Harninkontinenz
INKONTINENZ IST KEIN PIPIFAX
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Harninkontinenz, lateinisch Incontinentia urinae und im allgemeinen Sprachgebrauch schlicht Blasenschwäche genannt, bezeichnet das Unvermögen, die Blase willentlich – sprich am gewünschten Ort zur richtigen Zeit – zu entleeren. Leitsymptom dieser Form der Inkontinenz ist unwillkürlicher Urinverlust. Abhängig von Art und Schweregrad der Blasenschwäche kann die Symptomatik allerdings stark variieren.
Bei manchen Inkontinenz-Patienten kommt es lediglich in bestimmten Situationen zu unfreiwilligem Urinabgang, etwa bei körperlicher Anstrengung oder beim Lachen oder Husten. Bei anderen Blasenschwäche-Betroffenen stellt sich urplötzlich ein drängender, kaum zu kontrollierender Harndrang ein, der es mitunter unmöglich macht, die Toilette noch rechtzeitig zu erreichen. Die Beispiele machen deutlich, wie belastend eine Harninkontinenz sein kann. Wie sehr sie die Lebensqualität mindern und das Selbstwertgefühl beeinträchtigen kann.
Harninkontinenz: Nicht schämen, sondern Hilfe suche
Nicht selten geht der Kontrollverlust über die eigene Blase mit Scham einher, manchmal mündet er sogar in sozialem Rückzug und Isolation. Ein trauriges Schicksal, das jedoch vermeidbar ist. Denn feststeht, dass die meisten Formen der Harninkontinenz gut behandelbar sind: Es gibt eine Vielzahl von etablierten konservativen Therapien, die durch bewährte und neuere pharmakologische Interventionen und, falls erforderlich, invasive Behandlungsverfahren ergänzt werden.
Eine wirkungsvolle Behandlung der Harninkontinenz setzt natürlich voraus, dass Betroffene ihr Schweigen brechen, dass sie medizinische Hilfe und pharmazeutischen Rat in Anspruch nehmen. Die Blasenschwäche raus aus der Tabuzone zu holen und dafür zu sorgen, dass über unwillkürlichen Urinverlust in absehbarer Zeit genauso selbstverständlich gesprochen wird wie über Schnupfen oder Rückenschmerzen, ist und bleibt eine große Herausforderung.
Blasenschwäche: Ein Volksleiden
Eine wichtige Message für jeden Betroffenen von Blasenschwäche lautet: „Sie sind nicht allein!“ Hierzulande macht Harninkontinenz zig Millionen Menschen zu schaffen. Wie vielen genau, darüber existieren keine verlässlichen Statistiken.
- Eine Metaanalyse aus dem Jahr 2010 kommt zu dem Schluss, dass 25 bis 45 Prozent der Frauen und 11 bis 34 Prozent der Männer von Harninkontinenz betroffen sind.
- Eine deutsch-dänische Studie zu Blasenschwäche aus dem Jahr 2017 zeigt eine Prävalenz von 48,3 Prozent bei Frauen über 18 Jahren.
- Das Robert Koch-Institut wiederum spricht von etwa zehn Millionen Harninkontinenz-betroffenen Frauen in Deutschland.
In jedem Fall verdeutlichen diese Zahlen zweifellos, dass es sich bei Harninkontinenz um eine Volkskrankheit handelt. Und die macht bei weitem nicht nur Senioren zu schaffen.
Fakt ist auch, dass Frauen häufiger unter Inkontinenz leiden als Männer. Grund dafür ist einerseits die weibliche Anatomie. Aber auch Einflüsse wie vorangegangene Schwangerschaften und Geburten erhöhen das Risiko, die Kontrolle über die Blasenentleerung im Laufe des Lebens zu verlieren und eine Harninkontinenz zu entwickeln.
Bei Männern wiederum sind es oft Probleme mit der Prostata, etwa eine gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, kurz BPH), die die Blasenentleerung erschweren und in eine Inkontinenz münden können.
Verschiedene Arten der Inkontinenz
Generell unterscheiden Experten verschiedene Arten der Harninkontinenz. Eine exakte Diagnose ist wichtig, um die Blasenschwäche passgenau behandeln zu können.
Bei den verschiedenen Formen der Inkontinenz sind unterschiedliche Therapieoptionen erfolgreich. Deshalb ist eine sorgfältige Anamnese so wichtig.
