Ein Mückenschwarm an einem Seeufer© Heike Faber/iStock/Getty Images Plus
In Zeiten, wo Mücken auch in Deutschland wieder gefährlichere Krankheiten übertragen, wird Mückenschutz immer wichtiger.

Mückenschutz

GEFÄHRLICHE KRANKHEITEN DURCH MÜCKENSTICHE

Jedes Jahr im Sommer nerven sie: Stechmücken. Allein das Geräusch sorgt für so manche schlaflose Nacht. In der Apotheke fragen die Kunden nach Mückenschutz und juckreizstillenden Medikamenten. Was viele aber gar nicht wissen: Mücken können auch hierzulande gefährliche Krankheiten übertragen.

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Wie gefährlich sind eigentlich Mückenstiche? Bei Zeckenbissen hat man meist sofort auf dem Schirm, dass Erreger ins Blut des Betroffenen gelangt sein könnten. Treten dann Beschwerden auf, raten Sie am HV zum Arztbesuch.

Bei Mückenstichen denken die meisten zunächst daran, den Juckreiz zu behandeln, vielleicht noch eine Allergie. Dabei ist das längst nicht alles. Was man über Mücken wissen muss, welche Infektionen sie übertragen und wie wahrscheinlich das ist, lesen Sie hier.

Menschliches Blut dient Mücken als Futter

Mücken brauchen unser Blut, um Eier bilden zu können. Deshalb stechen auch nur die Weibchen. Es gibt tag- und nachtaktive Arten. Bestimmte Gerüche aus unserem Schweiß locken die Plagegeister an, wie Ammoniak, Harn- und Milchsäure. Da jeder Mensch anders riecht, haben manche mehr und manche weniger Ärger mit den kleinen Insekten. Allen gemeinsam ist, dass uns Mücken über das von uns ausgeatmete Kohlenstoffdioxid orten können.

Da jeder Mensch anders riecht, haben manche mehr und manche weniger Ärger mit den kleinen Insekten.

Mückenstiche behandeln

Wenn eine Mücke zusticht, sondert sie ihren proteinreichen, gerinnungshemmenden Speichel ab. Das führt zu einer Histaminausschüttung in der Haut des Betroffenen. Es bildet sich eine juckende Quaddel. Helfen können jetzt elektrische Stichheiler, die die Eiweiße durch Hitze zerstören. Auch Kühlung und Gele oder Cremes mit antihistaminergen Wirkstoffen verschaffen rasch Linderung. Kratzen sollte man auf keinen Fall, um das Infektionsrisiko nicht zu erhöhen. Wird der Stich heiß und schwillt stark an, sollte sich ein Arzt die Sache ansehen.

Mückenarten: eine große Vielfalt

In Deutschland leben rund 50 verschiedene Mückenarten. Erst seit 2011 findet ein regelmäßiges Monitoring statt und man beobachtet die Bestände. Rund 23 Arten nennt das Robert-Koch-Institut „vektorkompetent“, sie sind also zumindest genetisch und physiologisch in der Lage, Erreger zu beheimaten und zu übertragen.

Anopheles-Mücken stammen nicht aus den Tropen
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war Malaria auch in Europa verbreitet. Die Krankheit wird durch mit Plasmodien infizierte Anopheles-Mücken übertragen. Heute gilt sie als klassische Tropenkrankheit, wird also auf Reisen erworben.
Was wenig bekannt ist: Anopheles-Mücken haben schon immer in Deutschland zur heimischen Tierwelt gehört und tun es noch. Beziehungsweise wieder, denn die umfangreichen Bekämpfungsmaßnahmen, die zur Ausrottung der Malaria in Europa geführt haben, hatten die Bestände stark dezimiert. Mittlerweile ist die Anopheles-Mücke wieder häufiger anzutreffen. Sorgen machen muss man sich aber nicht, Malaria übertragen deutsche Anopheles (noch) nicht.

Ab einer bestimmten Mindesttemperatur, die von Art zu Art stark schwankt, laufen in den Mücken physiologische Prozesse ab, die wichtig sind für

  • die Erhöhung der Stichfrequenz,
  • die Beschleunigung der Blutverdauung
  • und die Eibildung.

Das führt zu einem Anstieg der Mückenpopulationen speziell im Hochsommer. Weil die Eier ins Wasser abgelegt werden, sollten Regentonnen abgedeckt sowie Vogeltränken und Gießkannen täglich geleert werden.

Wie gefährlich sind Mückenstiche für den Menschen?

