdarreichungsform.
Seltene Suppositorien
Umso spannender und interessanter wird es dann, wenn plötzlich mal wieder eine Verordnung über Suppositorien in der Rezeptur Staub aufwirbelt. Damit meine ich nicht, dass es im Labor schmutzig sei, sondern dass diese Art von Rezeptur mittlerweile selten geworden ist. Ich muss ehrlich gestehen, dass Suppositorien nicht zu meinen Lieblingsrezepturen gehören. Nicht nur da sie sehr zeitaufwendig sind, sondern auch, weil sie bei den aktuellen Temperaturen einfach keine Freude machen. Die mir vorliegende Verordnung lautet:
Imiquimod 6,25 Milligramm,
Hartfett (Adeps solidus) ad 2,0 g,
m.f. supp. Nr. 12
Der Arzt möchte, dass die Zäpfchen aus den Creme-Sachets des Fertigarzneimittels hergestellt werden. Wir machen also aus einer halbfesten eine feste Zubereitung.
Den Wirkstoffnamen Imiquimod hatte ich schon gehört, konnte ihn aber nicht zuordnen. Zum Glück gibt es bei jeder Apothekensoftware die Möglichkeit, eine Wirkstoffsuche durchzuführen. Oder man sucht online, oder man bemüht das wohl dickste Buch der Apotheke, die Rote Liste. So kehrten dann auch die Erinnerungen zurück – da war etwas mit Mullbinden und Eppendorfpipettenspitzen und Fettflecken überall.
Zum Glück hatten wir diese Rezeptur vor einem Jahr schon einmal zubereitet, so dass die Dokumentation im Rezepturprogramm hinterlegt ist – so konnte ich mir zumindest das Rechnen sparen. Die praktischste Hilfe fand ich allerdings in unseren alten Rezepturordnern, in diese heften wir Herstellungshilfen und sonstige Informationen zu seltenen Rezepturen ab. Man kann die Rezeptur grob in zwei Schritte gliedern, die beide ihre Zeit und räumlichen Platz brauchen.
Schritt 1: Anker vorbereiten
Ich habe eine gewisse Bastelleidenschaft und Fingerfertigkeit, die mir hier das Arbeiten etwas leichter macht. Denn als erstes brauche ich Mullbinden in Stücken, vier Zentimeter breit und 25 Zentimeter lang. Davon zwölf an der Zahl, für jedes Zäpfchen eins, ebenso viele Eppendorfpipettenspitzen. In einem Becherglas oder einer Fantaschale werden nun ungefähr vier Gramm Hartfett geschmolzen – ich habe mich für das Becherglas entschieden.
Nun werden die Pipettenspitzen zu zwei Dritteln mit Hartfett befüllt und ein Mullbinden Abschnitt hinein manövriert. Am besten gelingt dies, wenn die Mullbinden V-förmig gefaltet und etwas eingedreht werden und man mit Hilfe einer anderen Pipettenspitze etwas nachschiebt. Das Ganze muss dann erstmal komplett aushärten und erkalten.
Bis diese sogenannten Anker fest sind, bereiten wir die eigentliche Zäpfchenherstellung vor. Am liebsten verwende ich Einmalgießformen aus Kunststoff, aber Sie können genauso gut Metallformen verwenden. Jetzt kommt der zeitaufwendige und die Geduld strapazierende Teil: Das Herstellen der Zäpfchen.
Schritt 2: Imiquimod-Zäpfchen gießen: Immer nur zwei auf einmal
Das besondere bei Imiquimod-Suppositorien ist, dass immer nur zwei gleichzeitig hergestellt werden können. Die Creme löst sich nämlich nicht, sondern suspendiert nur in dem Hartfett und es ist nie eine homogene Masse. Mit der schrittweisen Herstellung versucht man, die Wirkstoffverteilung möglichst gleich zu halten.
