Ein 3D-Papierschnitt der Leber© Dedraw Studio / iStock / Getty Images Plus
Hepatitis D ist unheilbar und bislang kaum behandelbar - Bulevirtid soll nun neue Therapieoptionen ermöglichen.

Welt-Hepatitis-Tag

GAMECHANGER BEI HEPATITIS D

Hepatitis D, die schwerste Hepatitis-Form, betrifft weltweit ungefähr 15 Millionen Menschen. Bislang konnten wir sie weder behandeln noch gegen sie impfen. Jetzt gibt es endlich eine wirksame Therapie.

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Heilbar ist die Lebererkrankung Hepatitis D zwar weiterhin nicht, doch mit Bulevirtid (Hepcludex®) könnten sich die Aussichten vieler Erkrankter verbessern. Der Wirkstoff wurde 2020 in Europa bereits bedingt zugelassen; er wurde in das PRIME-Programm der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) aufgenommen das die Entwicklung von Arzneimitteln fördert, für die ein ungedeckter Bedarf besteht.

Eine neue Studie an der Medizinischen Hochschule in Hannover liefert nun weitere Daten zu Wirkung und Nebenwirkungen des Wirkstoffs. Das schafft die Voraussetzungen für die endgültige Markteinführung.

Wirksame Waffe gegen Hepatitis D

Die Studie in Hannover leiteten Professor Dr. Heiner Wedemeyer und Professor Dr. Markus Cornberg von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie. Sie zeigt: Der Wirkstoff senkte bei 150 Teilnehmenden die Viruslast in Blutserum und Leber deutlich, die Leberentzündung ging zurück.

Auch Wechselwirkungen des neuen Arzneistoffes wurden in der multizentrischen Phase III-Studie untersucht. Die Ergebnisse sorgen laut Klinikdirektor der Medizinischen Hochschule Wedemeyer nun dafür, dass alle Voraussetzungen für die endgültige Zulassung in Europa gegeben sind.

Als „scharfes Schwert“ in der Behandlung der Hepatitis D bezeichnet Mitentwickler Wedemeyer den neuen Wirkstoff. Er betont, er habe kaum Nebenwirkungen und sei generell gut verträglich. Einer Langzeitanwendung des „Gamechangers“ steht seiner Meinung nach nichts im Wege.

Wirkung über Umweg

Das Hepatitis D-Virus (HDV) ist ein unvollständiges Virus. Es braucht die Anwesenheit des Hepatitis-B-Virus (HBV). In dessen Hülle verpackt HDV sein Erbgut, um dann an die Leberzellen anzudocken und in sie einzudringen. HDV kommt also nur als Co-Infektion mit HBV vor.

Bulevirtid blockiert die Bindungsstelle für HBV an der Leberzelle und verhindert so, dass HDV eingeschleust werden kann. Der Wirkstoff schützt so die kontinuierlich neu gebildeten Leberzellen, während das Immunsystem die befallenen Zellen vernichtet. Damit verliert HDV seine Existenzgrundlage, das Fortschreiten der Erkrankung wird gebremst.

Was ist nochmal Hepatitis D?

Hepatitis D ist die schwerste Form der chronischen viralen Hepatitis-Erkrankungen. Sie ist, genau wie chronische Hepatitis B, nicht heilbar, und bisher gab es auch keine zugelassene Behandlung. Meist muss am Ende eine Lebertransplantation durchgeführt werden, denn Hepatitis D führt oft zu Leberzirrhose oder Leberkrebs.

Anders als bei Hepatitis B gibt es auch keine vorbeugende Impfung. Hepatitis B heilt zwar bei Erwachsenen oft von selbst aus, aber gerade bei Säuglingen und Kindern wird die Infektion in 90 Prozent der Fälle chronisch. Bei bis zu 15 Prozent der Infizierten kommt dann noch Hepatitis D hinzu. Dadurch verschlechtert sich die Prognose dramatisch.

Offene Fragen zu Bulevirtid

Wie lange Bulevirtid angewendet werden muss, weiß man noch nicht genau. Das EU-geförderte Projekt D-Solve soll diesen Punkt in Zukunft weiter untersuchen. Wedemeyer betont, wie dringend ein Wirkstoff gegen die „teuflische und bösartige“ Hepatitis D benötigt wird.

Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli
Der Welt-Hepatitis-Tag jedes Jahr am 28. Juli macht auf die viral bedingte Leberentzündung  aufmerksam. Der Aktionstag soll zu Prävention, Diagnose und Therapie der Hepatitis ermutigen. Der 28. Juli wurde gewählt, weil an diesem Tag 1925 der Mediziner und Biochemiker Baruch Samuel Blumberg geboren wurde – er entdeckte die Hepatitis B und erhielt dafür 1976 einen Nobelpreis.

Quellen:
https://idw-online.de/de/news816580
Wedemeyer, Cornberg et al.: „A Phase 3, Randomized Trial of Bulevirtide in Chronic Hepatitis D“, The News England Journal of Medicine, 22. Juni 2023. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2213429
Nkongolo, Hollenberger, Urban: „Bulevirtide als erster spezifischer Wirkstoff gegen Hepatitis-D-Virusinfektionen – Mechanismus und klinische Wirkung“, Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz 65, 13. Januar 2022. https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-022-03486-2
https://www.gelbe-liste.de/gastroenterologie/hepatitis-d-hepcludex-bulevirtide-ema-zulassung

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