Bisher übertragen die heimischen Mückenarten kaum Erkrankungen, die den Menschen befallen, und wenn, dann nur in Einzelfällen. Auch sind Sindbis-, Bata- und Usutu-Virus wenig problematisch.

Das RKI beobachtet derzeit drei potenziell bedeutsame Entwicklungen. Das ist zum einen das Vorkommen des West-Nil-Virus, das in Teilen Deutschlands vorkommt. Es wird von Mücken übertragen, die sich bei erkrankten Zugvögeln infizieren. Vor allem Ältere können schwer erkranken.

Außerdem behält das RKI die Verbreitung der Asiatischen Tigermücke im Auge, die aus dem tropischen Klima stammt, sich aber wohl in Deutschland als invasive Art etablieren wird. Die Populationen der Anopheles-Mücke, die theoretisch in der Lage wäre, Malaria zu übertragen, werden ebenfalls überwacht.

Infektionen brauchen mehrere Zufälle
Grund zur Panik besteht übrigens nicht: Sowohl die Anopheles- als auch die Asiatischen Tigermücken müssen erst einen infizierten Menschen innerhalb eines engen Zeitfensters nach dessen Infektion stechen. Dann müssen sie die dabei aufgenommenen Erreger lange genug in ihrem Körper beherbergen. Und schließlich, mehrere Wochen später, müssen sie erneut zustechen. Erst dann besteht ein Infektionsrisiko.

Klimawandel fördert Mücken-Problematik

Heißere Sommer, veränderte Niederschlagsmuster und veränderte Gewohnheiten der Menschen führen dazu, dass das RKI die Stechmücken hierzulande als potenzielle Krankheitsüberträger wieder ins Visier nimmt. Zum einen können wegen milderer Winter mehr Eier der wärmeliebenden Arten überleben. Zum anderen fördern höhere Temperaturen die Virusvermehrung in infizierten Mücken. Teils starke Niederschläge mit Überschwemmungen begünstigen die Vermehrung der Mücken.

Welche Krankheiten können von Mücken übertragen werden?

Bestimmte Mückenarten können auch gefährliche Krankheiten übertragen. Während Malaria von Plasmodien stammt, sind die Erreger in den meisten anderen Fällen Viren.

West-Nil-Virus in Deutschland

Das West-Nil-Virus kommt schon länger in Europa vor. Aber erst im Hitzesommer 2018 trat das Virus erstmals in Deutschland in Erscheinung. 1937 wurde es in Uganda entdeckt und seit den 1950er Jahren in vielen europäischen Ländern bei Stechmücken, Vögeln und Pferden nachgewiesen. Auf fast allen Kontinenten kamen seither immer wieder Epidemien vor, aber nicht so heftig wie 2018. Europaweit erkrankten 16000 Menschen, 166 überlebten nicht. Im selben Jahr kam es zur ersten in Deutschland erworbenen Infektion, und zwar nach dem Kontakt mit einem verendeten Vogel.

Der Mensch ist eigentlich ein Fehlwirt für das Virus und daher kaum eine Infektionsquelle. Die Virenzahl im Blut reicht meist nicht aus. Seit 2021 ist bekannt, dass übertragende Mücken überwintern, also ist mit einer langfristigen Ansiedlung zu rechnen.

Von 2019 bis 2021 meldeten Berlin, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen insgesamt 31 Infektionen mit dem West-Nil-Virus, die nicht mit Reisen in Zusammenhang standen. Alle Erkrankten lebten in Kreisen, in denen zuvor das Virus in Vögeln oder Pferden nachgewiesen wurde, die Erkrankungen traten zwischen Juli und September auf. 29 Patienten wiesen Symptome auf, davon zwölf eine neuroinvasive Infektion. Einer der zwölf starb.

Bei rund 80 Prozent der Patienten zeigen sich nach einer Infektion mit dem West-Nil-Virus keine Symptome. Rund ein Prozent leidet unter einer neuroinvasiven Form der Erkrankung, daran sterben rund ein Zehntel der Betroffenen. Aktuell existiert kein Impfstoff.

Mückenschutz ist daher vor allem für Ältere ein Muss, vor allem während der heißesten Zeit des Jahres. Auch Blutprodukte werden routinemäßig kontrolliert, denn die Empfänger der Spenden haben wegen ihrer Grunderkrankungen ein höheres Risiko für schwere Verläufe. Eine Infektion mit dem West-Nil-Virus muss dem RKI gemeldet werden.

Arboviren in Gelbfieber- und Tigermücken

Die Asiatische Tigermücke stammt, wie der Name vermuten lässt, aus den (Sub-)Tropen. Zusammen mit der Gelbfiebermücke ist sie der wichtigste Überträger für verschiedene sogenannte Arboviren. Zu diesen gehören Dengue-, Chikungunga- und Zika-Viren.

