Diagnose | Therapie
LEITLINIE ZU LONG-COVID
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Eine Leitlinie zur Akuttherapie von COVID-19 hatte das britische National Institute for Health and Care Excellence (NICE) bereits im Dezember veröffentlicht. Nun folgen die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und 16 weitere Gesellschaften und wissenschaftliche Zentren mit ihrer S1-Leitlinie „Post-COVID/Long-COVID“.
Die Leitlinie definiert, wann man von Post-COVID oder Long-COVID spricht, und führt auf, wie man sie therapiert. Dies herauszuarbeiten war eine Herausforderung für die Autoren der Leitlinie: In Umfragen gaben Betroffene bis zu 200 verschiedene Symptome an, die auch in Kombination auftraten. Das bedeutet für die behandelnden Ärzte, dass sie Differenzialdiagnosen abklären und interdisziplinär zusammenarbeiten müssen.
Häufige Symptome bei Post- und Long-COVID
Rund 15 Prozent der von COVID-19 Genesenen sind von Post-COVID oder Long-COVID betroffen. Typische Beschwerden sind:
• Müdigkeit
• „Post Exertional Malaise“, also geringe Belastbarkeit
• „Brain Fog“, kognitive Beeinträchtigungen
Vier Anhaltspunkte für Long-COVID
Die neue S1-Leitlinie nennt vier Kriterien, bei denen man von Post-COVID oder Long-COVID spricht:
- Symptome bestehen nach der akuten COVID-19-Infektion länger als zwölf Wochen fort. Das können auch Symptome sein, die durch die Behandlung der Infektion entstanden sind.
- Symptome schränken die Gesundheit ein.
- Symptome treten erst nach der akuten Infektionsphase auf, sind aber Folge der COVID-19-Erkrankung.
- Eine Grunderkrankung verschlechtert sich.
Wie therapiert man Post-COVID und Long-COVID?
In der Leitlinie heißt es: „Die Therapie orientiert sich an den Symptomen. Für eine spezifische Therapie gibt es bislang noch keine wissenschaftlich belastbaren Belege.“ Großen Wert legen die erarbeitenden Gesellschaften aber darauf, dass Betroffene interdisziplinär behandelt werden, da die Krankheitsbilder so komplex sind. So könnten beispielsweise ein Pneumologe, Kardiologe und Rheumatologe an der Therapie beteiligt sein und bei einem anderen Patienten ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, ein Dermatologe und ein Neurologe. Der ganze Mensch soll im Blick stehen und kontinuierlich versorgt werden.
„Die Therapie orientiert sich an den Symptomen. Für eine spezifische Therapie gibt es bislang noch keine wissenschaftlich belastbaren Belege.“
Dazu sollen Ärzte regelmäßig die Vitalparameter und kognitiven Fähigkeiten ihrer Patienten bestimmen. Auch wenn es keine spezifischen Laborwerte gibt, die Long-COVID anzeigen, sollen die Sauerstoffsättigung, D-Dimere, das Blutbild (Lymphopenie), Kreatininwerte und die Elektrolyte erfasst werden. Und schließlich sollen Angehörige und Pflegedienste rechtzeitig Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden in die Therapie einbinden.
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Impfen als Therapie?
Manche Long-COVID-Patienten zeigen nur eine geringe Viruselimination. So kam die Idee auf, ob man die Betroffenen nach ihrer Infektion impfen solle, um die Immunantwort zu verbessern. Eine kleine Beobachtungsstudie zeigte, dass die Beschwerden sich bei 23,2 Prozent der Geimpften besserten, aber nur bei 15,4 Prozent der Nicht-Geimpften. Die Beschwerden verschlechterten sich nur bei 5,6 Prozent der Vakzinierten, aber bei 14,2 Prozent der Kontrollgruppe.
Das deutet auf eine Wirksamkeit hin, aber der Unterschied ist zu gering, um daraus schon eine Empfehlung abzuleiten. Hier sind also noch größere, kontrollierte, prospektive Studien nötig. In der neuen Leitlinie heißt es deshalb: „Die Effektivität einer therapeutischen Vakzinierung bei Patienten mit Post-COVID ist nicht gesichert. Diese sollte nur in Studien erfolgen.“
Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/neue-s1-leitlinie-zu-covid-19-folgen-126945/seite/alle/
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-027l_S1_Post_COVID_Long_COVID_2021-07.pdf