Vor tiefschwarzem Untergrund lässt eine weiße Tulpe in einer weißen Vase den Kopf hängen.© augusthour / iStock / Getty Images Plus
COVID-19 kann die Blutgefäße in den Schwellkörpern des Penis und den Testosteronspiegel beeinflussen - die Folge: Erektionsprobleme.

Erektile Dysfunktion

IMPOTENZ NACH CORONA-INFEKTION

Klar, die Folgen einer Corona-Infektion sind kein Zuckerschlecken, denken Sie nur an Long-Covid. Nun zeigen immer mehr Studien eine weitere Langzeitfolge: Bei Männern kann SARS-CoV-2 zu Erektionsproblemen und Unfruchtbarkeit führen – und das gleich auf mehreren Wegen.

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Gleich mehrere Studien beschäftigten sich mit der Frage, ob und wie eine Corona-Infektion die männliche Potenz beeinflusst. Sie betrachteten dabei verschiedene mögliche Ursachen und wie häufig die Beschwerden auftreten. Schon im Juli 2020 berichteten Forschende um Dr. Andrea Sansone von der Universität Rom, dass COVID-19 erektile Dysfunktion und Fruchtbarkeitsprobleme bei Männern auslösen kann, auch über mehrere Monate hinweg. Als mögliche Auslöser nennen sie

  • endotheliale Dysfunktion
  • Testosteronmangel
  • Eingeschränkte Lungenfunktion
  • Eingeschränkte Herzfunktion
  • psychischer Stress

Coronaviren schädigen Blutgefäße des Penis

Dass SARS-CoV-2 das Endothel, also die innerste Zellschicht der Blutgefäße, schädigt, ist schon länger bekannt – vermutlich ist der Zytokinsturm als Teil der überschießenden Immunreaktion hierfür verantwortlich. Wissenschaftler um Eliyahu Kresch von der University of Miami konnten nun zeigen, dass so auch die Gefäße des Penis beeinträchtigt werden können.

Dazu entnahmen die Forscher Gewebeproben von Männern, die wegen ihrer schweren erektilen Dysfunktion künstliche Schwellkörper erhielten. Sie verglichen das Schwellkörper-Gewebe von Probanden, die zuvor an COVID-19 erkrankt waren, mit dem von Männern, die sich nicht infiziert hatten. Dabei zeigten sich bei den zuvor infizierten Männern Virusbestandteile und Virus-RNA in der Nähe der Endothelzellen, obwohl die Infektion schon lange zurücklag.

Um die Funktionstüchtigkeit des Endothels zu ermitteln, bestimmten die Forscher zudem die eNOS-Expression. Die eNOS, also die endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase, ist ein Enzym, das im Endothel synthetisiert wird. Deshalb gilt sie als Marker für die Funktion des Gewebes. Die Werte der Männer, die eine COVID-19-Infektion hatten, waren niedriger als die der Kontrollgruppe.

Die Studie erschien im Juli 2021 und war die erste, die das Virus im Penis lange nach der Erstinfektion nachweist. Daraus und aus den eNOS-Werten folgern die Forscher, „dass eine weit verbreitete Dysfunktion der Endothelzellen aufgrund einer COVID-19-Infektion zu erektiler Dysfunktion beitragen kann.“

Eine Dysfunktion der Endothelzellen aufgrund einer COVID-19-Infektion kann zu erektiler Dysfunktion beitragen.

COVID-19 lässt Testosteronspiegel sinken

Einen weiteren Mechanismus, wie SARS-CoV-2 zu Erektionsproblemen führen kann, beschreiben Wissenschaftler um Andrea Salonia vom Krankenhaus IRCCS Ospedale San Raffaele in Mailand. Sie bestimmten die Testosteronspiegel von Männern, die wegen COVID-19 im Krankenhaus behandelt werden mussten, über sieben Monate hinweg.

Zu Beginn, also während der Hospitalisierung, waren die Testosteronwerte bei den Probanden überwiegend niedrig. Bei 90 Prozent stiegen sie im Lauf der nächsten sieben Monate wieder an, bei zehn Prozent sanken sie jedoch noch weiter. Mehr als die Hälfte der Männer hatten auch nach den sieben Monaten noch einen Testosteronmangel. Je mehr Vorerkrankungen ein Proband hatte, umso eher blieb sein Hormonspiegel niedrig. Da das Sexualhormon für Libido, Potenz und Spermienproduktion wichtig ist, kann ein Mangel erektile Dysfunktion und Unfruchtbarkeit auslösen.

Eine COVID-19-Infektion kann einen Testosteronmangel nach sich ziehen, der wiederum zu erektiler Dysfunktion und Unfruchtbarkeit führen kann.

Wie viele Männer sind betroffen?

Eine Gruppe Wissenschaftler um Juan-Manuel Anaya von der Universidad del Rosario in Bogotá in Kolumbien befragte 100 Long-Covid-Patienten nach ihren Symptomen. Wie zu erwarten, wurden Erschöpfung, Atemnot und Kopfschmerzen sehr häufig genannt, aber immerhin 3 der 47 teilnehmenden Männer gaben auch erektile Dysfunktion an. Ginge es um eine Arzneimittel-Nebenwirkung, würde sie also im Beipackzettel also als „häufig – 1 bis 10 von 100“ eingestuft. Im Vergleich zu den anderen Beschwerden, die Long-Covid mit sich bringt, gelten Potenzprobleme dennoch als eher selten.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/erektionsprobleme-als-folge-der-coronainfektion-129190/seite/alle/ 
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/32385-so-attackiert-corona-das-endothel 
Sansone A et al.: „Addressing male sexual and reproductive health in the wake of COVID-19 outbreak“, Journal of Endocrinological Investigation, 13. Juli 2020. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7355084/  
Kresch E et al.: „COVID-19 Endothelial Dysfunction Can Cause Erectile Dysfunction: Histopathological, Immunohistochemical, and Ultrastructural Study of the Human Penis“, World Journal of Men´s Health, 7. Mai 2021. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33988001/ 
Salonia A et al.: „Testosterone in males with COVID-19: A 7-month cohort study“, Andrology, 18. August 2021. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34409772/ 
Anaya J-M et al.: „Post-COVID syndrome. A case series and comprehensive review“, Autoimmunity Reviews, 10. September 2021. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8428988/ 

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