Eine grafische Darstellung von sechs Frauen mit unterschiedlicher Figur und unterschiedlichem Teint.© djvstock / iStock / Getty Images Plus
Ob jemand adipös wird, hängt mit dem Insulinstoffwechsel und den Opioidrezeptoren im Hirn zusammen. Forscher sagen, mit diesen Markern sind Vorhersagen möglich.

Gewicht

ADIPOSITAS-RISIKO VORAB AM GEHIRN ABLESBAR

Warum werden manche Menschen dick und andere nicht? Finnische Forscher waren dem Phänomen in einer Langzeitstudie auf der Spur. Sie fanden heraus: Bei den Probanden, die später einmal adipös werden, waren bestimmte Rezeptoren im Gehirn abweichend angelegt.

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Die Menschen weltweit werden dicker. Starkes Mehrgewicht, die Adipositas, ist als eigenständige Erkrankung anerkannt, über Ursachen und Risikofaktoren wissen wir jedoch erst wenig. . Bekannt ist, dass bei Menschen mit Adipositas die Appetitregulation im Gehirn gestört ist. Das Insulin sorgt beim Gesunden für ein Sättigungsgefühl – doch nicht bei stark Mehrgewichtigen; sie nehmen somit übermäßig Kalorien auf, die sie gar nicht brauchen.

Auch zeigen sich bei ihnen Veränderungen im Belohnungssystem, an dem körpereigene Opioide und Cannabinoide beteiligt sind. Wer Adipositas hat, hat weniger Rezeptoren für diese Belohnungs-Botenstoffe.

Wahrscheinlichkeit für Mehrgewicht vorab erkennen?

Herausbekommen wollten die Forscher nun, ob diese Veränderungen im Gehirn bereits sichtbar sind, bevor eine Person Mehrgewicht entwickelt – und ob diese Veränderungen das Risiko für künftige Adipositas erhöhen. Das würde nämlich die Tür für ganz neue Behandlungs- und Präventionsstrategien gegen Mehrgewicht ermöglichen.

Dazu maß ein Team um Tatu Kantonen von der Universität Turku in Finnland bei 41 Männern zwischen 20 und 25 Jahren die Auswirkungen von Insulin sowie körpereigenen Opioiden und Cannabinoiden. 22 der untersuchten Probanden trieben regelmäßig Sport, hatten keine Fälle von Mehrgewicht oder Typ-2-Diabetes im Elternhaus, ein niedriges bis mittleres Körpergewicht und somit nach den geltenden Maßstäben ein geringes Risiko für Adipositas. 19 der Probanden hingegen waren leicht mehrgewichtig, hatten Eltern mit Mehrgewicht oder Typ-2-Diabetes, bewegten sich selten und hatten somit ein hohes Risiko für Adipositas und Diabetes Typ 2.

Über Positronen-Emissions-Tomographie (PET) maßen die Forscher die Verteilung von Glucose im Gehirn der Probanden und fanden somit einen Weg, auch die Insulinaktivität zu messen. Auch die Rezeptoren für Opioide und Cannabinoide wurden eruiert. Heraus kam: „Junge Männer mit hohem Risiko für künftige Fettleibigkeit hatten eine erhöhte insulinstimulierte Glucoseaufnahme im Gehirn“, so die Forscher.

Typ-2-Diabetes neu denken: Gestörte Insulinwirkung macht dick

Außerdem stellten sie fest: „Störungen der Insulinwirkung im Gehirn und eine gestörte Signalübertragung zwischen Gehirn und peripheren Organen können zu einer krankhaften Fehlregulation des Energiehaushaltes und zur Gewichtszunahme beitragen.“ Bekannt war das bereits von ausgeprägt adipösen Menschen. Das Neue daran: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese pathophysiologischen Prozesse bereits bei nicht-adipösen Personen mit Risikofaktoren für Fettleibigkeit aktiv sind.“

Allgemein wird angenommen, dass ein hohes Gewicht die Wirksamkeit von Insulin herabsetzt und somit zu Typ-2-Diabetes beiträgt. Die Studie zeigt, dass - genau andersherum - eine gestörte Insulinwirkung eine Gewichtszunahme begünstigt.

Essen, bis das Belohnungssystem Stopp sagt

Auch gibt es ein erhöhtes familiäres Risiko für Adipositas bei einer geringeren Dichte an Rezeptoren für Opioide und Cannabinoide (ähnliche Muster gibt es auch bei Menschen mit Binge-Eating-Störungen). Diese Menschen reagieren empfindlicher auf Nahrungsmittelanreize in der Umgebung – was wiederum zu übermäßiger Nahrungsaufnahme führt. Denkbar sei auch, dass Personen mit weniger Opioidrezeptoren mehr essen, um eine ausreichende Belohnungsreaktion herbeizuführen, die ihnen genügt, um die Nahrungsaufnahme einzustellen.

Risikofaktoren kennen heißt vorbeugen und behandeln können

Kantonen zieht das Fazit, dass Störungen in den neuronalen Netzwerken, die Sättigung und Appetit kontrollieren, bereits beobachtet werden können, bevor ein Mensch ein hohes Gewicht entwickelt. Diese Gehirnveränderungen stehen mit familiären Risikofaktoren für Adipositas in Verbindung. „Die Ergebnisse könnten Auswirkungen auf die Entwicklung von Präventions- und Behandlungsmaßnahmen für Fettleibigkeit haben. Sie zeigen, dass das Gehirn und das zentrale Nervensystem wichtige Ziele bei der Behandlung von Fettleibigkeit sind.“

Quelle: wissenschaft.de

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