Eine Collage von unterschiedlichen Personen, die jeweils auf einem Hocher sitzen, freudig lachen und ein Pflaster an ihrem Oberarm zeigen.© jacoblund / iStock / Getty Images Plus
Künftig können sie den schützenden Piks auch in Apotheken erhalten - doch wann und wie es losgehen soll ist noch unklar.

COVID-19-Impfungen

ZUM ERSTEN PIKS IN DER APOTHEKE FEHLT NOCH EINE VERORDNUNG

Apotheker dürfen impfen, aber PTA derzeit auf keinen Fall. Doch um in den Apotheken in größerem Umfang starten zu können, braucht es Klarstellungen in der Impfverordnung und ein Schulungscurriculum.  

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Für die einen war der 12. Dezember 2021 einfach der dritte Adventssonntag in diesem Jahr. Für den Bundesverband PTA markierte er einen „Quantensprung“, weil seit diesem Tag Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland eigenständig gegen COVID-19 impfen dürfen, sofern sie entsprechend geschult sind. An diesem Tag trat das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 in Kraft. Es enthält entsprechende Regelungen.

„Der BVpta begrüßt ausdrücklich die Impfungen in Apotheken. Der nächste Schritt muss aber sein, auch PTA in den Impfprozess einzubinden“, so die Reaktion. Der Berufsverband verweist darauf, dass intramuskuläre Injektionen bereits von ärztlicher Seite an qualifizierte Medizinische Fachangestellte delegiert werden können. Und fordert: „Weiterqualifizierungen für PTA müssen schnell entwickelt werden.“ Denn auch Impfleistungen fielen in diesen Bereich.

PTA dürfen helfen, aber nicht impfen

Doch derzeit gilt eindeutig: PTA dürfen nicht impfen. Das hat die ABDA auf Nachfrage noch einmal klargestellt. Die stellvertretende Pressesprecherin Dr. Ursula Sellerberg betont jedoch: „Das bedeutet nicht, dass PTA keine Hilfe bei COVID-19-Impfungen sein können. Im Prozess sind sie wichtig. Sie können unterstützen bei der Impfstofflagerung, der Dokumentation, der Rekonstitution.“

"Sie können unterstützen bei der Impfstofflagerung, der Dokumentation, der Rekonstitution.“

Warum es noch nicht losgeht: offene Fragen

Dass es noch nicht so weit ist, hat mehrere Gründe. Das Impfpräventionsgesetz erlaubt Apothekerinnen und Apothekern die COVID-19-Impfung, sofern sie hierfür erfolgreich ärztlich geschult wurden. Dazu zählt auch eine Schulung im Rahmen der Modellvorhaben für Grippeschutzimpfungen in Apotheken. Die ABDA hat mehrfach darauf hingewiesen, dass 2600 Männer und Frauen mit dieser Qualifikation sofort loslegen könnten. Doch derzeit geht das für sie nur, sofern sie in „geeignete Strukturen, insbesondere ein mobiles Impfteam“, eingebunden sind.

Derzeit haben 2600 Apothekerinnen und Apotheker die Schulung für Grippeschutzimpfung absolviert und könnten laut ABDA sofort auch gegen COVID-19 impfen. Doch erst müssen Detailfragen in einer Verordnung geklärt werden.

Wer in einer Apotheke mit dem Impfen beginnen möchte und die geforderte Qualifikation besitzt, der muss sich noch gedulden, erläutert Sellerberg: „Es gibt noch viele offene Fragen, für die es eine Verordnung braucht.“ So muss unter anderem geregelt werden, dass es für impfbereite Apotheken ein eigenes Impfstoffkontingent gibt. Dokumentations- und Meldepflichten an das Robert Koch-Institut müssen festgelegt werden. Und schließlich ist zu bestimmen, wie hoch das Impfhonorar sein soll. Die ABDA rechnet dafür „zügig“ mit der Anpassung der entsprechenden Corona-Impfverordnung.

Darin müsste das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auch konkretisieren, welche Anforderungen an die Räumlichkeiten gestellt werden. Grippeschutzimpfungen in Apotheken werden derzeit nur von sehr wenigen Menschen nachgefragt. Das ist auch deshalb kein Problem, weil es das Vakzin in Einzeldosen gibt. Bei COVID-19-Impfungen müssen rasch sechs oder 10 Impfwillige vorbeikommen, beim Boostern mit Moderna sogar 20, weil es keine Einzeldosen gibt. Das erfordert ein ganz anderes Terminmanagement.