Hierzu werden 1,8 Gramm Hartfett bis zur klaren Schmelze auf dem Wasserbad erhitzt und dann ein Beutelchen des Fertigarzneimittels hineingerührt. Spätestens jetzt sieht man, warum es so herstellt werden soll: In der klaren Schmelze schwimmen Fettaugen, die sich schnell wieder zusammenschließen. Deshalb muss dauernd sorgfältig gerührt werden, im Idealfall auch während des Ausgießens. In dieser Art und Weise werden nun nach und nach alle zwölf Zäpfchen ausgegossen.
Anker setzen
Mittlerweile sind auch die Anker, also die in Hartfett getränkten Mullabschnitte, ausgehärtet. Wir entnehmen sie aus ihrer Pipettenspitze. Nun muss noch einmal Geduld aufgebracht werden, bis die Zäpfchen fast ausgehärtet sind, dann werden die Anker hineingedrückt. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, die Suppositorien sollten dazu wirklich nahezu fest sein, sonst laufen sie über. Nun muss alles fertig aushärten – Zeit, die grönste Unordnung schon einmal zu beseitigen.
Verpacken, etikettieren, abgeben
Ganz fertig sind wir allerdings noch nicht: Die Öffnungen der Einmalgießformen sind noch nicht abgedeckt. Um die Zäpfchen vor Oxidation zu schützen, verpacke ich alles noch einmal in Alufolie. Dann gebe ich die Zäpfchen in eine große Kruke. Diese wird entsprechend etikettiert und der Kunde informiert, dass er sein Medikament abholen kann. In der Regel werden diese Aldara® Analtampons dreimal in der Woche verwendet, oder eben so, wie es der behandelnde Arzt festgelegt hat.
Der Kunde war glücklich, dass er seine Bestellung so zügig abholen konnte. Nach ein paar Tagen rief er allerdings an, klagte über Beschwerden am Applikationsort und wollte wissen, ob es wohl eine Allergie sein könnte. Da ein Fertigarzneimittel verwendet wurde, nahmen wir den Beipackzettel zur Hand und schauten bei den unerwünschten Wirkungen nach. Wir wurden schnell fündig: Hautauschlag, Juckreiz, Brennen oder Stechen auf der Haut und Rötungen sind möglich. Leider hatte der Kunde die gesamte Bandbreite. Wir konnten ihm nur raten, mit seinem behandelten Arzt in Kontakt zu treten, um alles Weitere zu besprechen.
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Und wozu dienen die Imiquimod-Analtamponaden?
Machen wir doch noch schnell eine kurze Exkursion zu dem verwendeten Arzneimittel Imiquimod. Jeder hat es bestimmt schon mal abgegeben, diese Schachtel mit den minikleinen Sachets, bei denen man sich unwillkürlich fragt, ob die reichen.
Imiquimod gehört zu den Immunmodulatoren und wird bei Feigwarzen im Genital- und Analbereich, bei Basalzell-Hautkrebs oder aktinischer Keratose angewendet. Es zerstört aber weder den Virus noch die Krebszellen direkt, sondern aktiviert das körpereigene Immunsystem in der Haut, indem es die Produktion verschiedener Zytokine ankurbelt; so ruft es eine Entzündung hervor. Hier haben wir dann auch die Erklärung für die möglichen Neben- und unerwünschten Wirkungen, unter denen der Kunde litt, auch wenn die Entzündung hier zur Wirkung beiträgt. Imiquimod löst in den erkrankten Hautzellen den programmierten Zelltod aus.
Die Mullstreifen in den Suppositorien hindern das Zäpfchen daran, zu hoch in den Enddarm zu rutschen. So kann die Schleimhaut in Afternähe behandelt werden. Außerdem kann der Anwender mit dem Mullstreifen den Sitz des Zäpfchens korrigieren, wenn es doch einmal verrutscht.
Quellen:
https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Imiquimod_5059
https://www.apotheken-umschau.de/medikamente/beipackzettel/aldara-5-creme-sachets-111981.html
https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Imiquimod_5059