Cannabisblüten© setory / MysteryShot / iStock / Getty Images
Mittlerweile ist das Portfolio verschiedener Cannabis-Extrakte von unterschiedlichen Anbietern enorm.

Hash-Code

CANNABISREZEPTE RICHTIG TAXIEREN

So einfach eine Dronabinollösung hergestellt ist, so kompliziert ist sie manchmal zu taxieren. Außerdem müssen Cannabis-Rezepte seit Juli 2021 mit einem Hash-Code bedruckt werden. Eine Übersicht.

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Cannabiszubereitungen flattern immer einmal wieder in die Rezeptur. Feste Zubereitungen sind zum Beispiel Dronabinolkapseln (NRF 22.7) und Cannabisblüten (NRF 22.12-22.15), letztere werden entweder als ganze Blüte nur kindersicher umverpackt oder mit einer Mühle zerkleinert und portioniert.

Flüssige Zubereitungen sind die öligen Dronabinoltropfen (NRF 22.8.) oder eingestellte Extrakte, die weiterverarbeitet werden. Schließlich gibt es noch eine ethanolische Dronabinollösung zur Inhalation (NRF 22.16) und eine ölige Cannabisölharz-Lösung (NRF 22.11). 

Das NRF hilft bei der Herstellung, doch nicht bei der Abrechnung. Wie geht man nun vor?

Überblick verschaffen

Grundsätzlich sind Cannabisrezepte formell genauso zu prüfen wie alle anderen Betäubungsmittel-Rezepte auch:

✔ Stimmen Datum und Unterschrift?
✔ Ist der Praxisstempel komplett (inklusive Telefonnummer)?
✔ Ist der verschreibende Arzt erkennbar?
✔ Wurde die Höchstmenge eingehalten?
✔ Ist die Verordnung korrekt ausgestellt?

Ein Arzt kann nicht einfach „Cannabisextrakt 20 ml“ auf ein Rezept schreiben, so wie das gerne bei einem Antibiotikum gemacht wird mit „Amoxicillin 1000 mg 10 Stück“. Denn es gibt mittlerweile eine ganze Menge verschiedener Extrakte von unterschiedlichen Anbietern. Die einen werden nur umgefüllt, die anderen werden auf die gewünschte Wirkstärke verdünnt.

Dronabinol und alle anderen cannabishaltigen Ausgangsstoffe können über den Großhandel bestellt werden. Cannabisblüten müssen in der Regel über den Hersteller direkt bezogen werden, sodass hier mehr Zeit für die Rezeptur eingeplant werden sollte.

Identitätsprüfung

Die Identität von Cannabisextrakten prüft man mit Schnelltests. Bei den einen ist es ein Teststreifen, der nur einen Strich zeigen sollte, bei anderen soll es einen Farbumschlag geben. Manche Firmen stellen auch ein extra Testset zur Verfügung, leider kann man dieses aber nicht abrechnen.

Komplexer zu prüfen sind Blüten. Eine Dünnschichtchromatographie scheitert meist an den Kosten für die nötigen Substanzen. Übrig bleiben die organoleptische und mikroskopische Prüfung: Jede Sorte riecht anders, sieht tatsächlich anders aus und fühlt sich anders an – ja, anfassen ist möglich, natürlich nur mit Handschuhen.

Bleiben Sie fit im Labor!
Lea Brachwitz leitet das Rezeptur-Team der Engel Apotheke in Darmstadt. Auf unserer Website www.diepta.de gibt sie Ihnen in der Serie „Rezeptur – Mischen possible“ Tipps, wie Sie mit schwierigen Rezepturen umgehen können.

Es gibt Sorten, die sind harziger und kleben mehr, andere sind krümelig und trocken. Die Praxis bringt hier die Erfahrung. Zusätzlich sollte man unter dem Mikroskop nach charakteristischen Drüsenhaaren, Kristallen und Blattwulsten suchen. Beim Erkennen hilft die Fachliteratur. Bevor Sie etwas sehen können, zerkleinern Sie die Blüte und erhitzen sie auf dem Objektträger mit Chloralhydrat, um das Chlorophyll zu zerstören, sonst sehen Sie nämlich nur Grün. Dabei ist Vorsicht geboten, damit das Glas nicht springt oder schwarz wird.

Die Taxation im Überblick

Die Dokumentation erfolgt im Laborprogramm, den Hash-Code erstellt das Taxationsprogramm der Warenwirtschafts-Software. Bei Cannabisblüten muss ausgewählt werden, ob es sich um deutschen Anbau handelt oder um einen Import. Außerdem wird jedem Bestandteil ein Titel gegeben, also die cannabishaltigen Ausgangsstoffe werden mit „Cannabis“ betitelt, Hilfsstoffe wie Hartfett oder Neutralöl mit „Artikel“ und Gefäße und Verschlüsse mit dem Begriff „Gefäß“. 

„Rezeptur“ reicht als Angabe auf dem Rezept nicht mehr aus. So, als würde man ein Auto verkaufen und müsste genau angeben, welchen Anteil der Motor ausmacht, welchen die Karosserie und wie viele Türen es hat, und anschließend bestätigt man noch einmal, dass es sich wirklich um ein Auto handelt.

