DIE ZWEITE MEINUNG: INFORMATIONEN ZU ICHTHYOL^® IN DER REZEPTUR

Haben wir wichtige Entscheidungen zu treffen, wenden wir uns häufig an Menschen, an deren Meinung uns etwas liegt. Zu denen wir Vertrauen haben. In unserem beruflichen Alltag fragen wir Kollegen oder wir wälzen Nachschlagewerke. Auch in der Rezepturherstellung sollten wir uns nicht nur auf eine Quelle stützen.
Das heißt nicht, dass wir vor jeder neuen und unbekannten Rezeptur das komplette Internet oder sämtliche Bücher durchforschen müssen. Aber alte und neue Medien, also Büchen oder klassische Nachschlagewerke und das Internet, ergänzen sich sehr gut.

Bei offiziellen Nachschlagewerken wie dem Europäischen Arzneibuch, dem Neuen Rezepturformularium (NRF) oder bei Fachbüchern können wir sicher sein, dass die Information stimmt (sofern die Auflage aktuell ist) und dass sie aus seriösen Quellen stammt.
Das Internet mag schneller sein, allerdings darf man hier nicht jeder Information blind vertrauen. Andererseits findet sich auch im Netz seriöse Fachliteratur. Also: Unabhängig davon, welche Medien Sie nutzen, die guten Quellen wollen von den schlechten unterschieden werden.

Am besten lässt es sich an folgender Rezeptur erklären. Da musste es nämlich schnell gehen – und genau dann ließen mich meine geschätzten „Aporellos“ im Stich! Ich wollte schon die Grundlage austauschen, da kam meine Kollegin auf die Idee, einen Blick auf die Homepage des Wirkstoffherstellers zu werfen. Und siehe da, ein Lösungsansatz. Doch schauen wir uns die Rezeptur erstmal an.

• Ichthyol^® 1,0 g
• Weiche Creme DAC 24,5 g
• Weiche Zinkpaste DAB (NRF 11.21.) 24,5 g

Laut Aporello, welches schon zwei oder drei Jahre alt ist, ist die Kombination von Ichthyol^® mit weicher Creme DAC nicht kompatibel. Der erste Lösungsansatz war, den Wirkstoff nur in die zweite Grundlage, weiche Zinkpaste DAB (NRF 11.21.), einzuarbeiten. Aber das würde auch die Eigenschaften der Rezeptur verändern. Nun ist es an uns, eine optimale Lösung zu finden.

Werden in einer Rezeptur firmenspezifische Wirkstoffe, Konzentrate oder Grundlagen wie Ichthyol^®, Wolff^® Basis Creme, Permethrin 25 % Rezepturkonzentrat InfectoPharm^® oder andere verwendet, lohnt sich immer ein Blick auf die jeweilige Hersteller-Webseite. In den meisten Fällen gibt es eine Rubrik für Rezepturen. Hier können Sie Wirkstoffkombinationen nachschlagen. Manchmal gibt es auch ein Kompendium.

Idealerweise finden Sie sogar genau die Rezeptur, die Sie herstellen sollen. So in unserem Fall: Genau die verordnete Zusammensetzung hat die Ichthyol-Gesellschaft überprüft und für stabil befunden.

Schauen wir uns zunächst die einzelnen Bestandteile genauer an.

Ichthyol^® ist der Markenname für Ammoniumbituminosulfonat. Dabei handelt es sich um ein komplexes Wirkstoffgemisch natürlichen Ursprungs: Es wird aus einem besonderen Ölschiefer gewonnen, der in firmeneigenen Bergwerken abgebaut wird. Die dickflüssige, schwarz-braune Flüssigkeit riecht charakteristisch nach Teer, ist aber nicht zu verwechseln mit Steinkohleteer.

Ammoniumbituminosulfonat dringt gut in die Haut ein und hat antientzündliche, juckreizstillende, schmerzstillende und antibakterielle Eigenschaften. Sie kennen Ichthyol^® als Wirkstoff in Zugsalben. Der Hersteller gibt an, dass Ichthyol^® sich besonders gut in Wollwachs oder Vaselin einarbeiten lässt.

Diese gelblich-cremige Zubereitung gibt es in zwei Varianten, einmal nach DAC (Deutscher Arzneimittel-Codex) oder nach DAB (Deutsches Arzneibuch). Beide enthalten die gleichen gereinigtes Wasser, dickflüssiges Paraffin, Wollwachs und gelbes Vaselin, aber in unterschiedlichen Anteilen.

Weiche Creme DAC ist eine pflegende und geschmeidig machende Grundlage, die gerne auch zur Lippenpflege verwendet wird. Sie ist konservierungsmittelfrei und somit gut verträglich – außer natürlich, man reagiert allergisch auf Wollwachs. Wegen der kurzen Haltbarkeit wird sie nicht mehr so häufig in Rezepturen eingesetzt. Sie hat eine gelbliche Farbe und den charakteristischen Geruch nach nassem Schaf, denn aus dessen Wollfett wird das hier verwendete Wollwachs gewonnen.

Diese Grundlage können Sie fertig beziehen oder nach NRF-Anleitung selbst herstellen. Weiche Zinkpaste enthält 30 Prozent Zinkoxid, außerdem dickflüssiges Paraffin, gebleichtes Wachs und weißes Vaselin. Weiche Zinkpaste ist eine weißlich-pastöse Zubereitung. Sie ist wasser- und konservierungsmittelfrei und kann ungeprüft bis zu drei Jahren aufgehoben werden. Nach dem ersten Anbruch, also der Prüfung auf Identität, verringert sich die Aufbrauchfrist auf ein Jahr. Allerdings kann nicht jeder Wirkstoff mit Zinkoxid kombiniert werden.

Weiche Zinkpaste kennen wir aus der Babypflege. Wir nutzen sie auch bei nässenden Hautzuständen wie Windpocken. Denn sie wirkt auf die Haut abdeckend, wasserabweisend und fettend. Zinkoxid ist außerdem schwach antimikrobiell, adstringierend, wundheilungsfördernd und antientzündlich.

Beide Herstellungsmethoden sind möglich; hier finden Sie die Herstellung im automatischen Rührsystem. Wir legen in der tarierten Kruke passender Größe die Gesamtmenge an weicher Creme DAC vor. Darauf wiegen wir den Wirkstoff ein. Zum Schluss des Sandwichsverfahrens ergänzen wir die weiche Zinkpaste DAB.

Als Rührprogramm wird das für „Creme weich“ gewählt. Achten Sie bitte auf die Umdrehungszahl: Eine geringe Rührgeschwindigkeit bringt ein homogenes Ergebnis. Da sich nach dem ersten Durchgang noch vereinzelte schwarze Schlieren zeigten, wiederholten wir das Programm.

Nach dem zweiten Rührzyklus präsentierte sich die Creme als homogene gräulich-braune Zubereitung. Der charakteristische Geruch von Ichthyol^® überdeckt den Eigengeruch der beiden Grundlagen. Die empfohlene Haltbarkeit sollte zwölf Wochen nicht überschreiten, denn weiche Creme DAB ist nach der ersten Öffnung nur drei Monate haltbar.

Quellen:
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Ammoniumbituminosulfonat
https://www.pschyrembel.de/Unguentum%20molle/H0ES8
https://dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/dac/nrf-werk/dac-nrf_derma-11-21
https://www.ichthyol.de/ichthyol-wirkstoff/
https://www.ichthyol.de/magistralrezepturen/ichthyol-2-in-weicher-zinkpaste-dab-und-weicher-salbe-dac/