Belastungs-Inkontinenz
Die Belastungs-Inkontinenz ist auch unter dem früher gebräuchlichen Begriff Stress-Inkontinenz bekannt und wird in Alltagssituationen ausgelöst, die eine körperliche Belastung darstellen: Typischerweise geht Urin unwillkürlich ab
- beim Heben schwerer Gegenstände,
- Husten,
- Niesen,
- Lachen oder
- bei sportlicher Aktivität.
Ursache für diese Form der Inkontinenz ist eine Funktionsstörung des Harnröhrenschließmuskels, häufig in Kombination mit einer Schwäche der Beckenbodenmuskulatur. Übersteigt der Blaseninnendruck bei körperlicher Anstrengung den verminderten Verschlussdruck, geht der Harn ungewollt ab, meist in Spritzern. Belastungs-Inkontinenz tritt bei Frauen sehr häufig auf.
Schwangerschaften, Geburten, hormonelle Umstellung in den Wechseljahren, Mehrgewicht: Viele Faktoren können dazu führen, dass der weibliche Beckenboden geschwächt wird. Bei Männern ist die Belastungs-Inkontinenz wesentlich seltener; radikale Prostataoperationen sind mögliche Ursachen.
Mediziner unterscheiden drei Schweregrade der Belastungs-Inkontinenz:
- Grad 1 ist gekennzeichnet durch unwillkürlichen Urinverlust bei starker körperlicher Belastung (z. B. beim Husten, Anheben schwerer Gegenstände).
- Bei Grad 2 führen bereits leichtere körperliche Betätigungen (z. B. Treppensteigen, Aufstehen aus dem Sitzen) zu unkontrollierter Blasenentleerung.
- Ist Grad 3 erreicht, geht der Harn sogar bei körperlicher Ruhe (z. B. im Stehen oder Liegen) ungewollt ab.
Drang-Inkontinenz
Die Drang-Inkontinenz wird auch Urge-Inkontinenz genannt und gehört zu den Blasenspeicherungsstörungen. Gekennzeichnet ist diese Form der Blasenschwäche durch plötzlichen, nicht zu unterdrückenden Harndrang, den Betroffene selbst dann verspüren, wenn sich nur vergleichsweise wenig Urin in der Blase befindet. Oft können sie den imperativen Harndrang nicht lange genug zurückhalten, um die Toilette aufzusuchen – es kommt nicht selten zu einer schwallartigen Blasenentleerung. Ausgelöst wird das heftige Druckgefühl durch das Zusammenziehen des Blasenmuskels (Detrusor).
Der Drang-Inkontinenz zugrunde liegen können ganz unterschiedliche Ursachen. Dazu gehören:
- Entzündungen der Harnwege,
- Blasensteine,
- Tumoren und
- neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson und Multiple Sklerose.
Bei Frauen kann der sinkende Östrogenspiegel in den Wechseljahren Drang-Inkontinenz begünstigen, bei Männern eine altersbedingte Prostatavergrößerung der Auslöser sein. Ursachenforschung ist Pflicht, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Generell tritt Drang-Inkontinenz mit zunehmendem Alter häufiger auf. Bei Männern ist sie quer durch alle Altersgruppen die dominierende Form der Blasenschwäche, bei Frauen unter 50 Jahren ist eine reine Drang-Inkontinenz seltener.
Gereizte Blase?
Die Begriffe „überaktive Blase“ oder auch „Reizblase“ werden oft synonym für die Drang-Inkontinenz genutzt. Ganz richtig ist das allerdings nicht. Die überaktive Blase, kurz ÜAB, muss nicht zwangsläufig mit unwillkürlichem Harnverlust beziehungsweise Inkontinenz einhergehen. Typisch dafür sind plötzlich auftretender, imperativer Harndrang und eine übermäßig häufige Frequenz des Wasserlassens, wobei oft nur kleine Urinmengen abgesetzt werden können.
Misch-Inkontinenz
Die Misch-Inkontinenz weist, wie der Name bereits vermuten lässt, typische Merkmale der Drang- und der Belastungsinkontinenz auf. Bei Frauen ist sie die zweithäufigste Form der Harninkontinenz. Betroffene leiden einerseits unter imperativem Harndrang mit unkontrollierter Blasenentleerung und andererseits unter unwillkürlichem Urinverlust in körperlichen Belastungssituationen. Die Symptome beider Inkontinenz-Formen können jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sein, eine der beiden Formen kann vorherrschen. Insbesondere Frauen über 50 Jahren macht Misch-Inkontinenz zu schaffen. Oft tritt sie nach der Menopause in Erscheinung.