Schlangen vor der Apotheke sind vorstellbar, auch dann, wenn viele Booster-Willige vorbeikommen, die einfach mal fragen, wie es denn mit einer Impfmöglichkeit aussieht. Die ABDA hat bereits angeregt, Ausnahmen von der Apothekenbetriebsordnung vorzusehen, damit auch externe Räume in der Nähe nutzbar sind.

Impfen bleibt wichtig

In der vergangenen Woche wurde im Akkord geimpft: Fast 5,9 Millionen Dosen wurden verabreicht. Schließlich hat der neue Bundesgesundheitsminister Professor Dr. Karl Lauterbach (SPD) umgehend klargemacht, wie wichtig das Boostern ist. Im Interview mit dem Spiegel hob er hervor: „Die Impfpflicht gehört zu den zwei Dingen, die uns aus dieser Krise herausführen können. Das zweite ist eine erfolgreiche Booster-Kampagne.“

„Die Impfpflicht gehört zu den zwei Dingen, die uns aus dieser Krise herausführen können. Das zweite ist eine erfolgreiche Booster-Kampagne.“

Alle diejenigen Apothekerinnen und Apotheker, die sich erst noch schulen lassen wollen, brauchen ebenfalls Geduld. Die ABDA hat hierfür ein Muster-Curriculum vorgelegt und ist dabei, es mit der Bundesärztekammer abzustimmen. Bis wann – darauf will sich keine Seite festlegen. Der Gesetzgeber hat allerdings eine Frist gesetzt, nämlich den 31. Dezember 2021. Wie schnell es dann gehen kann mit Schulungen, ist noch nicht absehbar. Die ABDA hatte in ihrer Stellungnahme zum neuen Gesetz vorgeschlagen, dass diese auch Rettungssanitäterinnen und -sanitäter mit Ersthelfer-Qualifikation übernehmen könnten. Denn es sei schwierig, dafür ausreichend ärztliche Referenten zu gewinnen.

Wie viele Apotheken werden impfen?

Wie viele Apotheken bald signalisieren: „Hier wird gegen COVID-19 geimpft“ – das ist auch noch offen. Am 9. Dezember hatte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening auf eine aktuelle Umfrage verwiesen. Danach wäre jede zweite Apotheke bereit dazu, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe hat am 17. Dezember mitgeteilt, dass mehr als 70 Prozent seiner Mitglieder die COVID-19-Impfung in der Offizin begrüßen würden. Doch nur 40 Prozent wollen sie auf jeden Fall anbieten. Der Vorstandsvorsitzende Thomas Rochell betonte: „Wir brauchen pragmatische Lösungen, um die Krise zu beherrschen.“

50 % der Apotheken würden impfen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
70 % begrüßen die COVID-19-Impfung in der Offizin.
40 % wollen sie auf jeden Fall anbieten.

Auch im Bundesland mit einer Ausnahmehürde herrscht nun Klarheit. „Die Thüringer werden boostern“, teilt Stefan Fink als Vorsitzender des Apothekervereins Thüringen mit. Dort sieht die Berufsordnung vor, dass Apotheker keine Heilkunde ausüben dürfen und damit auch nicht impfen. Doch Fink erläutert, dass Bundesgesetze der Berufsordnung übergeordnet seien.

Quellen:
https://www.bvpta.de/aktuelle-aktionen/impfen-in-apotheken/ 
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/apothekenpraxis/impf-apotheken-bundestag-gibt-gruenes-licht/ 
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wann-geht-es-mit-den-apotheken-impfungen-los-130197/ 
https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/pressemitteilungen/detail/jede-zweite-apotheke-zur-durchfuehrung-von-covid-19-impfungen-bereit/ 
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl121s5162.pdf%27%5D__1639965257003 
https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/stellungnahmen/ 
https://www.apothekerverband.de/presse/aktuelles/70-prozent-der-pharmazeuten-fuer-covid-impfungen-in-westfaelisch-lippischen-apotheken/ 
Telefoninterviews mit Stefan Fink (Apothekerverein Thüringen), Samir Rabbata (Pressesprecher Bundesärztekammer) und Dr. Ursula Sellerberg (stellvertretende Pressesprecherin der ABDA) 

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