Apotheken-Lager© giodilo / iStock / Getty Images Plus
Der Branchenverband Pro Generika sieht bei den Maßnahmen der Bundesregierung im Kampf gegen Arzneiknappheit Verbesserungspotenzial.

Arzneiknappheit

MASSNAHMEN GEGEN ARZNEIKNAPPHEIT ZU TEUER IN DER UMSETZUNG

Fiebersäfte, Antibiotika, Mittel gegen Brustkrebs: Immer wieder werden Medikamente in Deutschland knapp. Die Bundesregierung steuert gegen – aus Sicht der Pharmabranche reicht das aber nicht.

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Der Pharmaverband Pro Generika hält die Pläne der Bundesregierung im Kampf gegen Arzneiknappheit für unzureichend. Kein Unternehmen werde auf Basis des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) seine Lieferketten stabilisieren und Produktionskapazitäten ausbauen können, sagte Thomas Weigold, Vorstand bei Pro Generika und Geschäftsführer Deutschland des Arzneiherstellers Sandoz, am Dienstag.

„Wir verlieren kostbare Zeit.“

Die Politik müsse das Gesetz nachbessern. Das ALBVVG sichere bestehende Hersteller im Markt, genüge aber nicht, um Produktion von Asien nach Deutschland zurückzuholen, so Weigold weiter.

Pro Generika-Studie: ALBVVG auf dem Prüfstand

Der Verband hat die Unternehmensberatung MundiCare beauftragt, mehrere Maßnahmen gegen Arzneiknappheit zu untersuchen. Demnach treibt der Bezug von Wirkstoffen aus mindestens zwei Quellen oder der Wirkstoff-Bezug aus mindestens einer europäischen Quelle die Arznei-Herstellungskosten um über ein Zehntel bis rund ein Fünftel nach oben. Der Aufbau eines Wirkstoffwerks in Europa sei zwar effektiv, aber mit 150 bis 250 Millionen Euro Kosten teuer und habe eine jahrelange Vorlaufzeit.

Größere Lagerbestände für fertige Arzneien wiederum trieben die Herstellungskosten um vier Prozent hoch, jedoch könnten Arzneien ablaufen. Alle Maßnahmen könnten Lieferketten robuster machen, sagte Andreas Meiser, Partner bei MundiCare. „Aber ihre Umsetzung ist angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen unrealistisch und es dauert lange, bis sie wirken.“

Von der Politik forderte Pro Generika daher unter anderem eine staatliche Förderung für wettbewerbsfähige Produktionsstandorte in Europa und eine Abkehr vom „alleinigen Fokus“ auf den Arzneipreis. Denn schon jetzt sei die Produktion oft kaum kostendeckend.

Geplante Maßnahmen im Kampf gegen knappe Arzneien

Lieferengpässe gab es zuletzt bei Fiebersäften und Antibiotika für Kinder, aber auch bei Krebsmedikamenten und Blutdrucksenkern. Gerade Hersteller von patentfreien Generika beklagen großen Kostendruck und zu geringe Erstattungen der Krankenkassen, während die Preise für Medikamente weitgehend reguliert sind. Einige Hersteller etwa von Fiebersäften haben sich aus der Produktion hierzulande zurückgezogen. Der Großteil der Wirkstoffe wird in Asien zu niedrigeren Kosten hergestellt, so entstanden hohe Abhängigkeiten.

Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen knappe Arzneien an mehreren Stellen an. So sollen größere Vorräte der Hersteller als Puffer dienen. Zum Auffangen kurzfristiger Störungen in der Lieferkette oder kurzzeitiger größerer Mehrbedarfe ist eine Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung geplant. Vorgesehen sind auch neue Preisregeln, die Lieferungen nach Deutschland für Hersteller attraktiver machen. Zudem sollen Antibiotika mit Wirkstoffproduktion in Europa bei Ausschreibungen von Kassenverträgen zusätzlich berücksichtigt werden.

Einzelne Maßnahmen auf einen Blick:
● Lockerung der Preisvorschriften für Kinderarzneien
● Förderung von Antibiotika mit EU-Wirkstoffproduktion
● Senkung der Zuzahlungsbefreiungsgrenze von 30% auf 20%
● Vereinfachung der Austauschregeln für Apotheken
● Lockerung der Preisinstrumente für versorgungskritische Arzneimittel
● Pflicht zur mehrmonatigen Lagerhaltung rabattierter Arzneimitteln (Rabattverträge)
● Einrichtung eines Frühwarnsystems für drohende Lieferengpässe
● Bevorratungsverpflichtungen für Parenteralia und Antibiotika
● Finanzielle Anreiz für die Forschung und Entwicklung neuer Reserveantibiotika

Quellen:

dpa

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/arzneimittelgesetz-kabinett-05-04-23.html

 

 

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