Überlauf-Inkontinenz
Hinter dem Begriff der Überlauf-Inkontinenz verbirgt sich ein unkontrolliertes Überlaufen der Blase, das Betroffene oft als „ständiges Tröpfeln“ beschreiben. Bei voller Blase fließen ständig kleine Urinmengen ab, typisch ist auch permanenter Harndrang. Ursachenfür diese Art der Harninkontinenz können eine blockierte Harnröhre, zum Beispiel durch eine gutartige Prostatavergrößerung oder Harnsteine, oder eine schwache Blasenmuskulatur, beispielsweise hervorgerufen durch Nervenschädigungen bei Diabetes oder andere Erkrankungen, sein. Männer sind wesentlich häufiger betroffen als Frauen.
Reflex-Inkontinenz
Die Reflex-Inkontinenz wird auch neurogene Inkontinenz genannt, ist durch eine nicht steuerbare Blasenentleerung gekennzeichnet. Die Miktion kann weder willentlich begonnen noch unterbrochen werden, oft verspüren Betroffene keinen Harndrang. Ihr zugrunde liegen Anomalien im Nervensystem, die zu gestörten Reflexen im Gehirn führen. Da das Gehirn die Blasenmuskulatur nicht steuern kann, tritt ein unerwünschter Urinverlust auf. Neurogene Inkontinenz ist typisch für Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie fortgeschrittener Multipler Sklerose, Parkinson oder nach Rückenmarksschädigungen (Querschnittlähmung). Die Ursachen einer Reflexinkontinenz sind mitunter auch angeboren, wie etwa bei einer Spina bifida (offener Rücken). Frauen, Männer und Kinder können gleichermaßen davon betroffen sein.
Extraurethrale Harninkontinenz
Dies ist eine seltene Form der Blasenschwäche. Betroffene verlieren den Urin nicht über die Harnröhre, sondern über die Bauchhaut, die Scheide oder den Anus. Der Begriff „extraurethral“, der so viel wie „außerhalb der Harnröhre“ bedeutet, weist darauf hin. Möglich sind angeborene Ursachen wie Fehlbildungen oder Fehlleitungen des Harnleiters oder der Harnröhre, die insbesondere im Kindesalter für diese Form der Harninkontinenz verantwortlich sind. Im späteren Leben sind es häufig erworbene unnatürliche Verbindungen, sogenannte Fisteln (zum Beispiel zwischen Harnleiter und Darm oder zwischen Blase und Scheide), die extraurethrale Harninkontinenz zur Folge haben.
Bettnässen: Wann spricht man bei Kindern von Inkontinenz?
Ab einem Alter von fünf Jahren schlafen die meisten Kinder nachts durch oder werden wach, wenn sie „Pipi machen“ müssen. Aber nicht alle: Bei manchen dauert es etwas länger, bis sie generell trocken durch die Nacht kommen. Wenn Kids über fünf Jahre nachts ohne körperliche Ursache immer wieder ins Bett machen, sprechen Mediziner von Enuresis nocturna, umgangssprachlich Bettnässen genannt. Jungen sind davon häufiger betroffen als Mädchen.
Dem Problem, das Eltern oft verunsichert, können unterschiedliche, oft eher harmlose Ursachen zugrunde liegen – ein Besuch beim Kinderarzt sorgt rasch für Klarheit und Beruhigung. Wichtig zu wissen ist, dass die Kleinen nicht absichtlich ins Bett machen. Aufgabe der Eltern ist es, dem Nachwuchs die Sorgen zu nehmen und klarzumachen, dass er keine Schuld am Bettnässen hat.
Ob und wann eine Therapie erforderlich ist und welche Behandlung wirklich Erfolg verspricht, sollte die Familie mit dem Kinderarzt besprechen. Zu den Behandlungsoptionen gehören unter anderem elektronische Wecksysteme (z. B. Klingelhöschen und -matten) sowie Arzneimittel, etwa mit dem verschreibungspflichtigen Wirkstoff Desmopressin. Dabei handelt es um ein synthetisches Analogon des antidiuretischen Hormons Vasopressin.
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Behandlung der Blasenschwäche: nach Maß
Beckenbodentraining, Blasentraining, pharmakologische Intervention oder doch eine invasive Therapie? Die passgenaue Behandlung der Blasenschwäche, die häufig aus mehreren aufeinander abgestimmten Therapiebausteinen besteht, hängt natürlich von Art und Ausprägung der Harninkontinenz ab. Und das bedeutet auch: Eine exakte Diagnostik ist Voraussetzung für eine erfolgversprechende Harninkontinenz-Behandlung.
