Eine Frau hat ein Blatt Papier voller Text vor sich. Mit Rotstift nimmt sie Änderungen vor.© AndreyPopov / iStock / Getty Images Plus
Nachbesserungen nötig: Bis Juli sollen Änderungen am Cannabisgesetz weitere Details regeln.

Legalisierung

BUNDESREGIERUNG ZIEHT BEIM CANNABIS STELLSCHRAUBEN NACH

Es war eine schwere Geburt, doch endlich ist es durch: das Cannabis-Gesetz, das THC-haltiges Rauchwerk legalisiert. Einige Fragen blieben zunächst jedoch offen, etwa welche Regeln im Straßenverkehr gelten. Auch einzelne Bundesländer drohten, auf die Barrikaden zu gehen. Jetzt folgen Nachbesserungen.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) blies der Wind kräftig ins Gesicht, als er das Cannabis-Gesetz durch Bundestag und Bundesrat peitschte. Ziel des Gesetzes ist es nach Lauterbach, den Schwarzmarkt zurückzudrängen.

Seit dem 1. April dürfen Erwachsene 25 Gramm Cannabis straffrei besitzen und auch der Eigenanbau bestimmter Mengen wird künftig erlaubt. Gerade für Apotheken wichtig: Die Blüten der Hanfpflanze fallen nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz. Ab dem 1. Juli gibt es zudem Clubs, die an ihre Mitglieder selbst angebautes „Gras“ abgeben dürfen. Einige Details blieben zunächst jedoch unklar. Um sie zu regeln, liegen nun die ersten Entwürfe zu Änderungen des brandneuen Gesetzes vor.

Legalisierung umstritten: Bundesländer randalierten

Die Entstehung des Cannabis-Gesetzes wurde von einer dröhnenden öffentlichen Debatte begleitet: Während die Verfechter einer Legalisierung leidenschaftlich für die kontrollierte Freigabe der Droge warben, warnten die Gegner vor den Folgen.

Nicht alle waren damit einverstanden, und die unionsgeführten Länder drohten öffentlich, den Vermittlungsausschuss anzurufen und somit das nicht zustimmungspflichtige Gesetz zu verzögern oder zu Fall zu bringen. Es gab also einen Deal. Das Bundeskabinett stimmte nachträglich einigen Änderungen zu, die eine erweiterte Evaluation beinhalteten, mehr Flexibilität für die Länder und mehr Prävention. Der Einzige, der danach immer noch nicht einverstanden war, war der Deutsche Richterbund.

Umfangreiche Studie zu gesellschaftlichen Auswirkungen

Die Änderungsklauseln haben den Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes“, und das Ganze soll noch vor dem 1. Juli umgesetzt werden.

Auf Wunsch der Länder wird somit die Evaluation (Untersuchung und Bewertung) erweitert. So soll umfänglich untersucht werden, wie sich das Cannabis-Gesetz gesellschaftlich auswirkt. Bisher war vorgesehen, die Auswirkungen der Konsumverbote auf den Kinder- und Jugendschutz im ersten Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes wissenschaftlich zu untersuchen und auszuwerten. Verboten ist der Konsum der Droge unter anderem in Sichtweite von Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen. Nun soll zusätzlich untersucht und ausgewertet werden, wie sich Besitz- und Weitergabemengen in Anbauvereinigungen auswirken. Diese Evalutation soll 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes vorliegen.

Außerdem soll es ein Weiterbildungsangebot für Suchtpräventionsfachkräfte geben (entwickelt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Weiterhin sollen die Bundesländer nach Ermessen die Anbauvereine flexibler kontrollieren – und zwar regelmäßig, nicht nur einmal jährlich.

Nur einer darf anbauen – und Paketlieferungen gibt es nicht

Eine weitere Nachbesserung: Die Behörden sollen die Erlaubnis für eine Anbauvereinigung auch mal ablehnen können; und zwar immer dann, wenn sich „befriedete Besitztümer“ von zwei Clubs überschneiden – wenn sie sich also beispielsweise Räumlichkeiten teilen oder die gleiche Anbaufläche nutzen. Das wird mit dem Europarecht begründet.

Und um den nicht-gewerblichen Charakter eines Clubs sicherzustellen, sollen die Behörden mehr Handlungsspielraum im Umgang mit Großanbauflächen für Cannabis erhalten. Das soll beispielsweise Geschäftsmodelle verhindern, die auf Großanbauflächen mit Paketleistungen für Anbauvereinigungen basieren.

Richterbund noch unzufrieden

Wie bereits angedeutet: Der Deutsche Richterbund ist nicht einverstanden. Er sieht weiterhin schwerwiegende Regelungslücken: „Weil die Ampelkoalition die auf Cannabis-Straftaten bezogenen Ermittlungsmöglichkeiten gegenüber der alten Rechtslage enger gefasst hat, kann selbst der Handel mit Hunderten Kilo Cannabisprodukten unter Umständen nicht mehr bestraft werden“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn. Ziel des Gesetzes solle es doch sein, „Drogenkriminalität einzudämmen, nicht Dealern das Geschäft zu erleichtern.“

Grenzwert für Gras am Steuer

Begleitend zur teilweisen Legalisierung der THC-haltigen Pflanzen soll auch ein neuer Grenzwert für deren Wirkstoff im Straßenverkehr festgelegt werden. Bisher gilt die strikte Linie, dass schon beim Nachweis Geldbußen, Punkte in Flensburg oder sogar der Verlust des Führerscheins drohen. Einen Grenzwert wie die 0,5-Promille-Marke für Alkohol gibt es bislang nicht. In der Rechtsprechung hatte sich allerdings ein niedriger Wert von 1 Nanogramm je Milliliter Blut etabliert.

Jetzt liegt ein Gesetzentwurf vor, dass derjenige eine Ordnungswidrigkeit begeht, der mit 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blut oder mehr am Steuer eines Kraftfahrzeuges sitzt. Das entspräche dann ungefähr einer Alkoholkonzentration von 0,2 Promille. Eine Kommission des Bundesverkehrsministeriums formulierte in schönem Amtsdeutsch, dann sei „eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend.“

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/bundesregierung-justiert-cannabis-gesetz-nach-146889/
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/hoeherer-thc-grenzwert-im-strassenverkehr-146886/ 

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