Der Hash-Code

Der Hash-Code ist eine vierzigstellige Nummer und das Bindeglied zwischen dem Papierrezept und den elektronisch zu übermittelnden Abrechnungsdaten. Außerdem müssen für jede Zubereitung mit dem Abrechnungsdatensatz des jeweiligen Rezeptes noch Zusatzdaten, der sogenannte Z-Datensatz, an die Krankenkassen übermittelt werden.
Dieser Datensatz ist wie der Fingerabdruck des Rezeptes. Er enthält das Institutionskennzeichen Der Apotheke, die Beschreibung der Rezeptur, eine Transaktionsnummer und einen Zeitstempel. So ist jedes einzelne Rezept genau zu verfolgen.

Bei der Gefäßauswahl achten Sie bitte darauf, dass es sich nicht um einen selbstangelegten Artikel handelt, sondern um die Artikel der Hilfstaxe. Falls das Gefäß dort nicht bepreist ist, gilt der günstigste Apothekeneinkaufspreis, den die Apotheke im Zweifelsfall auch nachweisen muss. 

Für die Wirkstoffe gelten verschiedene Festpreise und Zuschläge, je nach Art, Verarbeitung und Masse. Dazu kommen jeweils die Betäubungsmittelgebühr und die Mehrwertsteuer. 

Die Taxation im Detail

  • Unverarbeitete Blüten Sie können für unverarbeitete Blüten bis einschließlich 15 Gramm (g) 9,52 Euro (€) pro g abrechnen, über 15 g 3,70 € je weiteres g, und über 30 g 2,60 € je weiteres g. Auf das Packmittel können Sie 100 Prozent aufschlagen. Die Sonder-PZN ist die 06460694.
  • Verarbeitete Blüten Hier taxieren Sie bis einschließlich 15 g 8,56 € pro Gramm, bis einschließlich 30 g 3,70 € je weiteres g und darüber hinaus 2,60 € pro g, auf das Packmittel schlagen Sie 90 Prozent auf, die Sonder-PZN lautet 06460665.
  • BfArM-Blüten Rechnen Sie 4,30 € pro g ab. Unverarbeitet plus 100 Prozent Zuschlag über die PZN 06461423, verarbeitet plus 90 Prozent über die 06461446. Verwurf können Sie viermal jährlich abrechnen: 5 bis 45 g zu je 4,30 €.
  • Cannabisextrakt unverändert Berechnen Sie 4,85 € pro Milliliter (ml), es sei denn, der Einkaufspreis ist auf den Milliliter umgerechnet geringer, dann berechnen Sie natürlich nur den Einkaufspreis. In beiden Fällen dürfen Sie auf diese Weise auf maximal 80 € kommen. Ist dieser Betrag erreicht, errechnen Sie die Restmenge, die Sie noch nicht über diese 80 € taxiert haben. Dann, wie viel der Einkaufspreis dieser Menge beträgt. Von diesem Preis taxieren Sie 8,4 Prozent. Auf das Packmittel schlagen Sie 100 Prozent auf und verwenden die PZN 06460754.
  • Cannabisextrakt verarbeitet Es gilt das Gebot der Wirtschaftlichkeit, also die kostengünstigste Kombination aus Packungsgrößen dient der Preisberechnung. Beginnend mit dem günstigsten Packungseinkaufspreis taxieren Sie 90 Prozent des Milliliterpreises bis 80 €, darüber hinaus 3 Prozent des Anteils vom Einkaufspreis. Schlagen Sie 90 Prozent auf die Packmittel auf und verwenden Sie die 06460748 als Sonder-PZN.
  • Dronabinol in Zubereitungen Auch hier gibt die kostengünstigste Packungsgrößenkombination Ausschlag. Beginnend mit der günstigsten Packung rechnen Sie 90 Prozent des günstigsten Einkaufspreises bis 100 € ab, darüber hinaus 3 Prozent auf den anteiligen Einkaufspreis. Achtung: Hier gilt der Preis pro Milligramm, nicht wie bei den Cannabisextrakten pro Milliliter. Die Sonder-PZN ist aber ebenfalls die 06460748 und auf die Packmittel schlagen Sie 90 Prozent auf.

Aus all diesen Informationen werden der Hash-Code und der Z-Datensatz generiert. Aktuell lösen Sie die Übermittlung nach dem Taxieren selbst aus. Künftig könnte dies automatisiert viertelstündlich funktionieren.

Beratung

Die meisten Kund*innen wurden von ihren Ärzt*innen gut aufgeklärt oder kennen sich mit ihren Zubereitungen schon gut aus. Erfragen Sie am besten, wenn Sie das Rezept entgegennehmen, ob Ihr Kunde Fragen hat, Informationsmaterial oder Zubehör benötigt. Dann können Sie bis zum Abholtermin alles klären oder beschaffen und ein zufriedener Kunde verlässt die Apotheke.

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