Beckenbodentraining
Es gehört zu den konservativen Therapien und zielt darauf ab, die geschwächte Muskulatur zu stabilisieren. Insbesondere bei Belastungs-Inkontinenz und Misch-Inkontinenz versprechen die gezielten Übungen großen Erfolg – übrigens nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern.
Wichtig ist es, die Übungen regelmäßig über einen längeren Zeitraum durchzuführen, Experten empfehlen häufig ein Training über mindestens drei Monate. Beckenbodentraining erlernen Harninkontinenz-Betroffene unter fachkundiger Anleitung, etwa bei einem Physiotherapeuten, und können es später dann zu Hause in Eigenregie fortführen. Biofeedback und Elektrostimulation kommen unter Umständen als ergänzende Verfahren infrage, um die Beckenbodenmuskulatur zu stärken.
Blasentraining
Es kommt bei Drang- und Misch-Inkontinenz zum Einsatz und stellt hier oft die erste therapeutische Intervention dar. Hierbei lernen Blasenschwäche-Betroffene, den Abstand zwischen zwei Blasenentleerungen allmählich auszuweiten. Durch die Verlängerung der Miktionsintervalle wird die Blase daran gewöhnt, größere Urinmengen zu speichern. Allein dadurch bessert sich die Symptomatik der Inkontinenz oft deutlich. Ein Miktionsprotokoll, in dem Toilettengänge, Harndrang und Trinkmenge dokumentiert werden, kann das Behandlungskonzept sinnvoll unterstützen.
Lebensstil bei Harninkontinenz anpassen
Sie sind mitunter unerlässlich, um die Blase wieder unter Kontrolle zu bekommen. Dazu gehört, falls erforderlich, eine Gewichtsreduktion. Der Arzt wird übergewichtigen und adipösen Patienten mit Blasenschwäche vermutlich dazu raten, denn jedes Kilo zu viel belastet den Beckenboden zusätzlich. Bereits eine moderate Gewichtsabnahme kann sich positiv auswirken und die Harninkontinenz bessern.
Eine Verringerung der Coffein-Zufuhr kann imperativen Harndrang verbessern und die Miktionshäufigkeit reduzieren, auf die Belastungs-Inkontinenz hat der Verzicht auf Kaffee und Co. jedoch keinen positiven Einfluss. Inwiefern eine Anpassung der Trinkgewohnheiten sinnvoll und erfolgversprechend sein kann, sollten von Blasenschwäche Geplagte unbedingt mit ihrem Arzt besprechen. Die Flüssigkeitszufuhr auf eigene Faust (drastisch) zu reduzieren, um „weniger müssen zu müssen“ – das kann mehr schaden als nutzen.
Pessare
Für Frauen mit Belastungs-Inkontinenz kommen diese Hilfsmittel infrage, um die Harnröhre zu stützen und den Organen Halt zu geben. Die kleinen medizinischen Ringe, Schalen oder Würfel werden in die Scheide eingeführt. Experten vermuten, dass sie auch dazu beitragen, die Inkontinenz zu lindern, indem sie die Beckenbodenmuskulatur kräftigen.
Wirksame Medizin gegen Inkontinenz
Insbesondere die Drang-Inkontinenz ist sehr gut medikamentös behandelbar. Zum Einsatz kommen verschreibungspflichtige Anticholinergika. Sie hemmen Rezeptoren in der Blasenwand und hindern die Blasenmuskulatur daran, sich zusammenzuziehen. Zur Verfügung stehen Arzneimittel mit den Wirkstoffen
- Oxybutynin,
- Tolterodin,
- Fesoterodin,
- Trospium,
- Propiverin,
- Darifenacin und
- Solifenacin.
Studien bestätigen die gute Wirksamkeit der Substanzen bei Drang-Inkontinenz. Sowohl Retard-Formulierungen als auch nicht retardierte Präparate zeigen eine klinisch signifikante Heilungs- und Verbesserungsrate der Inkontinenz. „Einzelne Medikamentenklassen im Vergleich untereinander zeigen keine Unterschiede in der signifikanten Verbesserung der Lebensqualität oder Reduktion der Dranginkontinenzepisoden auf“, heißt es in der S2k-Leitlinie „Harninkontinenz der Frau“. „Die Häufigkeit des imperativen Harndrangs, der täglichen und nächtlichen Miktionen wird signifikant reduziert, das Miktionsvolumen erhöht.“
Im Beratungsalltag in der Apotheke zu berücksichtigen ist, dass anticholinerge Substanzen diverse Nebenwirkungen auf verschiedene Organsysteme haben können. Unter anderem können sie Mundtrockenheit, Schläfrigkeit, Sehstörungen, Obstipation und kognitive Einschränkungen hervorrufen. Dabei gilt: Kurzwirksame Formulierungen weisen höhere Nebenwirkungsraten auf als langwirksame oder transdermale Formulierungen.