Die Tigermücke zählt zu den invasivsten Arten überhaupt. Nach Deutschland gelangte sie ursprünglich über den Fernverkehr, nach Europa vermutlich über den Handel mit gebrauchten Reifen. Einzelne Stämme haben sich so gut angepasst, dass sie Überwinterungseier legen.

Wo lebt und überwintert die Asiatische Tigermücke in Deutschland?

Vor allem

  • im warmen Oberrheintal und
  • anderen Gebieten in Baden-Württemberg,

aber auch in

  • Bayern,
  • Hessen und
  • Thüringen

kommt die Tigermücke vor.
An den meisten Orten gibt es kommunale Präventions- und Bekämpfungsprogramme, um die Zahl der Mücken zu reduzieren. Eine Ausrottung ist nicht (mehr) möglich.
 

Die Tigermücke ist tagaktiv und recht stechfreudig. Sie braucht zur Eiablage außerdem nur wenig Wasser. Wichtigster Faktor für ihre Verbreitung ist eine durchschnittliche Jahrestiefsttemperatur von mindestens 11 Grad Celsius. Im Osten Deutschlands ist es für die Tigermücke bisher zumindest im Winter zu kalt, in der Mitte im Sommer nicht warm genug und im Süden zu trocken. Trotzdem schätzt das RKI, dass wegen des Klimawandels bis 2040 ein Großteil des Bundesgebietes für die Besiedelung geeignet ist.

Im Osten Deutschlands ist es für die Tigermücke im Winter zu kalt, in der Mitte im Sommer nicht warm genug und im Süden zu trocken. Doch wegen des Klimawandels wird bis 2040 ein Großteil des Bundesgebietes für die Besiedelung geeignet sein.

Die durch die Tigermücke übertragenen Erkrankungen sind unter anderem das Dengue-Fieber, bei dem nur rund ein Viertel der Betroffenen Symptome aufweist. Diese verlaufen zudem meist mild, nur ein kleiner Teil erkrankt schwer und leidet dann unter anderem unter Blutungen.

Das Zika-Virus macht sich sogar meist gar nicht bemerkbar, und wenn, ähneln die Beschwerden dem Dengue-Fieber. In der Schwangerschaft führt eine Infektion allerdings zu schweren Missbildungen beim Ungeborenen.

Beim Chikungunya-Virus tritt häufig Fieber auf, Hauptbeschwerden sind aber starke Muskel- und Gelenkschmerzen. Diese halten bei fünf bis zehn Prozent der Erkrankten über Monate an.

RKI vermutet hohe Dunkelziffer

Bisher sind nur wenig Infektionen bekannt, die nicht mit einer Fernreise in Zusammenhang stehen. In einigen südeuropäischen Ländern gibt es Dengue- und Zika-Infektionen, in Italien Chikungunya-Epidemien. Versuche zeigen, dass eine Infektion durchaus auch in Deutschland passieren könnte. Besonders frühe Wärme im Frühling nach einem milden Winter scheint das Risiko zu erhöhen.

Die hohe Zahl der asymptomatischen Fälle von Dengue und Zika könnte ein Problem werden, fürchtet das RKI. Obwohl alle Arboviren meldepflichtig sind, bleiben symptomlose Verläufe oft unentdeckt, weil die Betroffenen keinen Arzt aufsuchen. Die gemeldeten Infektionen, so das RKI, sind nur die „Spitze des Eisbergs“.

Es bleibt abzuwarten, was die Zukunft in Bezug auf mückenübertragene Erkrankungen bringt. Sicher ist, dass Mückenschutz immer wichtiger wird.

Quellen
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/M/Muecken/Mueckenuebertragene-Erkrankungen-im-Ueberblick.html
https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JHealthMonit_2023_S3_Vektor_Nagetier_Assoziierte_Erkrankungen_Sachstandsbericht_Klimawandel_Gesundheit.pdf?__blob=publicationFile
https://www.infektionsschutz.de/download/6790-1713874861-Erregersteckbrief_Dengue-Fieber.pdf
https://www.infektionsschutz.de/download/6342-1681990392-BZgA_Erregersteckbrief-WNF.pdf
https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Zikavirus/Zikavirus-Infektionen.html
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/C/Chikungunya/Chikungunya.html
https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/tigermuecke-forschung-moskito-bevoelkerung-100.html
https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/FAQ-Was-Sie-ueber-Muecken-wissen-sollten,muecken154.html

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