Ebenfalls zur Behandlung der Drang-Inkontinenz infrage kommt der selektive Beta-3-Adrenozeptoragonist Mirabegron, der die Harnblasenmuskulatur entspannt und so die Aktivität der überaktiven Blase verringert. Als unerwünschte Nebenwirkung ist eine mögliche Bluthochdruckerhöhung zu beachten. Eine weitere Therapieoption bei Harninkontinenz besteht darin, Botulinumtoxin in die Blasenwand zu injizieren.
Für Frauen mit Belastungs-Inkontinenz kommt eine medikamentöse Behandlung mit dem Wirkstoff Duloxetin infrage. Der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer steigert die Spannung des Harnröhrenschließmuskels, der die Blase so länger dichthalten kann. Belegt ist die Wirksamkeit bei mittelschwerer und schwerer Harninkontinenz. Steht die Blasenschwäche bei Frauen mit einem sinkenden Östrogenspiegel in den Wechseljahren in Zusammenhang, kann der Arzt östrogenhaltige Lokaltherapeutika wie Salben oder Scheidenzäpfchen verordnen.
Führen konservative und pharmakologische Ansätze nicht zum gewünschten Erfolg, stehen unterschiedliche invasive Therapien zur Verfügung. Bei Frauen mit Belastungs-Inkontinenz gehört die minimalinvasive Einlage von spannungsfreien, suburethralen Schlingen zu den Standardverfahren. Auch für Männer mit Inkontinenz gibt es diverse Methoden der chirurgischen Intervention.
Inkontinenz-Vorlagen: Plus an Sicherheit
Reisen, ausgehen, Sport treiben, mit den Enkeln toben und, und, und: Inkontinenz-Hilfsmittel ermöglichen es vielen Menschen, den Alltag trotz Blasenschwäche sicher zu meistern und ein weitgehend unbeschwertes Leben zu führen. Vorlagen, Einweghosen und Co. können das Problem zwar nicht beheben und selbstverständlich weder den Arztbesuch noch die spezifische Therapie ersetzen. Aber sie unterstützen die Behandlung der Harninkontinenz sinnvoll. Mitunter sind sie nur vorübergehend erforderlich, etwa bis eine ursächliche Therapie greift, mitunter aber auch dauerhaft.
Als Hilfsmittel sind Inkontinenz-Hilfen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Um sie auf Kassenkosten zu erhalten, müssen bestimmte Voraussetzung erfüllt sein. Zudem benötigen Harninkontinenz-Patienten eine ärztliche Verordnung.
Aufsaugende körpernahe Hilfsmittel sind mehrschichtig aufgebaut, können große Mengen an Flüssigkeit aufnehmen und verhindern Geruchsbildung zuverlässig. Es gibt sie in unterschiedlichen Ausführungen und Saugstärken. Inkontinenz-Einlagen werden mit Klebestreifen in der eigenen Unterwäsche fixiert, Inkontinenz-Vorlagen sitzen in Kombination mit einer Fixierhose (z. B. einer Netzhose) sicher am Körper. Inkontinenz-Hosen (oft ist auch von Inkontinenz-Slips, -Pants oder -Pull-ups die Rede) werden getragen wie normale Unterhosen. Sie können auf der Toilette herunter- und wieder hochgezogen werden. Wiederverschließbare Schutzhosen mit Klett- oder Haftstreifen funktionieren nach dem Windelprinzip. Sie kommen oft zum Einsatz, wenn immobile oder pflegebedürftige Menschen unter ausgeprägter Harninkontinenz leiden.
Wie die Apotheke bei Inkontinenz und Blasenschwäche hilft
Inkontinenz-Patienten mit schwacher Blase und/oder deren Angehörige mit individuell geeigneten Inkontinenz-Hilfsmitteln vertraut zu machen, erfordert nicht nur die Kompetenz, sondern auch das Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen des Apothekenteams. Dankbar sind betroffene Kunden sicherlich über eine diskrete Beratung fernab des alltäglichen Trubels in der Apotheke.